Sass eines Nachmittags Kleopatra
Und folgte der Komödie ihrer Affen.
Der Meister stand abseits am Bühnenrand.
Sein Blick und der verborgene Stock be-
herrschte
Das langgeschwänzte Völkchen auf den
Brettern,
Das lieber sich im Saal getummelt hätte,
Als eingedrillte Rollen zu verkörpern.
Doch hielt im Zaum sie strenge Zucht und
Furcht.
Da, um den Affenmeister zu verdriessen,
Griff mitten in dem Höhepunkt des Spiels
Kleopatra in eine goldene Schale,
Die ihr zunächst stand, und mit flinken
Fingern
Warf eine Hand voll Datteln und voll Feigen
Sie unter die Komödie des Getiers.
Wie schnell vergass da Leckerlust den
Zwang!
Anmut und Würde schwand im Augenblick.
Mit Kreischen, purzelnd, haschend, raufend,
heissend
Stritt sich die Affenschar in wirrem Knäuel
Und der Gewänder hinderliche Last
Erhöhte noch den Lachreiz der Beschauer.
Starr stand in Scham undWut der Meister da.
Die Königin lächelte — und rings der Hof
Gab wiehernd Beifall ihrer Spötterlaune.
Sie aber neigte halb ihr Haupt zur Seite
Und unter langen schwarzen Wimpern
funkelnd
Flog auf ihr Blick zum Günstling, als sie
sprach:
,,So seid Ihr alle auch! Mit Affenwürde
Und feierlichen Affenmienen jetzt
Spielt Ihr mir die Komödie Eurer Ehrfurcht.
Doch werf’ ich einen Köder vor Euch hin,
Dann fällt von Euren neidischen, gierigen
Seelen
Der Tand der Ehrfurcht und der Treue ab
Und jeder wälzt sich streitend um den
Brocken.
Ist’s nicht so, sprich? Bist Du vielleicht
ein anderer?“ —
Sein stolzer Sinn empfand den Peitschenhieb
Und Hass erfüllte seine heisse Seele.
Doch barg er, Arges listig längst erwägend,
Den künftigen Plan und nur sein Wort
klang also:
„So sind wir alle — keiner unter uns
Ist anders wie die Affen auf der Bühne.
Auch wir sind Spieler der Kleopatra.
Nur eins bedenke: Die dort haschen bloss
Nach Feigen, Datteln und dergleichen Frass.
Die Menschenaffen aber, Königin,
Reizt stärkere Gier und ihre Hand scheut
nicht
Vor Kronen — hüte Dich, Kleopatra!“
Wilhelm Herbert.
Künstlerisches Spiel.
„Um Gotteswillen, Hört ans, Kinder! Das ist kein Vierhändigspielen mehr... das ist schon Handgemenge.
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Und folgte der Komödie ihrer Affen.
Der Meister stand abseits am Bühnenrand.
Sein Blick und der verborgene Stock be-
herrschte
Das langgeschwänzte Völkchen auf den
Brettern,
Das lieber sich im Saal getummelt hätte,
Als eingedrillte Rollen zu verkörpern.
Doch hielt im Zaum sie strenge Zucht und
Furcht.
Da, um den Affenmeister zu verdriessen,
Griff mitten in dem Höhepunkt des Spiels
Kleopatra in eine goldene Schale,
Die ihr zunächst stand, und mit flinken
Fingern
Warf eine Hand voll Datteln und voll Feigen
Sie unter die Komödie des Getiers.
Wie schnell vergass da Leckerlust den
Zwang!
Anmut und Würde schwand im Augenblick.
Mit Kreischen, purzelnd, haschend, raufend,
heissend
Stritt sich die Affenschar in wirrem Knäuel
Und der Gewänder hinderliche Last
Erhöhte noch den Lachreiz der Beschauer.
Starr stand in Scham undWut der Meister da.
Die Königin lächelte — und rings der Hof
Gab wiehernd Beifall ihrer Spötterlaune.
Sie aber neigte halb ihr Haupt zur Seite
Und unter langen schwarzen Wimpern
funkelnd
Flog auf ihr Blick zum Günstling, als sie
sprach:
,,So seid Ihr alle auch! Mit Affenwürde
Und feierlichen Affenmienen jetzt
Spielt Ihr mir die Komödie Eurer Ehrfurcht.
Doch werf’ ich einen Köder vor Euch hin,
Dann fällt von Euren neidischen, gierigen
Seelen
Der Tand der Ehrfurcht und der Treue ab
Und jeder wälzt sich streitend um den
Brocken.
Ist’s nicht so, sprich? Bist Du vielleicht
ein anderer?“ —
Sein stolzer Sinn empfand den Peitschenhieb
Und Hass erfüllte seine heisse Seele.
Doch barg er, Arges listig längst erwägend,
Den künftigen Plan und nur sein Wort
klang also:
„So sind wir alle — keiner unter uns
Ist anders wie die Affen auf der Bühne.
Auch wir sind Spieler der Kleopatra.
Nur eins bedenke: Die dort haschen bloss
Nach Feigen, Datteln und dergleichen Frass.
Die Menschenaffen aber, Königin,
Reizt stärkere Gier und ihre Hand scheut
nicht
Vor Kronen — hüte Dich, Kleopatra!“
Wilhelm Herbert.
Künstlerisches Spiel.
„Um Gotteswillen, Hört ans, Kinder! Das ist kein Vierhändigspielen mehr... das ist schon Handgemenge.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Künstlerisches Spiel"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1919
Entstehungsdatum (normiert)
1914 - 1924
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 151.1919, Nr. 3876, S. 227
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg