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Und ein Brillant am Finger steckt.
Das ist der richtige Besucher,
Dem Keiner sich zur Seite stellt
— Wär's nun ein Lader oder Flucher —
E r wirkt wie Sonnenschein auf's Feld!
Er redet nicht lang für und wider,
Nicht pro und conto schreibt sein Kiel;
Die Hand senkt er zur Tasche nieder
Und spricht das gold'ne Wort: „Wie viel?"
Der Vetter vom Lande.
ter Vetter von Großmaxelstein
Kommt mit dem Sohn zum Viehmarkt
'rein.
„Ausstellung!" liest er irgendwo.
„Du Sepp", sagt er, „dös schaug'n ma' o'!" -
Beim Eintritt fordert der Portier
Die Stöcke ab. Da schreit er: „Je!
Wann's mir mein' Stecken wo net leid't,
Da Hab' i' blos die halbet' Freud'!"
Sie stolpern so hinab, hinauf,
Vor Staunen meist das Mundwerk auf.
Da plötzlich aber lacht der Bauer:
Im Bild vor ihm trabt ein Centauer.
„Na", ruft er „solche narrische Faxen:
Da is da Knecht und 's Roß z'samm'-
g'wachsen!" —
So fließen ein paar Stunden um.
„Jetzt", meint er „wird's mir langsam
z'dumm!
I' hab'n satt den trock'nen Spaß —
I' denk', mir kausa uns a' Maß!"
Und sie geh'n fort. „Gel'", sagt der „Bua",
„'s Schönst' war halt do' die — g'schecket'
Kn ah!"
Kunstausstellungs-Lieder.
Der „Verhängte".
.l^^eht den Mann Ihr mit gesenkter
Stirne und verstörtem Blick?
Dieser — ach — ist ein „Verhängter"!
Weint mit ihm um sein Geschick!
Was er freudig schuf, daß Jeder
Bleibe dort bewundernd steh'n,
Wird nun von der Welt entweder
Gar nicht oder kaum geseh'n.
Denn die Kommission der Hänge,
Die für Tausend sorgen soll,
Stak bei ihm schon im Gedränge:
Alles bis zum Winkel voll!
Da kam er hinauf nach oben,
Wo die öde Dämm'rung liegt;
Wer den Kopf dorthin erhoben,
Des Genickes Starre kriegt!
Manchmal tobt er, öfter klagt er,
Geht umher, das Haupt gesenkt!
„Warum, Schicksal, hast du", fragt er
„Dies Verhängniß mir verhängt?!"
Der Kenner.
l^^ls Kenner diesen man benennt,
Der Alles und den Alles kennt.
Denn wo er geht, zeigt sein Gesicht:
„Hört, ich versteh' was und Ihr nicht!"
Vor einem Bild, um das ein Hundert
Im Kreis sich drängt und es bewundert,
Bleibt er kaum die Sekunde steh'n;
Dann hat er schon genug geseh'n,
Geht lächelnd und kopfschüttelnd weiter:
So was von Kunst stimmt ihn blos heiter!
Dagegen vor 'nem kleinen Ding,
Unscheinbar, kaum bemerkt, gering,
Hält er mit höchsten Staunens Zeichen:
Das ist ein Kunstwerk ohne Gleichen!
Bald prüft er Pinselstrich für Strich,
Dann hält die Hand vor's Aug' er sich,
Macht sich ein Guckloch aus den Fingern,
Um jede Störung zu verringern,
Und theilt d'rauf wichtig Andern mit,
Was er bei solcher Prüfung sieht.
Manch' Terminus tönt von ihm da:
Plein-air, intim et caetera!
Man fühlt mit ehrfurchtsvollem Schauder:
Der kennt die Sache ganz genau — Der!
Die Menge.
Srn meisten gleicht sich stets die M enge.
Im ersten Saal nimmt sie in Schau
Mit größtem Eifer und Gedränge
Ein Bild um's and're ganz genau.
Hier das Sujet, dort die Toiletten,
Da ist's der Rahmen, der famos.
„Ach, Emil, wenn wir das da hätten!"
So geht's in jeder Tonart los.
Im zweiten Saal läßt man schon eines
Ganz sicher von den Bildern aus!
Im sechsten sucht man sich ein kleines
Zu ganz besond'rem Studium 'raus.
Im zehnten heißt es: „Kommt doch, Kinder!
Hier ist nichts los! Es wird zu spät!"
Im zwölfteu gähnt man heimlich hinter
Der Hand, wenn man im Winkel steht.
Im fünfzehnten streckt man allmählig
Die Glieder lang im Kanapee.
Im zwanzigsten wär' man ganz selig,
Wenn's nun doch einmal endete.
Dann fühlen Kreuz und Auge Schwächen -
Man eilt zu einem Schöppchen hin:
„Wir können ja jetzt d'rüber sprechen!
Hauptsache ist: Wir waren d'rin!"
W. Herbert.
Die schlimmen Buben.
Lehrer: „Kinder, der Herr Schulinspektor wird sich heute von
Eueren Kenntnissen überzeugen!"-
Schulinspektor: „Ich bin mit Euch zufrieden! Haltet Euch
schön ruhig; ich begebe mich mit dem Herrn Lehrer in die anderen
Und ein Brillant am Finger steckt.
Das ist der richtige Besucher,
Dem Keiner sich zur Seite stellt
— Wär's nun ein Lader oder Flucher —
E r wirkt wie Sonnenschein auf's Feld!
Er redet nicht lang für und wider,
Nicht pro und conto schreibt sein Kiel;
Die Hand senkt er zur Tasche nieder
Und spricht das gold'ne Wort: „Wie viel?"
Der Vetter vom Lande.
ter Vetter von Großmaxelstein
Kommt mit dem Sohn zum Viehmarkt
'rein.
„Ausstellung!" liest er irgendwo.
„Du Sepp", sagt er, „dös schaug'n ma' o'!" -
Beim Eintritt fordert der Portier
Die Stöcke ab. Da schreit er: „Je!
Wann's mir mein' Stecken wo net leid't,
Da Hab' i' blos die halbet' Freud'!"
Sie stolpern so hinab, hinauf,
Vor Staunen meist das Mundwerk auf.
Da plötzlich aber lacht der Bauer:
Im Bild vor ihm trabt ein Centauer.
„Na", ruft er „solche narrische Faxen:
Da is da Knecht und 's Roß z'samm'-
g'wachsen!" —
So fließen ein paar Stunden um.
„Jetzt", meint er „wird's mir langsam
z'dumm!
I' hab'n satt den trock'nen Spaß —
I' denk', mir kausa uns a' Maß!"
Und sie geh'n fort. „Gel'", sagt der „Bua",
„'s Schönst' war halt do' die — g'schecket'
Kn ah!"
Kunstausstellungs-Lieder.
Der „Verhängte".
.l^^eht den Mann Ihr mit gesenkter
Stirne und verstörtem Blick?
Dieser — ach — ist ein „Verhängter"!
Weint mit ihm um sein Geschick!
Was er freudig schuf, daß Jeder
Bleibe dort bewundernd steh'n,
Wird nun von der Welt entweder
Gar nicht oder kaum geseh'n.
Denn die Kommission der Hänge,
Die für Tausend sorgen soll,
Stak bei ihm schon im Gedränge:
Alles bis zum Winkel voll!
Da kam er hinauf nach oben,
Wo die öde Dämm'rung liegt;
Wer den Kopf dorthin erhoben,
Des Genickes Starre kriegt!
Manchmal tobt er, öfter klagt er,
Geht umher, das Haupt gesenkt!
„Warum, Schicksal, hast du", fragt er
„Dies Verhängniß mir verhängt?!"
Der Kenner.
l^^ls Kenner diesen man benennt,
Der Alles und den Alles kennt.
Denn wo er geht, zeigt sein Gesicht:
„Hört, ich versteh' was und Ihr nicht!"
Vor einem Bild, um das ein Hundert
Im Kreis sich drängt und es bewundert,
Bleibt er kaum die Sekunde steh'n;
Dann hat er schon genug geseh'n,
Geht lächelnd und kopfschüttelnd weiter:
So was von Kunst stimmt ihn blos heiter!
Dagegen vor 'nem kleinen Ding,
Unscheinbar, kaum bemerkt, gering,
Hält er mit höchsten Staunens Zeichen:
Das ist ein Kunstwerk ohne Gleichen!
Bald prüft er Pinselstrich für Strich,
Dann hält die Hand vor's Aug' er sich,
Macht sich ein Guckloch aus den Fingern,
Um jede Störung zu verringern,
Und theilt d'rauf wichtig Andern mit,
Was er bei solcher Prüfung sieht.
Manch' Terminus tönt von ihm da:
Plein-air, intim et caetera!
Man fühlt mit ehrfurchtsvollem Schauder:
Der kennt die Sache ganz genau — Der!
Die Menge.
Srn meisten gleicht sich stets die M enge.
Im ersten Saal nimmt sie in Schau
Mit größtem Eifer und Gedränge
Ein Bild um's and're ganz genau.
Hier das Sujet, dort die Toiletten,
Da ist's der Rahmen, der famos.
„Ach, Emil, wenn wir das da hätten!"
So geht's in jeder Tonart los.
Im zweiten Saal läßt man schon eines
Ganz sicher von den Bildern aus!
Im sechsten sucht man sich ein kleines
Zu ganz besond'rem Studium 'raus.
Im zehnten heißt es: „Kommt doch, Kinder!
Hier ist nichts los! Es wird zu spät!"
Im zwölfteu gähnt man heimlich hinter
Der Hand, wenn man im Winkel steht.
Im fünfzehnten streckt man allmählig
Die Glieder lang im Kanapee.
Im zwanzigsten wär' man ganz selig,
Wenn's nun doch einmal endete.
Dann fühlen Kreuz und Auge Schwächen -
Man eilt zu einem Schöppchen hin:
„Wir können ja jetzt d'rüber sprechen!
Hauptsache ist: Wir waren d'rin!"
W. Herbert.
Die schlimmen Buben.
Lehrer: „Kinder, der Herr Schulinspektor wird sich heute von
Eueren Kenntnissen überzeugen!"-
Schulinspektor: „Ich bin mit Euch zufrieden! Haltet Euch
schön ruhig; ich begebe mich mit dem Herrn Lehrer in die anderen
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die schlimmen Buben"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1895 - 1895
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 103.1895, Nr. 2618, S. 126
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg