Zeitglossen
Zn einer bekannten und vornehmen Londoner Damen-
Badeanftalt hat man zu einer einschneidenden Maß-
nahme greifen muffen. Es war unter den Besucherinne»
des Bades die Unsitte eingeriffen, daß sie die Badezeit
unmäßig ausdehnten, indem sie in der Wanne ganze
Schachteln Zigaretten rauchten, pfundweise Schokolade
aßen und schließlich ganze Romane lasen. Sie ver-
brachten aus diese Weise ganze Vormittage in der
Wanne und schadeten dadurch der Anstalt erheblich.
Diese hat jetzt einen Mechanismus eingeführt, der jede
Wanne nach einer halben Stunde automatisch entleert.
Eine gründliche Beleerung! Aber den Ruf der Vor-
nehmheit wird sich die Badeanstalt nicht lange erhalten
können. Denn genau genommen, tut sie etwas Unge-
höriges, wenn auch auf dezent-automatische Weise, sic
legt nämlich die Damen sozusagen trocken. Was für ein
schaudervoller Zustand, wenn im Roman gerade „der
Liebe Wellen" steigen, während sie in der Wanne sanft
vergluckern, oder wenn die Schokolade noch nicht von
den Fingern gewaschen ist und die Wanne schluchzend
sich entleert! Nein, das geht nicht. Schließlich müßten
die Damen nur tragische Romane lesen und die Wanne
mit ihren Tränen wieder füllen?
Ein Angestellter der Großindustrie war an eine groß-
artige Einnahmequelle geraten: die Rechenmaschine,
welche die einschlägigen Berechnungen seiner Kaffe aus-
zuführen batte, addierte falsch und zwar so, daß regel-
mäßig Überschüffc entstanden. Der Mann sab darin
nur einen Anlaß, das übrige Geld an sich zu nehmen,
denn daß eine Rechenmaschine keine Fehler macht, weiß
jeder; auf alle Fälle galt es, zwischen den Berechnungen
und dem Kaffenstand keine Differenzen aufkommcn zu
lasten. So steckte er nach und nach 13 900 Mark ein.
Als der Schwindel entdeckt wurde und man ihm sein
Tun vorhielt, meinte er, er sei nicht als Feinmechaniker
angestellt worden, um die Maschine zu überwachen,
sondern als Buchhalter, bei dem Soll und Haben über-
einftimmen müßten.
&ue 4d*imxdteMwrid£ Jamrnit /anjeden,
STa würd mdamr/i n-nd dmt7711t ndi reden, fikefy
dtd
" , o ‘'J.e. m „
Unter Schriftstellern
„Was schreibst du da? 'n
Roman?" - „Nee, ich ver-
tröste nur meinen Schneider."
„Hm, seit wann schreibst du
Märchen?"
s Schmalzhaferl
Regna tuat ’s drauß'n,
Der Wind pfeift um 's Haus,
Spat kimmt as Dirndl hoam,
Wie sch äugt ’s denn aus!
's G’sichterl is feuerrot,
D’ Lipp'n san gschmoll'n,
D' Muatta moant: „Sollt’ hia net
’n Boda gleihol'n ?
Der Kenner
Schickedanz geht mit seiner
Frau in einen weiblichen Hut-
laden. „I, 2, 3, 4, 9/6/1, 8,
9, 10". Zehn Hüte, stellt Schicke-
danz fest, hat die Verkäuferin
herbeigebracht.
„Holen Sie noch zehn Hüte,
Fräulein", bittet Schickedanz.
Etwas erstaunt schleppt die Jungfrau noch zehn Behauptungen heran.
„So, die können Sie schon alle gleich wieder wegnehmen", sagt Schicke-
danz, „von den ersten zwanzig Hüten nimmt meine Frau bestimmt keinen."
Kunntst gar am End no’
Die G’sichtsros’n kriag’n!
Reib di' mit Schmalz fest ei',
Daß si’ d' Hilßn vaziag’n!“
* Wilder
Der Schwerenöter
„Das Korsett muß i Umtau-
schen, weil's mi so arg druckt!
Wie schick i's am besten nach
Berlin z'ruck?"
„Selbstverständlichals Druck-
sache, schönes Kind!"
Auch wahr
Am Stammtisch ist die Rede
von den neuen künstlerischen Lu-
xus-Telegrammen, den Brief-
marken und ähnlichen Reichs-
Kunstdingen. In diesem Zusam-
menhang sagt Herr Meier: „Und
haben Sie auch schon gelesen,
daß der Reichstag eine Novelle zum Aufwertungsgesetz plant?"
„Das einzig Richtige!" sagt Herr Müller, „die Auswertung ist über-
Haupt eine Aufgabe für die Dichter, besonders die Humoristen!"
Und ’s Dirndl schmirbt Schmeinschmalz
Im G’sicht umanand,
Stellt si' recht leidi' o,
Daß d' Muatta nix spannt.
Und denkt si’: „Der sakrische.
Narrische Bua,
Der busselt, rvia -r-a Wuida *
In oan Trumm grad zua.
