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Dort unten in der Mühle.
Opfer der Butternot.
von £j ans Bauer.
§ch schwanke am Fahrkartenschalter, ob ich II. oder III. Klasse
nach Dresden fahren soll. Man ist genau so schnell da,
wenn man III. fährt und es ist erheblich billiger. Aber
schließlich, bei dem Andrang muß man möglicherweise in der III.
stehen und ich lege Wert darauf, die Lektüre hinunterzuwürgen,
die ich mir für die Fahrt mitgenommen habe. Stehend kann man
aber schlecht lesen. Also ich nehme schon II.
Der Zug ist noch nicht eingefahren. Gemächlich schlendere
ich auf dem Bahnsteig dahin, plötzlich höre ich meinen Namen.
Ich drehe den Kopf und sehe ein Bauernpaar auf mich zugehen.
Den ksals des Mannes umwindet ein grcllrotes Tuch. Stulpen-
stiefel reichen ihm fast bis zum Leib. Dis Frau hat einen riesigen
Korb auf dem Buckel sitzen. Ihr Gesicht ist von einem bunten
Tücherwust umrahmt. Ia, was wollen denn die von mir? Wie
können die sich denn unterstehen — da erkenne ich ksubers in ihnen.
Die Uubers aus Mcscritz. Die einzigen, die nicht untreu wurden,
als in den schwersten Tagen alles von uns abficl. Die einzigen,
bei denen man niemals ganz vergebens nach Butter und Brot und
Kartoffeln und Eiern anpochtc. Die lieben, guten lsubers aus
Meseritz sind das. Meine Mienen Hellen sich auf. Denen gegenüber
muß man freilich freundlich sein. Da hilft nichts. „Schönen guten
Tag!" begrüße ich sie. „Ia, das sind ja bjubers! Aber so eine
Überraschung! Und was treiben Sie denn hier?"
Ich deute ihr Meseritz-Deutsch, daß sie in der Stadt eingekauft
haben. Für den Lhristoph ein paar Pantinen und für Marie
was Wollenes und er, der kfuber selber, habe doch schon immer
einen handfesten Spazierstock gebraucht. Also, wenn sie schon mal
in die Stadt kämen, was selten genug geschehe, dann, ginge es aber
auch ordentlich mit dem Kaufen her. Und wohin ich denn wolle?
Nach Dresden. Zu verwandten.
Aber das treffe sich ja großartig. Da könnten wir ja fast die
halbe Strecke miteinander fahren.
198
Dort unten in der Mühle.
Opfer der Butternot.
von £j ans Bauer.
§ch schwanke am Fahrkartenschalter, ob ich II. oder III. Klasse
nach Dresden fahren soll. Man ist genau so schnell da,
wenn man III. fährt und es ist erheblich billiger. Aber
schließlich, bei dem Andrang muß man möglicherweise in der III.
stehen und ich lege Wert darauf, die Lektüre hinunterzuwürgen,
die ich mir für die Fahrt mitgenommen habe. Stehend kann man
aber schlecht lesen. Also ich nehme schon II.
Der Zug ist noch nicht eingefahren. Gemächlich schlendere
ich auf dem Bahnsteig dahin, plötzlich höre ich meinen Namen.
Ich drehe den Kopf und sehe ein Bauernpaar auf mich zugehen.
Den ksals des Mannes umwindet ein grcllrotes Tuch. Stulpen-
stiefel reichen ihm fast bis zum Leib. Dis Frau hat einen riesigen
Korb auf dem Buckel sitzen. Ihr Gesicht ist von einem bunten
Tücherwust umrahmt. Ia, was wollen denn die von mir? Wie
können die sich denn unterstehen — da erkenne ich ksubers in ihnen.
Die Uubers aus Mcscritz. Die einzigen, die nicht untreu wurden,
als in den schwersten Tagen alles von uns abficl. Die einzigen,
bei denen man niemals ganz vergebens nach Butter und Brot und
Kartoffeln und Eiern anpochtc. Die lieben, guten lsubers aus
Meseritz sind das. Meine Mienen Hellen sich auf. Denen gegenüber
muß man freilich freundlich sein. Da hilft nichts. „Schönen guten
Tag!" begrüße ich sie. „Ia, das sind ja bjubers! Aber so eine
Überraschung! Und was treiben Sie denn hier?"
Ich deute ihr Meseritz-Deutsch, daß sie in der Stadt eingekauft
haben. Für den Lhristoph ein paar Pantinen und für Marie
was Wollenes und er, der kfuber selber, habe doch schon immer
einen handfesten Spazierstock gebraucht. Also, wenn sie schon mal
in die Stadt kämen, was selten genug geschehe, dann, ginge es aber
auch ordentlich mit dem Kaufen her. Und wohin ich denn wolle?
Nach Dresden. Zu verwandten.
Aber das treffe sich ja großartig. Da könnten wir ja fast die
halbe Strecke miteinander fahren.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Einfälle"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1920
Entstehungsdatum (normiert)
1910 - 1930
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 152.1920, Nr. 3901, S. 198
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg