c- Girgl. s
Brotzeit ein Frischanzapftcs bekam, weil er abends nie genug
kriegen konnte.
Unter solchem Durst hatte sogar das Anwesen zu leiden. Die
Nandl mußte schließlich eine Hypothek anfnehmen und mancher
fragte sich im stillen, was wohl aus dem schönen Sach' erst werde,
wenn die Nandl sterben tat', die sowieso keine von den Robusten
schien. — Die Antwort kam früher, als man vermeint hatte.
Lines Tages ließ der Girgl die Leich' einsagen und die Nach-
barschaft zum Rosenkranz einladen. Und bei der Vbermoosbäuerin
erhandelte er ein paar Liter Kirsch zur üblichen Bewirtung der
Trauergäste.
Aber als die Andächtigen abends in Untermoos erschienen, da
mooserbauer, ein
Junggeselle, der
mit seiner eben-
falls ledigen
Schwester Nandl
wirtschaftete, hatte ihn als kleinen Buben an Kindes Statt
angenommen. Die Pflegeeltern, obwohl selber fleißig wie
Bienen, erzogen in Girgl, ihrem einzigen, die richtige
Drohne.
Zudem beging Nandl, als der Bruder in den besten
Jahren verstorben war, den Fehler, ihren Pflegesohn von
da an völlig als den Bauern zu respektieren. Er durfte
anschaffen und sie tat alles, was man ihm an den Augen
absehen konnte. Freilich brauchte sie dabei keine schweren
Rätsel zu lösen, denn vor allen Dingen besaß Girgl immerzu
Durst und dementsprechende wünsche. Darum lagen auch jahraus,
jahrein im «Obstgarten nahe der Straße die geleerten Bierfässer
herum, wie bei andern Bauern im Spätsommer die Kürbisse und
voti dem köstlichen Schnaps, den die zahlreichen
Kirsch- und Zwetschgenbäume der Untermooser
lieferten, konnten diese keinen Tropfen ent-
behren, im Gegenteil der Girgl kaufte mit-
unter noch hinzu.
Allerdings hegte auch die Nandl eine
starke Schwäche für Kirschengeist, obschon
ihr der selbst angesetzte süße Nußlikör säst
noch lieber war. Sie führte deshalb bei
Gängen stets ein flachgedrücktes Fläfchlein
mit sich und wenn sie beispielsweise in der
Früh' den Berg hinauf zur Kirche ging,
was wunderselten von ihr versäumt wurde,
pflegte sie an den steileren Stellen zu ver-
schnaufen und, wie allemal beim Ausrasten,
einen Schluck zu nehmen oder auch zwei,
dann ging's gleich wieder besser voran. Da-
für eilte sie nach der Messe regelmäßig
zum Wirt und bald darauf sah man sie
den Berg wieder hinabwandern mit aufge-
schlagenem Kleid, aus dem zwei feste grane
Leinensäcke rechts und links über den knall-
roten Unterrock herabbaumelten. Sie ent-
hielte» je eine Literflasche Faßbier, denn
Girgl hielt sehr darauf, daß er morgens zur
war der ganze Schnaps vertilgt und Girgl lag in einem Fetzen-
rausch auf seiner Bettstatt.
Nur aus nachbarlicher Freundschaft entschloß sich die Gber-
mooserin, nochmals ihren Vorrat anzupacken, und um den Brauch
zu wahren, boten ihre Töchter den Be-
suchern Kirschwaffer und Brotschnitten
an. —■ Die Burgl stand an der Stuben-
tür und die Resl beim Ausgang mit
dem strengen Auftrag, dem Girgl ja
kein Tröpfl zu geben, wenn er zufällig auf-
wache und alles, was übrigbleibe, wieder mit
heimzunehmen.
So fing's an.
Und die Nandl war noch gar nicht be-
graben, da hatte Girgl, der Universalerbe,
das Anwesen schon weitergebracht, nämlich an
einen Zertrümmerer, und es blieben ihm bare
dreißigtausend Mark. Er kaufte weiter oben
am Berg eine altersschwache Hütte nebst wurz-
gärtlein, worin er sein Lieblingsgemüse, Ret-
tige ziehen konnte, und privatisierte. Die ver-
wahrloste Behausung diente ihm nur als
Schlafstelle, den Tag verbrachte er zumeist
beim Wirt, wo sich ihm ab und zu Gelegen-
heit bot, ans bequeme Art einen Schmuserlohn
zu verdienen. Seine Hauptarbeit blieb das
Kartenspiel, worin er ziemliches Glück hatte.
Doch der Wahrheit die Ehre: Einmal hat
man ihn wirklich arbeiten sehen für dreic!
AKinen ärgeren
S© Faulpelz als
den Girgl gab's
in der ganzen Ge-
meinde nicht.
Der Unter-
282
Brotzeit ein Frischanzapftcs bekam, weil er abends nie genug
kriegen konnte.
Unter solchem Durst hatte sogar das Anwesen zu leiden. Die
Nandl mußte schließlich eine Hypothek anfnehmen und mancher
fragte sich im stillen, was wohl aus dem schönen Sach' erst werde,
wenn die Nandl sterben tat', die sowieso keine von den Robusten
schien. — Die Antwort kam früher, als man vermeint hatte.
Lines Tages ließ der Girgl die Leich' einsagen und die Nach-
barschaft zum Rosenkranz einladen. Und bei der Vbermoosbäuerin
erhandelte er ein paar Liter Kirsch zur üblichen Bewirtung der
Trauergäste.
Aber als die Andächtigen abends in Untermoos erschienen, da
mooserbauer, ein
Junggeselle, der
mit seiner eben-
falls ledigen
Schwester Nandl
wirtschaftete, hatte ihn als kleinen Buben an Kindes Statt
angenommen. Die Pflegeeltern, obwohl selber fleißig wie
Bienen, erzogen in Girgl, ihrem einzigen, die richtige
Drohne.
Zudem beging Nandl, als der Bruder in den besten
Jahren verstorben war, den Fehler, ihren Pflegesohn von
da an völlig als den Bauern zu respektieren. Er durfte
anschaffen und sie tat alles, was man ihm an den Augen
absehen konnte. Freilich brauchte sie dabei keine schweren
Rätsel zu lösen, denn vor allen Dingen besaß Girgl immerzu
Durst und dementsprechende wünsche. Darum lagen auch jahraus,
jahrein im «Obstgarten nahe der Straße die geleerten Bierfässer
herum, wie bei andern Bauern im Spätsommer die Kürbisse und
voti dem köstlichen Schnaps, den die zahlreichen
Kirsch- und Zwetschgenbäume der Untermooser
lieferten, konnten diese keinen Tropfen ent-
behren, im Gegenteil der Girgl kaufte mit-
unter noch hinzu.
Allerdings hegte auch die Nandl eine
starke Schwäche für Kirschengeist, obschon
ihr der selbst angesetzte süße Nußlikör säst
noch lieber war. Sie führte deshalb bei
Gängen stets ein flachgedrücktes Fläfchlein
mit sich und wenn sie beispielsweise in der
Früh' den Berg hinauf zur Kirche ging,
was wunderselten von ihr versäumt wurde,
pflegte sie an den steileren Stellen zu ver-
schnaufen und, wie allemal beim Ausrasten,
einen Schluck zu nehmen oder auch zwei,
dann ging's gleich wieder besser voran. Da-
für eilte sie nach der Messe regelmäßig
zum Wirt und bald darauf sah man sie
den Berg wieder hinabwandern mit aufge-
schlagenem Kleid, aus dem zwei feste grane
Leinensäcke rechts und links über den knall-
roten Unterrock herabbaumelten. Sie ent-
hielte» je eine Literflasche Faßbier, denn
Girgl hielt sehr darauf, daß er morgens zur
war der ganze Schnaps vertilgt und Girgl lag in einem Fetzen-
rausch auf seiner Bettstatt.
Nur aus nachbarlicher Freundschaft entschloß sich die Gber-
mooserin, nochmals ihren Vorrat anzupacken, und um den Brauch
zu wahren, boten ihre Töchter den Be-
suchern Kirschwaffer und Brotschnitten
an. —■ Die Burgl stand an der Stuben-
tür und die Resl beim Ausgang mit
dem strengen Auftrag, dem Girgl ja
kein Tröpfl zu geben, wenn er zufällig auf-
wache und alles, was übrigbleibe, wieder mit
heimzunehmen.
So fing's an.
Und die Nandl war noch gar nicht be-
graben, da hatte Girgl, der Universalerbe,
das Anwesen schon weitergebracht, nämlich an
einen Zertrümmerer, und es blieben ihm bare
dreißigtausend Mark. Er kaufte weiter oben
am Berg eine altersschwache Hütte nebst wurz-
gärtlein, worin er sein Lieblingsgemüse, Ret-
tige ziehen konnte, und privatisierte. Die ver-
wahrloste Behausung diente ihm nur als
Schlafstelle, den Tag verbrachte er zumeist
beim Wirt, wo sich ihm ab und zu Gelegen-
heit bot, ans bequeme Art einen Schmuserlohn
zu verdienen. Seine Hauptarbeit blieb das
Kartenspiel, worin er ziemliches Glück hatte.
Doch der Wahrheit die Ehre: Einmal hat
man ihn wirklich arbeiten sehen für dreic!
AKinen ärgeren
S© Faulpelz als
den Girgl gab's
in der ganzen Ge-
meinde nicht.
Der Unter-
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Girgl"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Verschlagwortung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1917
Entstehungsdatum (normiert)
1912 - 1922
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 147.1917, Nr. 3777, S. 282
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg