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Ein Praktisch er Arzt.

Herr Doktor Foglia hat ein Sana-
torium für Nervenkranke, das Weltruf
genießt, denn die Erfolge, welche er
dort erzielt, sind, obwohl er nur wenig
Medikamente anwendet, ganz kolossale.

Anstrengend freilich ist die Kur
— sehr anstrengend. Das sagen Alle,
die herauskommen. Denn die Leidenden
müssen ausnahmslos täglich, ja, fast
stündlich am Ergostaten arbeiten bis
zur Ermüdung.

Darin aber liegt gerade die emi-
nente Heilwirkung. Der Ergostat
ist nämlich eine Maschine, an der durch
Umdrehen einer Kurbel der Patient eine
an der Controluhr genau abmeßbare
Arbeitsleistung verrichten muß, und diese
Arbeit stählt seine Sehnen, stärkt seine
Nerven, bringt seine Säfte in frische
Circulation — kurzum, sie macht einen
ganz neuen Menschen aus ihm.

Und dann ist Doktor Foglia nicht
etwa, wie man das hie und da bei ärzt-
lichen Größen finden soll, ein derber,
mürrischer Mann — im Gegentheil, er
schniunzelt und lächelt immer und feuert
seine Patienten unermüdlich durch freund-
liche Worte zur Arbeit an. Wenn aller-
dings die Patienten wüßten, was für
ein entsetzlicher Egoist er insgeheim ist,
sie würden sein Schmunzeln oft für ein
satanisches Hohnlächeln halten müssen.

Doktor Foglia hat nämlich eine
sehr sinnreiche, wohlverdeckte maschi-
nelle Construktion erfunden, wodurch er
die durch die Kur bedingten Ar-
beitsleistungen seiner Pfleglinge in der
einfachsten Weise für seinen Hausbedarf
und seine Bequemlichkeit ausnützt.

Der nervenleidende Professor Con-
fusius, der in seiner Zelle schon seit
einer Stunde wie ein Wilder arbeitet
und alle Minuten erschöpft einen Blick
auf die Controluhr wirft, hat zum Bei-
spiel keine Ahnung, daß er durch seine
Thätigkeit das Pumpwerk bewegt, mit-
tels dessen der Gärtner unten im Garten
vergnügt und mühelos den Rasen spritzt.

Ebenso wenig weiß der reiche Bankier
Moses von Blümchenhain, der nach den
Aufregungen des Börsengeschäftes eine
Kur durchmacht und sich am Ergostaten
plagt, während ihm sein Diener die
Stirne trocknet, daß er faktisch den Brat-
spieß in der Küche dreht, indessen die
Köchin mit Behagen unthätig dabei steht.

Auch die etwas überspannte Schrift-
stellerin Fräulein Theodosia Mondflitter,
welche sich nur mehr mittels der von
ihrer Gesellschafterin gereichten Riech-

Ein praktischer Arzt. 211

essenzen aufrecht erhalten und so weiter kurbeln kann, wäre empört, wenn sie wüßte, daß sie
den Schaukelstuhl des Arztes, in dem er schmauchend Siesta hält, und noch obendrein die Wiege
seines Jüngsten in Schwung setzen muß.

Und wie würde erst der vergötterte Klaviervirtuose Bodo von Klingertatzky rasen, wenn
er wüßte, daß er, der seine „ambrosischen Hände" dazu hergibt, in Sturmeseile den Ergostaten
zu bearbeiten, thatsächlich die Waschmaschine und die Wäscheplätte der Frau Doktor treibt!

So arbeiten Alle für den Herrn Doktor und — was das Gelungenste daran ist — sie
zahlen ihm noch schwer Geld dafür.

Zugeknöpft.

„Eine Fahrkarte erster Klasse retour Frankfurt!" — „Wünschen der Herr Lieutenant
Frankfurt am Main oder an der Oder?" — „Geht Sie gar nichts an!" (Spricht's und
bezahlt stolz eine Fahrkarte nach Frankfurt am Main — und eine nach Frankfurt an der Oder.)
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Werk/Gegenstand/Objekt

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"Zugeknöpft"
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Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Schlittgen, Hermann
Entstehungsdatum (normiert)
1896 - 1896
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 104.1896, Nr. 2653, S. 211

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