Wann des a so meidageht
Wia ’s heit Ab’ncl mar,
Na' is in drei Woch'n
As Schmalzhaferl laar.“
Fankerl
154
Zn einer bekannten und vornehmen Londoner Damen-
Badeanftalt hat man zu einer einschneidenden Maß-
nahme greifen muffen. Es war unter den Besucherinne»
des Bades die Unsitte eingeriffen, daß sie die Badezeit
unmäßig ausdehnten, indem sie in der Wanne ganze
Schachteln Zigaretten rauchten, pfundweise Schokolade
aßen und schließlich ganze Romane lasen. Sie ver-
brachten aus diese Weise ganze Vormittage in der
Wanne und schadeten dadurch der Anstalt erheblich.
Diese hat jetzt einen Mechanismus eingeführt, der jede
Wanne nach einer halben Stunde automatisch entleert.
Eine gründliche Beleerung! Aber den Ruf der Vor-
nehmheit wird sich die Badeanstalt nicht lange erhalten
können. Denn genau genommen, tut sie etwas Unge-
höriges, wenn auch auf dezent-automatische Weise, sic
legt nämlich die Damen sozusagen trocken. Was für ein
schaudervoller Zustand, wenn im Roman gerade „der
Liebe Wellen" steigen, während sie in der Wanne sanft
vergluckern, oder wenn die Schokolade noch nicht von
den Fingern gewaschen ist und die Wanne schluchzend
sich entleert! Nein, das geht nicht. Schließlich müßten
die Damen nur tragische Romane lesen und die Wanne
mit ihren Tränen wieder füllen?
Ein Angestellter der Großindustrie war an eine groß-
artige Einnahmequelle geraten: die Rechenmaschine,
welche die einschlägigen Berechnungen seiner Kaffe aus-
zuführen batte, addierte falsch und zwar so, daß regel-
mäßig Überschüffc entstanden. Der Mann sab darin
nur einen Anlaß, das übrige Geld an sich zu nehmen,
denn daß eine Rechenmaschine keine Fehler macht, weiß
jeder; auf alle Fälle galt es, zwischen den Berechnungen
und dem Kaffenstand keine Differenzen aufkommcn zu
lasten. So steckte er nach und nach 13 900 Mark ein.
Als der Schwindel entdeckt wurde und man ihm sein
Tun vorhielt, meinte er, er sei nicht als Feinmechaniker
angestellt worden, um die Maschine zu überwachen,
sondern als Buchhalter, bei dem Soll und Haben über-
einftimmen müßten.
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Unter Schriftstellern
„Was schreibst du da? 'n
Roman?" - „Nee, ich ver-
tröste nur meinen Schneider."
„Hm, seit wann schreibst du
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Regna tuat ’s drauß'n,
Der Wind pfeift um 's Haus,
Spat kimmt as Dirndl hoam,
Wie sch äugt ’s denn aus!
's G’sichterl is feuerrot,
D’ Lipp'n san gschmoll'n,
D' Muatta moant: „Sollt’ hia net
’n Boda gleihol'n ?
Der Kenner
Schickedanz geht mit seiner
Frau in einen weiblichen Hut-
laden. „I, 2, 3, 4, 9/6/1, 8,
9, 10". Zehn Hüte, stellt Schicke-
danz fest, hat die Verkäuferin
herbeigebracht.
„Holen Sie noch zehn Hüte,
Fräulein", bittet Schickedanz.
Etwas erstaunt schleppt die Jungfrau noch zehn Behauptungen heran.
„So, die können Sie schon alle gleich wieder wegnehmen", sagt Schicke-
danz, „von den ersten zwanzig Hüten nimmt meine Frau bestimmt keinen."
Kunntst gar am End no’
Die G’sichtsros’n kriag’n!
Reib di' mit Schmalz fest ei',
Daß si’ d' Hilßn vaziag’n!“
* Wilder
Der Schwerenöter
„Das Korsett muß i Umtau-
schen, weil's mi so arg druckt!
Wie schick i's am besten nach
Berlin z'ruck?"
„Selbstverständlichals Druck-
sache, schönes Kind!"
Auch wahr
Am Stammtisch ist die Rede
von den neuen künstlerischen Lu-
xus-Telegrammen, den Brief-
marken und ähnlichen Reichs-
Kunstdingen. In diesem Zusam-
menhang sagt Herr Meier: „Und
haben Sie auch schon gelesen,
daß der Reichstag eine Novelle zum Aufwertungsgesetz plant?"
„Das einzig Richtige!" sagt Herr Müller, „die Auswertung ist über-
Haupt eine Aufgabe für die Dichter, besonders die Humoristen!"
Und ’s Dirndl schmirbt Schmeinschmalz
Im G’sicht umanand,
Stellt si' recht leidi' o,
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Und denkt si’: „Der sakrische.
Narrische Bua,
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As Schmalzhaferl laar.“
Fankerl
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die schwache Stunde kommt für jeden. Da wird er dumm und lässt mit sich reden"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1927
Entstehungsdatum (normiert)
1922 - 1932
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 166.1927, Nr. 4260, S. 154
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg