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Die Prüfung.

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versehen, geleitet werden sollte, um offiziell von dein Könige und
seinem Sohne empfangen zu werden.' Die Sxiegelgallerie war so
angelegt, daß der neben dem Throne stehende Königssohn die
herankommende Jungfrau genau betrachten konnte, ohne selbst
gesehen zu werden.

Der vorgeschriebene Empfang war nun auf den nächsten Tag
festgesetzt. Die schöne Auserkorene erhielt ein prächtiges Gewand
und bekam einen Schmuck mngelegt, der wie die liebe Sonne
glitzerte. An der Seite einer Hofdame schritt sie durch die Spiegel-
gallerie auf den Thronsaal zu. Staunen und Bewunderung er-
faßte die Schöne, als sie sich in den Spiegelwänden erblickte.
So schön hatte sie noch nie ausgesehen, wie eine geborene

Königin. Sie drehte den Kopf bald rechts, bald links und konnte
sich gar nicht satt sehen. Stolz erhobenen Hauptes näherte sie
sich so dem Saale. Bei ihrem Eintritt empfing sie aber nur
der alte König. Eine tiefe Verstimmung lag in seinen Zügen.
Dennoch war er sehr gnädig und sagte, daß sein Sohn im letzten
Augenblicke sich wieder anders besonnen habe und er einstweilen
noch ledig bleiben wolle. Die verdutzte Jungfrau wurde hierauf
huldreichst wieder in ihre peimat entlassen, ohne überhaupt den
königlichen Freier nochmals gesehen zu haben. —

„Eigensinniger Tropf", sagte nach ihrer Abreise der alte
König zu seinem Sohne, „eine Frau, wie Du sie haben willst,
findest Du nirgends, — aber thu', was Du willst — ich will Dir

\

keine Vorschriften machen." —

Wieder reiste der Königssohn durch sein
Land und wieder brachte er eine schöne Iung-
srau heim; jedoch sie erfuhr das gleiche Schick-
sal wie ihre Schwester — sie konnte dem Blick in
die Sxiegelgallerie nicht widerstehen und mußte
die peimreise antreten. — Da wurde aber der
alte König wirklich ungehalten über seinen Sohn
und machte ihm die bittersten Vorwürfe. Der
Thronerbe blieb jedoch bei seinem Grundsätze
und rüstete sich zum dritten Male zur Fahrt.

Da fand er eine Jungfrau, die an Schön-
heit die beiden ersten noch übertraf; dabei schlug
sie züchtiglich die Augen nieder, als sie den An-
trag des sürstlichen Freiers vernahm. Dieser saßte Zutrauen und lud sie ein, ihm
nach seines Vaters Schloß zu folgen. Die Empfangsceremonie ging in der üblichen
Weise vor sich. Die Auserwählte schritt, ohne den Kopf nach rechts oder links zu
drehen, mit niedergeschlagenen Augen die Sxiegelgallerie entlang und trat in den
Thronsaal ein, in dem diesmal Vater und Sohn zugegen waren, die sie auf das
perzlichste empfingen. Der Alte strahlte vor Freude, daß endlich die Freierei ihren
Abschluß gefunden, und der Junge war nicht weniger glücklich, eine Braut nach
seinem Geschmack gefunden zu haben. Schon auf einen der nächsten Tage wurde
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Prüfung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Vogel, Hermann
Entstehungsdatum (normiert)
1901 - 1901
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 115.1901, Nr. 2942, S. 293

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