Komödianten.
47
Da kommen sie her. An der Spitze des Karrens
In scheck'gem Habit kurzweil'gen Hansnarrens,
Den klappernden Klepper an hänfener Strippe,
Ein Lächeln voll Würde auf spöttelnder Lippe,
Im Auge des Stolzes vernichtenden Strahl,
Der hohe Gebieter, ihr Prinzipal.
Zusammengekauert zu seinen Füßen,
Rechts blickend, links nickend mit Handkuß und Grüßen,
Im Schooße ihr Jüngstes, das bildsauber nette,
Die fesche, beliebte, adrette Soubrette.
Den Hut bis zur Braue, dicht neben der Dirne,
Hohläugig, bleichwangig, mit furchiger Stirne,
Ganz hager und mager, kein Haar auf dem Scheitel,
Verbissen, verbittert und doch maßlos eitel,
Als schärfster der Spieler berühmt und bekannt,
In ewigem Weltschmerz: der Intrigant.
Doch zuckersüß lächelnd, so schmachtend, so schielend,
Kokett mit dem Fächer von Flitterstoff spielend,
Im fränkischen Reifrock, mit schmächtiger Taille,
Die Lippen wie Kirschen, die Zähne Emaille,
Geschminkt und gepudert, ein Grübchen im Kinn,
Der Stern der Gesellschaft, die Liebhaberin.
Der Held noch, massiv, wie aus Marmor gehauen,
Starkknochig, grobmusklig, ein Günstling der Frauen;
Elbaufwärts, mainabwärts, an Rhein, Weser, Saale,
In Stadt, Dorf und Flecken, wo nur ein'ge Male
Der Edle in gastlichen Mauern geweilt,
Vererbt sich, von Allen, von Allen getheilt,
Der Ruhm seiner Schönheit, so männlich und echt,
Ueber Jahre hinaus ans ein kommend Geschlecht.
So ziehen sie ein, die Kug'llacksgesellen.
Kunstfertigen Händen, den ruhelos schnellen,
Entwächst wie gezaubert aus Brettern die Bühne.
Und unsagbar rührend von Schuld und von Sühne,
Von flammender Leidenschaft sengenden Gluthen,
Von Neides und Hasses verzehrenden Wuthen,
Von seligster Liebe und brennendem Leide,
Der gaffenden Menge zur Seelenweide,
Wird munter und frisch und höchst ungenirt
Tantiomenfrei ans dem Stegreif tragirt.
Kein Autor, Verleger und keine Agenten,
Nicht Mißgunst scheelsüchtiger Zeitungsskribenten
Verbittert dem armen Director das Leben.
Und innig ergriffen, begeist'rungsvoll geben
Die Zuschauer gern ihrer Dankbarkeit Zoll.
Gar bald ist der sammelnde Teller voll
Mit blitzenden Batzen und kupfernen Hellern.
Was dann noch ans Küchen, aus Kammern und Kellern
An Würsten und Kuchen, an Wein und an Eiern
Geholt wird, die göttlichen Künstler zu feiern,
Vereinigt nach Tagewerks Mühsal und Qual
Die Fröhlichgelaunten bei festlichem Mahl. —
So wandert sie weiter durch Städte und Lande
Die sorgenlos heitere, lustige Bande.
Ist leer auch der Säckel, der Leibrock zerschlissen,
Die Schuhe zerfetzt und die Strümpfe zerrissen,
Im Herzen herrscht mächtig der König Humor:
„„Ihr Bürger, nun öffnet das gastliche Thor!
Wir kehren zurück von den weitesten Reisen,
Wir bringen die neu'sten, die lustigsten Weisen,
Die traurigsten Mären, die seltsamsten Sagen,
Ihr sollt mit uns lachen, Ihr sollt mit uns klagen;
Kommt Alle herbei nun von fern und von nah:
De Späälers, de Späälers, de Späälers sünd da!""
_ Äler.' Otto.
Ein Schwerenöther.
„Wissen Sie, Herr Doktor, mein Vater wünschte, daß ich
Arzt werden sollte — aber ich hätte durchaus nicht dazu ge-
taugt!" — „So, und warum denn nicht?" — „Weil ich
keiner Dame hätte den Puls fühlen können, ohne fieberhaften
Herzschlag zu konstatiren!"
Neues Unternehmen.
Welche Stadt, ja welches Dorf möchte nicht gern ein hübsches
Denkmal auf dem Marktplatze oder in den Anlagen stehen haben!
Aber gewöhnlich sind die Anschaffungskosten zu theuer. Dieses Uebel
hat uns auf den Gedanken gebracht, ein
Denkmäler-Verleih -Institut
zu errichte::. Unsere sämmtlichen Denkmäler befindell sich ans
Rollen und können leicht von einem Ort zum andern transportirt
werden. Aus unserm Preiscourant heben wir hervor:
Schillerdenkmal mit begeistertem Gesichtsans-
druck des Dichters, zwei Genien und einer Lyra, p. Monat 50 Mark.
Dasselbe, ohne begeisterten Gesichtsausdruck, init
einem Genius.40 „
Brunnen mit bekleideten irnd unbekleideten Figuren,
je nach herrschendem Geschmacke.60 „
Richard Wagner-Denkmal, und dasselbe mit
anderem Kopf als Beethoven-, Verdi-, Mozart-
Denkmal, je nach Richtung des musikalischen Ge-
schmacks, p. Monat.30 „
Die Leihgebühren sind im Voraus zu entrichten. Beschädigte
47
Da kommen sie her. An der Spitze des Karrens
In scheck'gem Habit kurzweil'gen Hansnarrens,
Den klappernden Klepper an hänfener Strippe,
Ein Lächeln voll Würde auf spöttelnder Lippe,
Im Auge des Stolzes vernichtenden Strahl,
Der hohe Gebieter, ihr Prinzipal.
Zusammengekauert zu seinen Füßen,
Rechts blickend, links nickend mit Handkuß und Grüßen,
Im Schooße ihr Jüngstes, das bildsauber nette,
Die fesche, beliebte, adrette Soubrette.
Den Hut bis zur Braue, dicht neben der Dirne,
Hohläugig, bleichwangig, mit furchiger Stirne,
Ganz hager und mager, kein Haar auf dem Scheitel,
Verbissen, verbittert und doch maßlos eitel,
Als schärfster der Spieler berühmt und bekannt,
In ewigem Weltschmerz: der Intrigant.
Doch zuckersüß lächelnd, so schmachtend, so schielend,
Kokett mit dem Fächer von Flitterstoff spielend,
Im fränkischen Reifrock, mit schmächtiger Taille,
Die Lippen wie Kirschen, die Zähne Emaille,
Geschminkt und gepudert, ein Grübchen im Kinn,
Der Stern der Gesellschaft, die Liebhaberin.
Der Held noch, massiv, wie aus Marmor gehauen,
Starkknochig, grobmusklig, ein Günstling der Frauen;
Elbaufwärts, mainabwärts, an Rhein, Weser, Saale,
In Stadt, Dorf und Flecken, wo nur ein'ge Male
Der Edle in gastlichen Mauern geweilt,
Vererbt sich, von Allen, von Allen getheilt,
Der Ruhm seiner Schönheit, so männlich und echt,
Ueber Jahre hinaus ans ein kommend Geschlecht.
So ziehen sie ein, die Kug'llacksgesellen.
Kunstfertigen Händen, den ruhelos schnellen,
Entwächst wie gezaubert aus Brettern die Bühne.
Und unsagbar rührend von Schuld und von Sühne,
Von flammender Leidenschaft sengenden Gluthen,
Von Neides und Hasses verzehrenden Wuthen,
Von seligster Liebe und brennendem Leide,
Der gaffenden Menge zur Seelenweide,
Wird munter und frisch und höchst ungenirt
Tantiomenfrei ans dem Stegreif tragirt.
Kein Autor, Verleger und keine Agenten,
Nicht Mißgunst scheelsüchtiger Zeitungsskribenten
Verbittert dem armen Director das Leben.
Und innig ergriffen, begeist'rungsvoll geben
Die Zuschauer gern ihrer Dankbarkeit Zoll.
Gar bald ist der sammelnde Teller voll
Mit blitzenden Batzen und kupfernen Hellern.
Was dann noch ans Küchen, aus Kammern und Kellern
An Würsten und Kuchen, an Wein und an Eiern
Geholt wird, die göttlichen Künstler zu feiern,
Vereinigt nach Tagewerks Mühsal und Qual
Die Fröhlichgelaunten bei festlichem Mahl. —
So wandert sie weiter durch Städte und Lande
Die sorgenlos heitere, lustige Bande.
Ist leer auch der Säckel, der Leibrock zerschlissen,
Die Schuhe zerfetzt und die Strümpfe zerrissen,
Im Herzen herrscht mächtig der König Humor:
„„Ihr Bürger, nun öffnet das gastliche Thor!
Wir kehren zurück von den weitesten Reisen,
Wir bringen die neu'sten, die lustigsten Weisen,
Die traurigsten Mären, die seltsamsten Sagen,
Ihr sollt mit uns lachen, Ihr sollt mit uns klagen;
Kommt Alle herbei nun von fern und von nah:
De Späälers, de Späälers, de Späälers sünd da!""
_ Äler.' Otto.
Ein Schwerenöther.
„Wissen Sie, Herr Doktor, mein Vater wünschte, daß ich
Arzt werden sollte — aber ich hätte durchaus nicht dazu ge-
taugt!" — „So, und warum denn nicht?" — „Weil ich
keiner Dame hätte den Puls fühlen können, ohne fieberhaften
Herzschlag zu konstatiren!"
Neues Unternehmen.
Welche Stadt, ja welches Dorf möchte nicht gern ein hübsches
Denkmal auf dem Marktplatze oder in den Anlagen stehen haben!
Aber gewöhnlich sind die Anschaffungskosten zu theuer. Dieses Uebel
hat uns auf den Gedanken gebracht, ein
Denkmäler-Verleih -Institut
zu errichte::. Unsere sämmtlichen Denkmäler befindell sich ans
Rollen und können leicht von einem Ort zum andern transportirt
werden. Aus unserm Preiscourant heben wir hervor:
Schillerdenkmal mit begeistertem Gesichtsans-
druck des Dichters, zwei Genien und einer Lyra, p. Monat 50 Mark.
Dasselbe, ohne begeisterten Gesichtsausdruck, init
einem Genius.40 „
Brunnen mit bekleideten irnd unbekleideten Figuren,
je nach herrschendem Geschmacke.60 „
Richard Wagner-Denkmal, und dasselbe mit
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schmacks, p. Monat.30 „
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ein Schwerenöther"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 104.1896, Nr. 2635, S. 47
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg