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L chw ärze

Noch war er mit vem Trutzlied nicht zu End«, so stieß
er mit dem Fuße an etwas quer über die Strasse liegendes,
daS er früher nicht bemerkt, da ihm der Wind gerade wieder
eine Handvoll Flocken in die Augen geschüttelt hatte. Er
dachte an ein Stück Holz oder einen Getraidesack , den etwa
ein Fuhrmann verloren haben könnte, und trat ziemlich derb
mit dem Fuße auf das Ding; das aber gab darauf einen
Laut von sich, halb ein Seufzer, halb ein Knurren, und
Pauli spürte nun, daß es etwas Lebendiges wäre. Erblickte
sich zu dem Wesen nieder, das sich hier eine so ungute Licger-
stätte gewählt hatte, und weil er im dämmerigen Schneeschein
nicht zum Besten sehen konnte, half er sich mit Tasten nach,
um zu erkennen, wen er da vor sich habe. Es war ein
Mensch, — im Gesichte, an den Händen eiskalt, halb eilige-
schneit, dein Erfrieren näher als dem Aufthauen, — ein Ver-
unglückter, ein Kranker.

Nun kniete der Pauli ganz zur Erde nieder, und
' suchte dem Manne näher in's Gesicht zn sehen, rüttelte
auch aus allen seinen Kräften an dem Erstarrten, um ihn
von dem verderblichen Schlafe zu erwecken. Ein noch-
maliges Knurren, wie ein scharfer Blick in das Antlitz des
Hilflosen bestätigte die Ahnung, die in selbem Augenblicke in
des Schwärzers Kopfe aufstieg. Vor ihm lag der Zöllner aus
der Scharnitz; in Mittenwald mochte der mit schwerem Kopse
spät ausgebrochen sein, und vom Rausch und Unwetter über-
wältigt, entweder niedcrgeworien, oder, wie das Trunkene pfle-
gen, in der süßen Meinung, in's warme Bett zu steigen, frei-
willig dieß gefährliche Lager gefunden haben.

Der Ranggelbube sprang jählings auf. „Hätt' ich dich
einmal," rief er wildfrohlockend. „Jetzt woll'n wir mitsam-
men raiten!" und rasch griff er nach dem abgelegten Gewehre.
Es knackte der Hahn, eine Weile stund er ganz still, —
dann lachte er plötzlich hell auf und warf das abgespannte
Gewehr über die Schulter.

-Launen. 107

„Der Teufel ist ja so voll, daß er's gar nicht einmal
merkte, wer ihm das Licht ausgeblasen hätt', — dasselbe war
mir zu schlecht, — mit wem ich raufe, der muß dächt sehen
und auf den Füßen stehen! — Warte Heiter, wir wollen
lieber mitsammen heimgehen, — 's wär dächt schad, wenn du
nur so erfrieren müßtest!"

Mit all seiner Kraft faßte er den erstarrten Mautner
vorne an der Brust, stellte ihn aufrecht und mit einem be-
henden, mächtigen Schwünge warf er ihn auf die Kraxe, und
während er ihn bei den Armen sesthielt, damit er nicht niit
dem unfühlbaren Körper hinabgleite, trabte er, so schnell er
konnte, mit der schweren Last gerade den Zollgcbäuden zu.

Das große Gitter war sorgfältig versperrt, Pauli griff
nach dem Glockcndrahte und schellte aus allen Kräften. Als-
bald kamen in Pelz und Schlappschuh und mit Laterne und
Schlüffel die Thorhüter aus dem Hause, und unter der Thüre
erschienen noch obendrein vorsichtige Grenzjäger, die das über-
laute Geklingel aufgeweckt hatte. Scheltend öffnete der Zöllner
dem einzelnen Manne, der aber rasch hercintrat und gerade
auf das Haus zuging, wo die Andern mit Licht warteten.

„Der Ranggelbube" riefen sie mit einemmale und 'wuß-
ten nicht, wie ihnen geschehe. Der aber nahnr mit der frühern
Gewandtheit seinen Mann vom Rücken, legte ihn vor die Stufen
des Zollhauses und sagte dazu: „Da habt Ihr Euern dur-
stigen Zachäus!"

Darnach rückte er sein Hütel etwas nach der Seite, wie
zum Gruße, und ging mit der Kraxe voll Kontrebande
ruhig durch die Zollstätte seinen Weg vorwärts, zum ersten-
male unangefochten und höflichst bckomplimcntirt von seinen
Erbfeinden. —

Derselbe Ranggelbube trieb neben seinem Schmugglerge-
werbc zum Vergnügen aber auch etwas Wilddieberei und da-
bei leisteten seine jünger» Brüder eifrige Hülfe. Nun ist ein
Förster durch ein solches Vermeffen eben so leicht erzürnt, als
ein Zollbeamter durch das Schwarzmachen; und obendrein hat
der Waidmann gewöhnlich mehr heißes Blut, und ist gleich
sehr aufgelegt, Wilddiebe zu schießen, wie Gemsen und Hirsche.
So führten denn auch die Ranggelbuben und der Förster in
ver Riß ihren Krieg ernstlich genug, und zu öflernmalen war
des Einen Blei harr an des Andern Ohr vorbeigepfiffen zur
Warnung, daß man wohl auch bester zu zielen verstünde.
Einmal thar der Jäger einen zu guten Schuß, und ich weiß
nicht mehr genau, ein Bruder oder sonst ein Kamerad des
Pauli blieb todt am Platze.

Wochen darnach an einem schönen lustigen Sommer-
abende, saß der Förster in seiner Stube am offenen Fenster und
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Schwärzer-Launen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Resch, Josef
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Schlaf <Motiv>
Zöllner
Jäger <Motiv>
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 1.1845, Nr.14, S.107
 
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