Der Lebensretter.
Ein Märchen von Ferd. Franzel.
/Ks war einmal ein großer König,
Sä welcher eine sehr schöne Tochter
hatte. Infolgedessen war der Hof oft-
mals der Schauplatz förmlicher Freier-
anfzüge. Die Prinzessin wollte jedoch
nur demjenigen Mann die Hand zum
ewigen Bündniß reichen, der im Stande
wäre, das allergrößte Opfer zu bringen.
Die Weisen des Landes entschieden
über die ungeheure Zahl Anerbieten.
Sie wählten endlich das Opfer, eines
Dichterlings, welcher sich verpflichtete,
niemals mehr in seinem Leben ein
Gedicht zu machen, sobald er der glück-
liche Gatte der reizenden Prinzessin,
und theilten dies der Königstochter mit.
Diese war gerührt von dieser großen
Opferwilligkeit und sagte zu. Die Hoch-
zeit wurde mit großem Prunk gefeiert
und zugleich eine Denkschrift verfaßt,
wonach der Gemahl der Prinzessin fein
Leben verwirkt haben sollte, sobald er
jemals ein Gedicht machen würde.
Der Dichterling hatte sich jedoch zu
viel zugetraut, wenn er glaubte, dem
Versteufel entrinnen zu können. Nach
Verlauf eines Jahres legten Neider dem
König Gedichte vor, die fein Schwieger-
sohn verfaßt hatte. Zornig rief der
König den hohen Rath zusammen, welcher
das Todesurtheil über den Dichterling
aussprechen sollte. Da meinte einer der
Räthe: „Wir können den Angeklagten
nicht verurtheilen. Es heißt, er habe
Gedichte gemacht. Wenn das, was er
gemacht hat, Gedichte sein sollen,
dann bedauere ich unsere Literatur!"
Der König lachte ob dieser Auslegung
und verzieh schließlich dem unverbesser-
lichen Reimschmied.
Ungewohnt.
1. Stammgast: „Der Herr Förster
ist krank? Was fehlt ihm denn?"
2. Stammgast: „Krank ist er ge-
rade nicht. Er war blos gestern als
Gerichtszenge vorgeladen und da mußte
cr eine halbe Stunde lang die Wahr-
heit reden. Das hat ihn so stark an-
gegriffen I" _
Ein ahnungsloser Engel.
Die Mutter hat ihrer Tochter Alma
bei einem Spaziergang mit ihrem Ver-
ehrer die kleine Ella als Tugendwächter
mitgegeben, und dieser eingeschärft, ja
e»>f Alles Acht zu geben.
„Nun, wie war's Ella?" fragte sie
die Kleine nach der Heimkehr. — „O,
105
- .
wunderhübsch, Mutter. Wir haben den ganzen Weg Blindekuh gespielt!"
Der plötzliche Windstoß.
Ein Märchen von Ferd. Franzel.
/Ks war einmal ein großer König,
Sä welcher eine sehr schöne Tochter
hatte. Infolgedessen war der Hof oft-
mals der Schauplatz förmlicher Freier-
anfzüge. Die Prinzessin wollte jedoch
nur demjenigen Mann die Hand zum
ewigen Bündniß reichen, der im Stande
wäre, das allergrößte Opfer zu bringen.
Die Weisen des Landes entschieden
über die ungeheure Zahl Anerbieten.
Sie wählten endlich das Opfer, eines
Dichterlings, welcher sich verpflichtete,
niemals mehr in seinem Leben ein
Gedicht zu machen, sobald er der glück-
liche Gatte der reizenden Prinzessin,
und theilten dies der Königstochter mit.
Diese war gerührt von dieser großen
Opferwilligkeit und sagte zu. Die Hoch-
zeit wurde mit großem Prunk gefeiert
und zugleich eine Denkschrift verfaßt,
wonach der Gemahl der Prinzessin fein
Leben verwirkt haben sollte, sobald er
jemals ein Gedicht machen würde.
Der Dichterling hatte sich jedoch zu
viel zugetraut, wenn er glaubte, dem
Versteufel entrinnen zu können. Nach
Verlauf eines Jahres legten Neider dem
König Gedichte vor, die fein Schwieger-
sohn verfaßt hatte. Zornig rief der
König den hohen Rath zusammen, welcher
das Todesurtheil über den Dichterling
aussprechen sollte. Da meinte einer der
Räthe: „Wir können den Angeklagten
nicht verurtheilen. Es heißt, er habe
Gedichte gemacht. Wenn das, was er
gemacht hat, Gedichte sein sollen,
dann bedauere ich unsere Literatur!"
Der König lachte ob dieser Auslegung
und verzieh schließlich dem unverbesser-
lichen Reimschmied.
Ungewohnt.
1. Stammgast: „Der Herr Förster
ist krank? Was fehlt ihm denn?"
2. Stammgast: „Krank ist er ge-
rade nicht. Er war blos gestern als
Gerichtszenge vorgeladen und da mußte
cr eine halbe Stunde lang die Wahr-
heit reden. Das hat ihn so stark an-
gegriffen I" _
Ein ahnungsloser Engel.
Die Mutter hat ihrer Tochter Alma
bei einem Spaziergang mit ihrem Ver-
ehrer die kleine Ella als Tugendwächter
mitgegeben, und dieser eingeschärft, ja
e»>f Alles Acht zu geben.
„Nun, wie war's Ella?" fragte sie
die Kleine nach der Heimkehr. — „O,
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wunderhübsch, Mutter. Wir haben den ganzen Weg Blindekuh gespielt!"
Der plötzliche Windstoß.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ein ahnungsloser Engel" "Der plötzliche Windstoß"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1897 - 1897
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 107.1897, Nr. 2720, S. 105
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg