Höchste Eifersucht.
„ Was ist beim das für ein komischer junger Mann, der den
ganzen Tag mit aufgcspanntcm Schirm vor dem Photographenaus-
lagkasten steht?" — „Ja, wissen Sie, dort ist das Bild seiner Flamme
ausgestellt und das soll kein Unberufener betrachten."
Die Birschen.
Ls waren einmal drei Kirschen, die waren Schwestern und
hießen Rotbäckelc. Langstcckclc und Stcinherzcle. Sie wuchsen
alle drei an demselben Ästchen, und wenn sie der Bauer gc-
brachen und verkauft hätte, hätte unser kleines Lieschen sie als
Ghrgehänge gebrauchen können.
So weit kam es aber nicht; denn als die drei Schwestern
anstngcn, rotbackig und reif zu werden, kam eines Tages ein
Fink gestogen. der ein Stockwerk höher im Kirschbaum wohnte,
sing Freundschaft an und fragte Rotbäckelc. ob es seine Frau
werden wollte. So feierten sie nach einiger Zeit kochzcit; da
sie aber nicht viel Geld ausgeben wollten, luden sie nur den
Maikäfer mit seinerFrau ein. Denn sie wußten, daß der nicht
kommen konnte, da es schon Mitte Juni war. wie nun das
kochzeitsfcst zu Ende war. riß der Fink das Stielchrn. an dem
Rotbäckelc hing, ab und stog mit seiner jungen Frau in sein
Rest. Da lebten sie nun sehr glücklich und der .sink küßte sein
Weibchen tausendmal im Tage. Mit dem spitzen Schnabel, den
er hatte, tat er dabei dem armen Rotbäckelc zwar immer recht
weh; auch blieb ihm nach jedem Kuß ein Stückchen von der
roten kaut und von dem süßen Fleisch im Schnabel sitzen. Ihm
schmeckte das freilich gut; Rotbäckelc aber dachte jedesmal mit
Schmerzen: „Ja. ja. der Ehestand ist ein Wehestand." So kam es.
daß der .sink aus lauter Lieb« allmählich das ganze anne Rot-
bäckclc aufpicktc und eines Tages lag nichts mehr in, Finkcnncst
als der Kirschkern; den warf der.sink einfach hinaus, flog fort und
suchte sich eine neue Frau.
Als Langstcckclc und Stcinherzcle das hörten, waren sie sehr
traurig und als nun ein nettes kleines Würmchen kam und um
Langstcckclc freite, sagte dieses, cs habe nichts dagegen; aber cs wolle
sich nicht nach auswärts verheirate». ..Gut." sagte das würm-
chen. „dann nehme ich hier Wohnung." Also heirateten sic sich und
das Würmchen mußte in der schönen, roten lsaut. die kangsteckele
hatte. Wohnung nehmen. Sic lebten auch recht glücklich zusammen;
aber bald wurde das anne Langstcckclc krank, verlor seine schönen
roten Backen, kriegte Runzeln und eines Tages, als der wind in
den Kirschbanm brauste, fiel es gar vom Ästchen herab hinunter in
die wiese.
Run war Stcinherzcle noch allein übrig und sagte bei sich:
„Ich will mich nicht so schnell verheirate»; das geht nie gut aus."
Also blieb cs hänge», bis es recht dick, rund und dunkelrot-
bäckig war. Da sah cs eines Morgens, als es aufgewacht war. unten
am Baum einen hübschen, frischen Jungen, der guckte so sehnsüchtig
herauf zu ihm. „Aha." sagte Stcinherzcle. „das ist der rechte Alan»
für mich." gab sich einen Schwung, riß sich vom Ästchen los und
flog auf des Jungen Kopf; und das heißt in der Kirschcnsprachc
so viel als: „Ich will dich heiraten." Der Junge verstand aber ent-
weder nichts von der Kirschcnsprachc oder überhaupt vom Ifciratcn;
er holte Stcinherzcle aus seinen braunen Locken heraus und ver-
zehrte cs mit Stumpf und Stiel; ich glaube, er hat nicht einmal
den Kern ausgespuckt. ninthrs.
I in Zor n.
„Ich habe einen Tintenfleck ins Tischtuch gemacht! Was tut
man da?" — „Dumme Gans, inan tut das Tischtuch weg, ehe man
einen Brief schreibt."
t' o fl i f.
„Bon Ihrem Mosel „ins; man gleich zwei Flaschen lrinlcn."
„Bichl wahr?" - „Ja, die eine Flasche frißt ein iloch in den Biagen
und die andere zieht's wieder zusammen."
17s
„ Was ist beim das für ein komischer junger Mann, der den
ganzen Tag mit aufgcspanntcm Schirm vor dem Photographenaus-
lagkasten steht?" — „Ja, wissen Sie, dort ist das Bild seiner Flamme
ausgestellt und das soll kein Unberufener betrachten."
Die Birschen.
Ls waren einmal drei Kirschen, die waren Schwestern und
hießen Rotbäckelc. Langstcckclc und Stcinherzcle. Sie wuchsen
alle drei an demselben Ästchen, und wenn sie der Bauer gc-
brachen und verkauft hätte, hätte unser kleines Lieschen sie als
Ghrgehänge gebrauchen können.
So weit kam es aber nicht; denn als die drei Schwestern
anstngcn, rotbackig und reif zu werden, kam eines Tages ein
Fink gestogen. der ein Stockwerk höher im Kirschbaum wohnte,
sing Freundschaft an und fragte Rotbäckelc. ob es seine Frau
werden wollte. So feierten sie nach einiger Zeit kochzcit; da
sie aber nicht viel Geld ausgeben wollten, luden sie nur den
Maikäfer mit seinerFrau ein. Denn sie wußten, daß der nicht
kommen konnte, da es schon Mitte Juni war. wie nun das
kochzeitsfcst zu Ende war. riß der Fink das Stielchrn. an dem
Rotbäckelc hing, ab und stog mit seiner jungen Frau in sein
Rest. Da lebten sie nun sehr glücklich und der .sink küßte sein
Weibchen tausendmal im Tage. Mit dem spitzen Schnabel, den
er hatte, tat er dabei dem armen Rotbäckelc zwar immer recht
weh; auch blieb ihm nach jedem Kuß ein Stückchen von der
roten kaut und von dem süßen Fleisch im Schnabel sitzen. Ihm
schmeckte das freilich gut; Rotbäckelc aber dachte jedesmal mit
Schmerzen: „Ja. ja. der Ehestand ist ein Wehestand." So kam es.
daß der .sink aus lauter Lieb« allmählich das ganze anne Rot-
bäckclc aufpicktc und eines Tages lag nichts mehr in, Finkcnncst
als der Kirschkern; den warf der.sink einfach hinaus, flog fort und
suchte sich eine neue Frau.
Als Langstcckclc und Stcinherzcle das hörten, waren sie sehr
traurig und als nun ein nettes kleines Würmchen kam und um
Langstcckclc freite, sagte dieses, cs habe nichts dagegen; aber cs wolle
sich nicht nach auswärts verheirate». ..Gut." sagte das würm-
chen. „dann nehme ich hier Wohnung." Also heirateten sic sich und
das Würmchen mußte in der schönen, roten lsaut. die kangsteckele
hatte. Wohnung nehmen. Sic lebten auch recht glücklich zusammen;
aber bald wurde das anne Langstcckclc krank, verlor seine schönen
roten Backen, kriegte Runzeln und eines Tages, als der wind in
den Kirschbanm brauste, fiel es gar vom Ästchen herab hinunter in
die wiese.
Run war Stcinherzcle noch allein übrig und sagte bei sich:
„Ich will mich nicht so schnell verheirate»; das geht nie gut aus."
Also blieb cs hänge», bis es recht dick, rund und dunkelrot-
bäckig war. Da sah cs eines Morgens, als es aufgewacht war. unten
am Baum einen hübschen, frischen Jungen, der guckte so sehnsüchtig
herauf zu ihm. „Aha." sagte Stcinherzcle. „das ist der rechte Alan»
für mich." gab sich einen Schwung, riß sich vom Ästchen los und
flog auf des Jungen Kopf; und das heißt in der Kirschcnsprachc
so viel als: „Ich will dich heiraten." Der Junge verstand aber ent-
weder nichts von der Kirschcnsprachc oder überhaupt vom Ifciratcn;
er holte Stcinherzcle aus seinen braunen Locken heraus und ver-
zehrte cs mit Stumpf und Stiel; ich glaube, er hat nicht einmal
den Kern ausgespuckt. ninthrs.
I in Zor n.
„Ich habe einen Tintenfleck ins Tischtuch gemacht! Was tut
man da?" — „Dumme Gans, inan tut das Tischtuch weg, ehe man
einen Brief schreibt."
t' o fl i f.
„Bon Ihrem Mosel „ins; man gleich zwei Flaschen lrinlcn."
„Bichl wahr?" - „Ja, die eine Flasche frißt ein iloch in den Biagen
und die andere zieht's wieder zusammen."
17s
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Höchste Eifersucht" "Logik"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1923
Entstehungsdatum (normiert)
1918 - 1928
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 158.1923, Nr. 4061, S. 174
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg