Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
allein war und vor mir lag ein verpflichtungsschein der mich zu
wöchentlich fünf Goldmark, zahlbar für ein Stück „Fix Fax", auf
die Dauer von fünf Wochen verknurrte. — —

Dar erste umfangreichere Werk, das mir mit „^ii- Fax" gelang,
war ein handtellergroßer Tintenklecks auf meiner Hellen Feiertagshose.

Das konische Gewinde näm-
lich — nun kurz und gut: ich
entlieh mir von der Bausfrau die
Beißzange, um meinen Feder-
halter schreibfertig zu machen,

Ich muß dabei ein bißchen zu fest
gedreht haben — der Federhalter
konnte die Tinte nicht halten und
da geschah es eben.

Da in der Gebrauchsanwei-
sung keineswegs stand, daß man
„Fix Fax" nicht in dieEcke werfen
soll — tat ich es im ersten Affekt
— ziemlich unbefangen und mußte
dann zu meiner Überraschung be-
merken, daß die Goldfeder ver-
bogen war.

Ich schlug sie mit dem lsam-
mer wieder leidlich gerade und
füllte den Federhalter auf. Dan»
steckte ich ihn wieder zusammen
und schickte mich an meine» längst
fälligen Gedichtzyklus „An die
Berge" zu schreiben. Ich bin zwar
gar nicht für die Berge, weil
man auf den Knterkunstshäu-
fern meist so schlechte Matratzen
hat, aber ich habe einen Ring
von Landschaftsdichtungen ange-
fangen und ihn sauber inWas-
ser, Wiese, Feld, Wald und Bim-
mel eingeteilt. Die Berge, wie
gesagt, scheinen mir das Schwie-
rigste. Drum ging ich gleich zu-
erst an sie heran.

Zugegeben, so ein Füllfeder-
halter reizt geradezu zum Schrei-
ben. . . . An die Berge. — Bin 1
Ich saugte an dem Kautschuk
Halter bis mir so übel war, daß
ich ein Glas Kirsch trinken mußte,
dann dichtete ich weiter... So
ein Kautschukhalter schmeckt schon
verdammt unangenehm für ver
wöhnte Dichterzungen. Als ich
noch mit Bolzfederhaltern schrieb,
da saugte ich Einfälle und Bil-
der nur so heraus. — Richts
fiel mir ein. Ra — schlimmsten
Falles konnte ich meinen Zyklus immerhin noch expressionistisch zu
Ende führen.

Ich setzte den Federhalter an. „Lebt wohl, ihr Berge ihr ge-
liebten Triften" . . .

Donnerwetterl Das kam mir aber bekannt vor! Es schien, daß
mir irgendwer schon einmal das gestohlen haben könnte. Dieser
verdammte Kautschukgeschmack! Jede Stimmung geht zum Teufel.

Ra, denn mal los: „Ihr Berge, die ihr himmela..." kratz kratz kratz
kratz . . .

Meine Füllfeder wollte nicht mehr. Ich entlauste sie sehr sorg-
fältig von Papierfuseln — aber es half nichts, sie wollte nicht. Sie
klammerte sich ans Papier wie ein schreiendes Kind an die Rockfalte

der Mutter, wenn man es weg-
nehmen will. Ich bog wieder ein
bißchen mit der Beißzange und
half mit dem Bammer nach . . .
Dabei ließ sie in ihrer Herzens-
angst wieder ein bißchen Tinte
auf die Biedermeierdecke der
Bausfrau rinnen. Es war
heute nichts zu machen. Ich ver-
schob das Dichten — wie schon
so oft — auf morgen und ging
ins Kaffeehaus, um mich dort
von andern Dichtern mit etwas
Stimmung influenzieren zu lassen.

Ich versuchte meinen „Fix
Fax" mit List und Tücke an den
Mann zu bringen, sang sein Lied
in berauschenden Tönen es
fand sich aber nur ein Interessent:
mein Freund Max, dermirals Ent-
schädigung einen prozentualen
Anteil aus dem Erlös zusicherte,
den er sich ans dem verkauf feines
Leichnams an die Anatomie ver-
sprach. Das schien mir doch zu
unsicher und ich nahm ihn wieder
heim. - - Ich hatte meinen Tür-
schlüssel vergessen und stocherte in
Ermangelung anderer Werkzeuge
mit „Fix Fax" im Schlüsselloch
herum. Mag sein, daß ihm dies
nicht von Vorteil war; kurz und
gut: als ich wieder hochbeschwingt
und des Geistes einen pauch ver-
spürend - an meinen Berghym-
nus ging — brach die Goldfeder
ab. Ich warf „Fix Fax" kurzer-
hand in den Ofen. Der Oualm
des verbrennenden Kautschuks
weckte alle pansgenoffen und je-
mand, der im Stiegenhaus ein
„Brandein" bemerkte, alarmierte
die Feuerwehr.

Das Fräulein Susanna Kübel-
bein von der Rachbarwohnnng,
die seit ihrer vor Jahren aufge-
lösten Verlobung ein bißchen an
Verfolgungswahn litt — verfiel
in Weinkrämpfe, weil sie glaubte,
einen Gasangriff auf sie inszeniert
mich bedrohte der Bansmeister in der Aufregung wegen Brand-
stiftung mit dem Ochsenfiesel und die Bausfrau kündigte mir das
Zimmer.

Die Feuerwehr kam gerade recht, mir den heißen Kopf abzu-
spritzen. Ich schreibe nie wieder mit Füllfederhaltern.

Mit dem Dichten ist es überhaupt so eine Sache! . . .

Julius Areis.

D c r Herr Lehramtskandidat.

..Nun, liebe Emma. beginnt eigentlich erst unsere richtige Ehe
hast Tu Dir schon einen Stundenplan entworfen?!"

ihr verflossener Bräutigam hätte
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Herr Lehramtskandidat"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Graetz, Theodor
Entstehungsdatum
um 1924
Entstehungsdatum (normiert)
1919 - 1929
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 160.1924, Nr. 4095, S. 27

Beziehungen

Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
 
Annotationen