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Der Radiumsee.
Ein modernes
sagte der Prinz traurig zu feinem Erzieher und
/''iTl'i freunde. „Niemals wird die Prinzessin im Radiumsee
mein eigen werden. Und doch verzehrt mich die Sehn-
sucht nach ihr . . . ich sterbe, wenn sie nicht meine Gemahlin wird!"
»Tröste Dich, teurer Freund!" entgegnete der ältere, der
alles Missen der Erde kannte und mit den neuesten Forschungen
wohl vertraut war. „Mas macht Dich plötzlich so mutlos? pat
^>r der Zauberer den Weg nicht weisen können, auf dem man zu
kcr Prinzessin gelangt?"
»® doch I" rief der Prinz. „Aber gerade dieser Mcg ist es,
der viele, viele unüberwindbare Hindernisse enthält. Wenn man
a*,s unserem Lande kommt — so las der Zauberer in seinen
Büchern —, dann stößt man auf einen Berg, über den noch kein
""-'nschlicher Fuß den Pfad fand; denn der kühnste Wanderer ver-
!'ukt dort spurlos im Schnee und gleitet ohne Laut in das stumme
weiße Grab. Sollte aber je einen: mutigen Pilger das Undurch-
führbare gelingen, daß er den Berg des Todes überwände, so
^äuie er in das Marmorland, in dem alle Straßen so spiegelglatt
3ef'!?Iiffen sind, daß keiner von uns es wagen kann, dort zu gehen,
Mmal ihn blitzschnell dahinzischende Schlangen sofort von allen
weiten umringen. Wem es aber dennoch glückte, bis an die Grenze
öu fliehen, vor dem lodert ein ungeheurer Flammensee, durch dessen
turmhohe Feuer kein Geschöpf lebend sich retten kann. An seinem
'--ude aber wohnt der Adlerkönig, der mit Millionen von Adlern
te Lüfte beherrscht. Sie schauen und erspähen alles und jagen
Märchen.
und vernichten jeden Eindringling. Und dann erst kommt der
Radiumsee, dessen Vberfläche mit ungezählten Schiffen voll grimmer
Krieger bevölkert ist. Wie soll man da deni Schloß in seiner
Mitte nahen?"
Traurig neigte der Prinz das Paupt. Sinnend saß auch sein
Freund lange Zeit. Dann sprang er auf und rief: „verliere den
Mut nicht! Du wirst die Prinzessin erringen!"
„Wie sollte das möglich sein?" frug der Prinz in zweifelnden:
Staunen und hoffendem Entzücken.
„Frage jetzt nicht, sondern bezwing' für wenige Wochen Deine
Neugier, bis ich alles zur Reise vorbereitet habe!" sprach sein
Freund.
Dann ging er und machte sich frisch an's Werk.
Eines Morgens aber holte er den Prinzen ab und das ganze
Volk begleitete sie bis zur Grenze; und die Frauen und Kinder
wehten mit den Taschentüchern und riefen noch lange: „Auf
Wiedersehen!" Sie glaubten aber nicht daran.
Wie die beiden jedoch vor den: Berg des Todes standen, sprach
der Freund: „Nun flink die Skier angeschnallt I" .... Und sie
überwanden mit Leichtigkeit den Gipfel. Drüben indessen rodelten
sie munter herab. Und als sie jetzt den spiegelglatten Boden des
Marmorlandes betreten sollten, da zogen sic lächelnd die Roll-
schuhe an und entflohen so rasch und sicher, daß die verfolgenden
Schlangen vor Atemnot kierzkrämpfe bekamen. Nun aber stiegen
sie in: lenkbaren Luftschiff mit flotten: Auftrieb kühn> empor
Der Radiumsee.
Ein modernes
sagte der Prinz traurig zu feinem Erzieher und
/''iTl'i freunde. „Niemals wird die Prinzessin im Radiumsee
mein eigen werden. Und doch verzehrt mich die Sehn-
sucht nach ihr . . . ich sterbe, wenn sie nicht meine Gemahlin wird!"
»Tröste Dich, teurer Freund!" entgegnete der ältere, der
alles Missen der Erde kannte und mit den neuesten Forschungen
wohl vertraut war. „Mas macht Dich plötzlich so mutlos? pat
^>r der Zauberer den Weg nicht weisen können, auf dem man zu
kcr Prinzessin gelangt?"
»® doch I" rief der Prinz. „Aber gerade dieser Mcg ist es,
der viele, viele unüberwindbare Hindernisse enthält. Wenn man
a*,s unserem Lande kommt — so las der Zauberer in seinen
Büchern —, dann stößt man auf einen Berg, über den noch kein
""-'nschlicher Fuß den Pfad fand; denn der kühnste Wanderer ver-
!'ukt dort spurlos im Schnee und gleitet ohne Laut in das stumme
weiße Grab. Sollte aber je einen: mutigen Pilger das Undurch-
führbare gelingen, daß er den Berg des Todes überwände, so
^äuie er in das Marmorland, in dem alle Straßen so spiegelglatt
3ef'!?Iiffen sind, daß keiner von uns es wagen kann, dort zu gehen,
Mmal ihn blitzschnell dahinzischende Schlangen sofort von allen
weiten umringen. Wem es aber dennoch glückte, bis an die Grenze
öu fliehen, vor dem lodert ein ungeheurer Flammensee, durch dessen
turmhohe Feuer kein Geschöpf lebend sich retten kann. An seinem
'--ude aber wohnt der Adlerkönig, der mit Millionen von Adlern
te Lüfte beherrscht. Sie schauen und erspähen alles und jagen
Märchen.
und vernichten jeden Eindringling. Und dann erst kommt der
Radiumsee, dessen Vberfläche mit ungezählten Schiffen voll grimmer
Krieger bevölkert ist. Wie soll man da deni Schloß in seiner
Mitte nahen?"
Traurig neigte der Prinz das Paupt. Sinnend saß auch sein
Freund lange Zeit. Dann sprang er auf und rief: „verliere den
Mut nicht! Du wirst die Prinzessin erringen!"
„Wie sollte das möglich sein?" frug der Prinz in zweifelnden:
Staunen und hoffendem Entzücken.
„Frage jetzt nicht, sondern bezwing' für wenige Wochen Deine
Neugier, bis ich alles zur Reise vorbereitet habe!" sprach sein
Freund.
Dann ging er und machte sich frisch an's Werk.
Eines Morgens aber holte er den Prinzen ab und das ganze
Volk begleitete sie bis zur Grenze; und die Frauen und Kinder
wehten mit den Taschentüchern und riefen noch lange: „Auf
Wiedersehen!" Sie glaubten aber nicht daran.
Wie die beiden jedoch vor den: Berg des Todes standen, sprach
der Freund: „Nun flink die Skier angeschnallt I" .... Und sie
überwanden mit Leichtigkeit den Gipfel. Drüben indessen rodelten
sie munter herab. Und als sie jetzt den spiegelglatten Boden des
Marmorlandes betreten sollten, da zogen sic lächelnd die Roll-
schuhe an und entflohen so rasch und sicher, daß die verfolgenden
Schlangen vor Atemnot kierzkrämpfe bekamen. Nun aber stiegen
sie in: lenkbaren Luftschiff mit flotten: Auftrieb kühn> empor
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ein Übelstand"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1910 - 1910
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 133.1910, Nr. 3411, S. 277
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg