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Clemen, Paul
Die romanische Monumentalmalerei in den Rheinlanden — Düsseldorf, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.22845#0294
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260

knechtsteden: abteikirche.

Halbkuppel hineingepreßt. Es kommt hier das Motiv des Christus in dem Kreismedaillon oder in der
Mandorla auch oft, wie in den Bilderhandschriften, in einem rechteckigen Felde vor. In St. Savin (Vienne)
in der Krypta erscheint Christus in einem kreisförmigen blauen Felde mit grünem Rand, die Zwickel
sind mit den Evangelistensymbolen gefüllt29. In St. Jacques des Guerets (Loir-et-Cher) thront Christus
innerhalb der Mandorla auf einem Regenbogen; hier wie in St. Savin ist nicht nur die segnende Rechte
abgespreizt, sondern auch die Linke ist nicht in der üblichen Weise auf das Knie gestützt, sondern hält
das Buch frei zur Seite, der ausgestreckte Finger der Rechten wie das Buch berühren den inneren Ring
der Mandorla, und das gleiche Streben nach Geschlossenheit der Darstellung zeigt sich auch darin, daß
die von den erhobenen Armen herabfallenden Mantelzipfel direkt in den Regenbogen übergehen. In
den Ecken wieder die Evangelistensymbole (Fig. 195)30.

Auch die Zusammenstellung des thronenden Christus zwischen den Evangelistensymbolen und der
zwölf Apostel ist schon eine den Anfängen der christlichen Kunst angehörige. Sie erscheint als eine Ab-
leitung und Weiterbildung
der großen Deesis, und da-
mit ergibt sich auch wieder
die ursprüngliche Quelle
dieser Auffassung, der orien-
talische Kunstkreis. Aber
diese Darstellung ist eben
längst im Abendlande rezi-
piert und verarbeitet, und
fortgesetzt gehen, wie in der
Darstellung des thronenden
Christus, so auch in der
ganzen Komposition, die
morgenländischen und die
abendländischen Einflüsse
durcheinander. Wie schon
jenes älteste Wandgemälde
von Baouit unter dem Pan-
tokrator die in Oranten-
stellung stehende Madonna
zwischen den Aposteln
zeigt, so bringt etwa noch
das Wandgemälde in der
Abteikirche zu Lavandieu
(Haute Loire) die Anord-
nung, daß unter dem thro-
nenden Christus, der mit den vier Evangelistensymbolen die Koncha vollständig füllt, in der Mitte die
sitzende Madonna zwischen zwei Engeln dargestellt ist, ihr zur Seite, in zwei Gruppen geschieden,
erscheinen die zwölf Apostel. In der Kirche St. Peter und Paul zu Reichenau-Niederzell sind unter der
Koncha in zwei Reihen, jede Figur durch einen von Säulen getragenen Rundbogen eingefaßt, erst die
Apostel, dann die Propheten angeordnet. Eine andere Aufteilung bringen dann schon innerhalb des
spätromanischen Stiles die Wandmalereien in der Apsis der Kilianskirche zu Lügde. Hier sind neben
dem thronenden Christus in der Gloriole Maria und Johannes der Täufer, Petrus und Paulus angeordnet,

29 Man könnte mit dieser Darstellung etwa die XXVI, S. 55).
verwandte auf der karolingischen Elfenbeinplatte in Lon- 30 Weitere Beispiele in Frankreich in St. Chef (Isere),

don vergleichen, die gleichfalls den thronenden Christus Montoire (Loire-et-Cher), St. Philibert in Tournus, Vic (Indre

in einer kreisförmigen Einrahmung zeigt (abgeb. v. et Loire), St. Jean in Poitiers. Abbildungen bei Gelis-Didot

Goldschmidt in Jahrbuch d. Preuß. Kunstsammlungen et Laffillee, La peinture decorative en France.

Fig. 195. Wandgemälde in St. Jacques des Guerets.
 
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