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o7

OSv Ein Feinschmecker. y££3

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lecken): „Donnerwetter, Fritz, laufen Sie schnell zurück und tauschen
Sie die Tinte um! — Die ist nicht zu gebrauchen - die
schmeckt ja fürchterlich nach dem Pfropfen!"

Neujahrsnacht eines Unglücklichen.

iloesterfreude wogte durch das Land. Männlein und lveiblein
waren in edlem Wetteifer bemüht, dem alten Jahr ein feuchtes
Ruhebett für feinen ewigen Schlummer zu bereiten und gleich-
zeitig den zu erwartenden legitimen jungen Sprößling mit gebührender
Feierlichkeit zu begrüßen. Insbesondere die Namen und Dämchen
schienen bestrebt, in letzter Stunde womöglich stimmlich noch das nach-
zuholen, was sie etwa während des verflossenen Jahres sollten ver-
säumt haben . . . kurz, man freute sich, inan war sidel und geräusch-
voll. Eine jämmerliche Ausnahme von dieser gehobenen Stimmung
machte ein ziemlich beleibter, reiferer Mann namens Schmitt. Der saß
brütend da, mit schweren 'Gedanken an einem noch schwereren
Schreibtisch, mit gramfinsterer Stirn, einsam und verschlossen — d. h.
so ganz allein war er eigentlich nicht. War doch sein treuester freund
bei ihm, der ihm schon in manchen schweren Stunden beigestanden
war, sein lieber, alter, rühriger Maßkrug, gefüllt mit Dr. Gabriel
Sedlmayers Lebenselirir. Auf dem Schreibtisch lag ein Blatt Papier,
auf dem sich eine Unmenge von Zahlen tummelte. Sie spazierten
durch Herrn Schmitts kleine Äuglein in sein Gehirn und führten dort
wilde spanische Tänze auf und raubten seine sonst ziemlich stabile
Seelenruhe. Er seufzte, denn er fühlte die geistige Anstrengung, die
Last der Verantwortung. Er stand vor einem großen, folgenschweren
Entschluß. Soll ich? Soll ich nicht? Er zog seinen freund zu Rate
— der flößte ihm Mut ein. Und mit einer entschiedenen Wendung des
Kopfes sprach Herr Schmitt: „Ja!" Da siel sein Blick wieder auf ein
anderes Blatt Papier, auf dem ebenfalls Zahlen wimmelten, aber in inehr
friedlichen, ruhigen Gruppen, die einen weit solideren Eindruck machten,
als ihre tanzlustigen hochfahrenden Nachbarinnen. Lange betrachtete
Herr Schmitt die Schaar der Braven, Soliden -- wieder zog er seinen

Neujahrsnacht eines Unglücklichen.

freund zu Rate — Ach, wenn er nur über fein eigenes
Los zu entscheiden gehabt hätte . . . aber das Geschick
and'rer aufs Spiel zu setzen, wie ein Landesfürst
mit einem Federzug eine Mobilmachung zu inszenieren
und zu verfügen über vieler Menschen Wohl und Wehe,
Gut und Geld . . . auf dem Schreibtisch lagerte ein Stoß
Briefe. Ja, es war wirklich eine Mobilmachung! Soll
ich sie loslassen, die Grdren, die das blutige Rad des
Krieges ins Rollen bringen? „Nein", sagte er diesmal.
Die Zeit drängte! Noch wenige Stunden, dann mußte
der Würfel gefallen sein! Immer rascher rückte der große
Uhrzeiger vorwärts, um dem altgedicnten Jahr den Todes-
stoß zu versetzen. Jetzt hörte Schmitt draußen die Böller
donnern. Über ihm, unter ihm, neben ihm klirrten die
Gläser und schwirrten die punschseligen Stimmen. Dieser
Kontrast reizte seine Stimmung. Er fühlte den Gegen-
satz zwischen Freude und Sorge, Leichtsinn und ernster
Arbeit — und der Zorn des Gerechten kam über ihn und
er schleuderte das verhängnisvolle „Ja", die Kriegser-
klärung ins neue Jahr hinein. Schrill rief die Tischglocke
seinen dienstbaren Geist herein; er drückte ihm die Eil-
briefe in die Hand mit dem kategorischen Auftrag, dieselben
sofort zu expedieren. — —■ Der Schweiß perlte auf seiner
Stirn. Noch einmal blickte er lange, schweigend ins Auge
seines lieben Freundes, dann legte er den sorgenschweren
Kopf im Stuhl zurück und schlief und schnarchte und

träumte von seinen tollen spanischen Tänzerinnen-

Im Briefkasten der sämtlichen Hausinsassen hörte
man kurz nach Mitternacht ein leises, aber herausforderndes
„pick!" Der Neujahrsgruß des Hausherrn war's:
„. . . . Ich sehe mich zu meinem Bedauern genötigt, die
Miete pro 190H um Mk. 200 zu erhöhen".

(D. Iegerl.

—W Resignation.

j[ni stillen Weh das alte Mädchen klagt;
wie öde ift's auf meines Herbst's Gefilden!

Der heiß ersehnte Kran; blieb mir versagt,

Laßt, Leidgenoffen, uns ein „Kränzchen" bilden!

rill,. Roderlch.

Sehr einfach.

„Mein Herr, Sic sind gefordert — Sie haben mich

schief angeblickt!" — „Aber ich kann ja nicht anders — ich

blicke von Natur schief!" —
Vater!"

„Gut, dann fordere ich Ihren

V on der Schmie r c.

Fatale V e k n 11 n t s ch a f t.

G r e t ch e n (sich ver-

„Die Herren kennen sich

sprechend) :

doch?"

Meine Ahr ist hin,

„Jawohl! Wir grüßen

Mein Herz ist schwer!

uns nicht einmal mehr!"

lk i n O P t i in i st.

Studiosus: „Jetzt muß der Geldbriesträgcr bald
kommen! Gestern war er schon vis-a-vis!"
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Ein Feinschmecker"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Reinicke, Emil
Entstehungsdatum (normiert)
1903 - 1903
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 120.1904, Nr. 3053, S. 57

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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