4
Die verfehlte Thüre.
Krug um den andern leer, qualmte wie ein Schornstein aus der
erhaltenen Pfeife, „kam nach" und rieb den Salamander mit Todes-
verachtung — ja, als man schließlich einen Gänsemarsch hielt, da
stieg und kroch auch er tapfer mit.
Wie er dann aber unter dem letzten Tisch hervorkrabbelte, da
war ihm die Geschichte denn doch zu bunt geworden. Mit einem
raschen Sprung hatte er Hut und Stock erreicht und eilte zur Thüre
hinaus — aber die ganze Studentenschaar jauchzend und schreiend
hinterher, so daß er bald eingeholt und umzingelt war, „Strafe!
Kriegsgericht!" jubelte es, „An die Laterne!" und zwanzig kräftige
Arme hoben ihn am nächsten Laternenpfahl empor, ,,J' bitt',
Euer Gnaden", ächzte der Geängstigte, „laßt's mi' am Leb'n!" —
„Gut", rief eine mächtige Baßstimme, „sein Lebenslicht sei ihm ge-
schenkt, wenn er das der Laterne ausblasen kann!" Ein neuer^Jubel-
sturm — dann schob man das Bäuerlein ganz hinauf und es begann
aus Leibeskräften zu blasen.
Plötzlich aber ging unten ein Flüstern herum und im nächsten
Augenblick war die ganze Schaar lautlos verschwunden,
„Willst Du wohl herunter da, Du Sapramcntsbursche!" brüllte
cs und der entsetzte Hieselbauer sah einen Gendarm vor sich, —
„Aber ich muß ja die Latern' ausblasen — sonst hängen f mich
auf!" stammelte er,
„Das ist doch eine
bodenlose Frechheit!"
schimpfte der Gendarm
und zerrtedenZappeln-
den herunter, „Marsch
mit zur Polizei!" Da
half kein Bitten und
Erzählen — der Mann
des Gesetzes blieb un-
erbittlich, „Solch ein
kauderwelsches Zeug",
brummte er voll
sittlicher Entrüstung,
„muß der einen
Rausch haben! Ich
sag's ja, die Welt
wird immer verderb-
ter: Jetzt löschen die
Bauern auch schon
die Laternen aus!"
Entfernte Freundschaft.
„,, Was,,Sie kennen den Herrn Rath nicht?! Der war ja mit
Ihnen gleichzeitig auf dem Gymnasium!" — „Allerdings — aber
e r war immer einer der e r st c n und i ch einer der letzten — und
da haben wir uns nie recht kennen gelernt!"
Aus einem Polizei-Rapport.
, Zuerst schlugen sie sämmtliche Fensterscheiben und dann
den Weg nach dem Dorfe ein!"
Täuschung.
„Du, Emil, was ist denn das für ein Mensch? Der hat
ja gar kein Gesicht!" — „Aber was fällt Dir ein — das
Die verfehlte Thüre.
Krug um den andern leer, qualmte wie ein Schornstein aus der
erhaltenen Pfeife, „kam nach" und rieb den Salamander mit Todes-
verachtung — ja, als man schließlich einen Gänsemarsch hielt, da
stieg und kroch auch er tapfer mit.
Wie er dann aber unter dem letzten Tisch hervorkrabbelte, da
war ihm die Geschichte denn doch zu bunt geworden. Mit einem
raschen Sprung hatte er Hut und Stock erreicht und eilte zur Thüre
hinaus — aber die ganze Studentenschaar jauchzend und schreiend
hinterher, so daß er bald eingeholt und umzingelt war, „Strafe!
Kriegsgericht!" jubelte es, „An die Laterne!" und zwanzig kräftige
Arme hoben ihn am nächsten Laternenpfahl empor, ,,J' bitt',
Euer Gnaden", ächzte der Geängstigte, „laßt's mi' am Leb'n!" —
„Gut", rief eine mächtige Baßstimme, „sein Lebenslicht sei ihm ge-
schenkt, wenn er das der Laterne ausblasen kann!" Ein neuer^Jubel-
sturm — dann schob man das Bäuerlein ganz hinauf und es begann
aus Leibeskräften zu blasen.
Plötzlich aber ging unten ein Flüstern herum und im nächsten
Augenblick war die ganze Schaar lautlos verschwunden,
„Willst Du wohl herunter da, Du Sapramcntsbursche!" brüllte
cs und der entsetzte Hieselbauer sah einen Gendarm vor sich, —
„Aber ich muß ja die Latern' ausblasen — sonst hängen f mich
auf!" stammelte er,
„Das ist doch eine
bodenlose Frechheit!"
schimpfte der Gendarm
und zerrtedenZappeln-
den herunter, „Marsch
mit zur Polizei!" Da
half kein Bitten und
Erzählen — der Mann
des Gesetzes blieb un-
erbittlich, „Solch ein
kauderwelsches Zeug",
brummte er voll
sittlicher Entrüstung,
„muß der einen
Rausch haben! Ich
sag's ja, die Welt
wird immer verderb-
ter: Jetzt löschen die
Bauern auch schon
die Laternen aus!"
Entfernte Freundschaft.
„,, Was,,Sie kennen den Herrn Rath nicht?! Der war ja mit
Ihnen gleichzeitig auf dem Gymnasium!" — „Allerdings — aber
e r war immer einer der e r st c n und i ch einer der letzten — und
da haben wir uns nie recht kennen gelernt!"
Aus einem Polizei-Rapport.
, Zuerst schlugen sie sämmtliche Fensterscheiben und dann
den Weg nach dem Dorfe ein!"
Täuschung.
„Du, Emil, was ist denn das für ein Mensch? Der hat
ja gar kein Gesicht!" — „Aber was fällt Dir ein — das
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die verfehlte Thüre" "Täuschung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1895
Entstehungsdatum (normiert)
1890 - 1900
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 102.1895, Nr. 2579, S. 4
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg