Der Lrdspiegel.
227
heit besteht!" — Aber Ibrahim seufzte tief auf. „Du hast sie
noch nicht gesehen!" sagte er verzweifelnd. „Du kennst sie nicht!
iDenn Du ihre liebliche Gestalt, ihr reizendes Gesicht nur einmal
geschaut hättest, würdest Du wohl verstehen, daß man sich nicht
mehr davon trennen kann 1"
Der weise lächelte wieder. Lr ging in die Tiefe seiner
Dritte, entzündete dort ein kleines Reisigfeuer, warf dann unter
seltsamen Sprüchen allerlei Kräuter hinein und winkte dem
jungen Kaufmann - - der erstaunt seinem Treiben zusah — daß
er näher trete.
„Sich' hier in diesen Lrdspiegel", sprach der weise; „sobald
der Rauch sich darüber verzieht, wirst Du die schöne Latme sehen,
wie sie nach zwanzig Jahren aussicht! wenn Du sie gesehen
hast, dann wähle und handle!"
Ibrahim hielt den Atem an und sah in stummer Erregung
auf die Metallscheibc. Dann plötzlich zerstreuten sich die Rauch-
wolken, die sie überdeckt hatten; ein dicker lsals, ein dreifach
übereinander hängendes Kinn, feiste Racken, kleine verschwommene
Äuglein erschienen — der Jüngling stieß einen entsetzten Schrei
aus, starrte noch einen Moment auf das Bild, stürzte davon und
heiratete Rezza.
Der weise aber schmunzelte. —
Erst nach zwanzig Jahren traf er seinen freund Ibrahim
zufällig in der Stadt, wo er sich einige bescheidene Vorräte ein-
gekauft hatte, wieder. Aus dem Jüngling war ein ernster,
würdiger Mann, einer der reichsten feines Standes geworden.
Alle priesen ihn glücklich. Nur über seiner Stirne lagen hie und
da ein paar leise melancholische galten.
„Nun", sprach der weise, „bist Du zufrieden? Habe ich Dir
damals recht geraten, als ich Dir Latmes Bild nach zwanzig
Jahren im Lrdspiegel zeigte? Bist Du nun glücklich mit Deiner
Gattin?"
„Ach, Teuerster!" stöhnte da Ibrahim und drückte seine
Hand. „Warum hast Du mir nicht Rezza auch gezeigt?"
M. Herbert.
Der Lebemann, /zsd
„. . . Begreife nicht, wie man mit Einem verkehren kann,
der nicht schon einmal unter Kuratel gestanden!"
Ü bersch reib n n g.
Zechpreller (der, als er verduften wollte, vom Hausknecht
tüchtig durch geprügelt wurde): „Das ist eine Gemeinheit!
Für 2 Mark 50 Pfennig bin ich noch überall einfach
hinausgeworfen worden!"
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heit besteht!" — Aber Ibrahim seufzte tief auf. „Du hast sie
noch nicht gesehen!" sagte er verzweifelnd. „Du kennst sie nicht!
iDenn Du ihre liebliche Gestalt, ihr reizendes Gesicht nur einmal
geschaut hättest, würdest Du wohl verstehen, daß man sich nicht
mehr davon trennen kann 1"
Der weise lächelte wieder. Lr ging in die Tiefe seiner
Dritte, entzündete dort ein kleines Reisigfeuer, warf dann unter
seltsamen Sprüchen allerlei Kräuter hinein und winkte dem
jungen Kaufmann - - der erstaunt seinem Treiben zusah — daß
er näher trete.
„Sich' hier in diesen Lrdspiegel", sprach der weise; „sobald
der Rauch sich darüber verzieht, wirst Du die schöne Latme sehen,
wie sie nach zwanzig Jahren aussicht! wenn Du sie gesehen
hast, dann wähle und handle!"
Ibrahim hielt den Atem an und sah in stummer Erregung
auf die Metallscheibc. Dann plötzlich zerstreuten sich die Rauch-
wolken, die sie überdeckt hatten; ein dicker lsals, ein dreifach
übereinander hängendes Kinn, feiste Racken, kleine verschwommene
Äuglein erschienen — der Jüngling stieß einen entsetzten Schrei
aus, starrte noch einen Moment auf das Bild, stürzte davon und
heiratete Rezza.
Der weise aber schmunzelte. —
Erst nach zwanzig Jahren traf er seinen freund Ibrahim
zufällig in der Stadt, wo er sich einige bescheidene Vorräte ein-
gekauft hatte, wieder. Aus dem Jüngling war ein ernster,
würdiger Mann, einer der reichsten feines Standes geworden.
Alle priesen ihn glücklich. Nur über seiner Stirne lagen hie und
da ein paar leise melancholische galten.
„Nun", sprach der weise, „bist Du zufrieden? Habe ich Dir
damals recht geraten, als ich Dir Latmes Bild nach zwanzig
Jahren im Lrdspiegel zeigte? Bist Du nun glücklich mit Deiner
Gattin?"
„Ach, Teuerster!" stöhnte da Ibrahim und drückte seine
Hand. „Warum hast Du mir nicht Rezza auch gezeigt?"
M. Herbert.
Der Lebemann, /zsd
„. . . Begreife nicht, wie man mit Einem verkehren kann,
der nicht schon einmal unter Kuratel gestanden!"
Ü bersch reib n n g.
Zechpreller (der, als er verduften wollte, vom Hausknecht
tüchtig durch geprügelt wurde): „Das ist eine Gemeinheit!
Für 2 Mark 50 Pfennig bin ich noch überall einfach
hinausgeworfen worden!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Lebemann" "Überschreibung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1904 - 1904
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 120.1904, Nr. 3067, S. 227
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg