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Drittes Kapitel.

Fritz Beutel.

I 55

Fritz Bruteis Entdeckungsreise nach dem
Nordpol.

Sie wissen, meine Herren! wie oft man und immer ver-
gebens nach der nordöstlichen und nordwestlichen Durchfahtt
gesucht hat. Ich habe mehr gethan; ich habe diese Durchfahrt
durchritten und sogar einen Abstecher nach dem Nordpol ge-
macht. Aber ich habe stets Undank geerntet; Franklin,
dessen berühmter Nordpolexpedition ich beiwohnte, hat mich in
seiner Schrift gar nicht erwähnt, und meinen Berichten wollte
man in London nicht glauben, obschon ich damals von den
Einwirkungen des Nordpols noch so sehr magnetisirt war, daß
sich alle Magnetnadeln auf der ganzen Erde nach mir drehten.
Da ich damals gerade keinen so festen Wohnsitz hatte, wie
jetzt in diesem Weinhausc, so waren die Magnetnadeln, Com-
passe und Boussolen in der erstaunlichsten Unruhe, worüber
Sie in den Zeitungen die merkwürdigsten Hypothesen gelesen
haben müssen. Was half es mir, daß ich in London vor der
uaturforschenden, vor der geographischen, vor den verschiedenen
Handelsgesellschaften ein Stück Nordpol, welches ich abgeschla-
gen hatte, zum Beweise meiner wichtigen Entdeckung vorwies,

daß ich, wenn ich Abends durch die Straßen ging, aus allen
Körpertheilen Nordlichter und knisternde Funken von mir gab ? |
Es wollte Niemand, ttotz dieser thatsächlichen Beweise, meine
Erzählung für wahr halten.

Wie Sie bereits von mir gehört haben, wohnte ich, und
zwar in mehrfacher Eigenschaft, der Franklin'schen Nordpol-
expedition bei, theils aus Reiselust und Entdeckungseifer, theils
als Weinreisender des Hauses Brandt zu Guben, um die
verschiedenen Sotten Lausitzer Weine unter den Bewohnern

der Labradorküste abzusetzen. Sehr bald hatte ich eingesehen,
daß der gewöhnliche Weg zu Schiffe in den hö.hern Rordpol-
gegcnden ein ganz falscher und unausführbarer sei; denn wie
will sich so ein Schiff durch die immer mächtiger werdenden
Eisschollen und Eisberge Bahn brechen, und wie wenn es zu-
letzt ganz einfriert? Was aber einfriett, das liegt in der Re-
gel still, wie ich an mir selbst erfahren habe.

Nun hatte ich aber von der Königin von Tombuktu, mei-
ner Gemahlin, von welcher später die Rede sein wird, ein al-
lerliebstes Rößlein zum Andenken erhalten, welches eine Ga-
zelle zur Mutter und einen Berberhengst zum Vater hatte.
Dieses Ding bestand mehr aus Knochen als aus Fleisch, mehr
aus Feuer als aus Blut. Seine Flanken waren im eigentlich-
sten Sinne durchsichtig zu nennen, und seine zierlichen Beine
glichen geschmeidigen Weidengertcn, ich habe sie später nach dem
Tode des lieben Pferdleins an einen Stiefelputzer und Kleider-
reiniger als Ausklopfstöcke verkauft.

Mein Roß hatte von seiner Mutter, der Gazelle, wie ein
Windspiel laufen, und von einem Jugendfreunde, einem afrika-
nischen Gemsbock, springen gelernt. Nun spekulirte ich so:
Je höher nach Norden, desto mehr häufen sich im Polarmeere
die Eisblöcke und Eisschollen. Auf die Geschicklichkeit meines
Pferdes im Springen rechnend, durste ich daher gar nicht im
Zweifel sein, von Eisscholle zu Eisscholle und so allmählig
bis zum Nordpol zu gelangen. Nur dies schien bedenklich,
wie mein an die Hitze der afrikanischen Sonne gewöhntes Roß
die Polarkälte ertragen würde. Doch auch dafür wußte ich
Rath. Ich ließ in London ein großes Brennglas von zehn
Schritt Durchmesser verfertigen, welches ich sodann an den
dem Erfrieren ausgesetzten Stellen meines Pferdes anbrachte,
um die Sonnenstrahlen auf den bedrohten Punkt zu concentri-
ren. So gelang es mir lange Zeit, mein Pferd vor dem Er-
ftteren zu schützen oder bereits erfrorene Stellen sofort aufzu-
thauen.

Zu dem Kapitän Franklin äußerte ich gleich, daß er
mit seinem Schisse nicht weit kommen würde; und wie ich ge-
sagt, so geschah es, das Schiff fror zuletzt ein, und lag still,
nicht auf seinen Lorbeeren, sondern auf Eis. Allmählig wurde
es so kalt, daß selbst die Wotte, die man sprach, zu Eis er-
starrten und gefroren in der Luft stehen blieben; auf dem höch-
sten Stadium der Kälte wurde sogar die Flamme auf dem
Herde in Eis verwandelt und mußte mit kochenden, Waffer
wieder aufgethaut werden, — kurz die Kälte verrichtete auf un-
serm Schiffe ganz unglaubliche Dinge, die nur in meinem Munde
als wahr erscheinen können.

Mein Brennglas war uns zu dem größten Nutzen. In
der Regel froren wir über Nacht ein, wovor uns die wärm-
sten Decken, Mattatzen und Pelze nicht schützen konnten; man
hätte uns in irgend einem Museum aufftellen können und

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Fritz Beutels wunderbare Fahrten und Abenteuer zu Wasser und zu Lande"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

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Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Abenteurer <Motiv>
Karikatur
Satirische Zeitschrift

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Digitales Bild
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Public Domain Mark 1.0
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Fliegende Blätter, 1.1845, Nr.20, S.155

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