Der verschenkte Geburtstag
Liner sagt:
Fragment
Gestern hatte sie nun ihren fünften Ge-
burtstag, die kleine Brigitte. Die Eltern
batten ihr einen Tisch zurecht gemacht. Die
ersten Frühlingsblumen standen darauf und
fünf Kerzen, die nur so funkelten vor lauter
Festlichkeit. Der Vater hatte ihr einen luftigen
Brief geschrieben, den derPostbote eigenhändig
ihr übergeben mußte. Und dann waren noch
ein Bilderbuch da, ei» großer, bunter, hölzerner
Vogel, ei» großes Ei und Schokolade.
Sie stand und sah so glücklich in das goldene
Flackern der Lichter. Draußen, vorm Fenster,
zwitscherte ein Vogel. Und plötzlich geht die
kleine Brigitte zu ihrem Vater, greift zärtlich
seine Hand und sagt: „Ach, ich möchte dir so
gerne meinen Geburtstag schenken." — —
Und wie sie das sagt, da ist'e dem Vater,
als ob er mit der kleinen Brigitte auf einer
Himmelsleiter steht; und am Ende der Him-
melsleiter steht Gott und nickt der kleinen Brigitte und dem Vater
zu. — Und draußen, vorm Fenster, wird der Frühling immer schöner.
Mar Iunqnickel
Was die Frauen am häufigsten unglücklich
macht: ein Stückchen zuviel Herz — ein bis-
chen zu wenig Mut. «.
Der Ame isenbaufen
Ein großer Ameisenhaufen war fast voll-
ständig zerstört. Da kamen die Ameisen zu-
sammen und berieten wie der allgemeinen
Not gesteuert werden könnte. Eine große An-
zahl vertrat die Ansicht, daß man nunmehr
erst ganzen Bau vernichten müffe, sonst
wäre kein Wiederaufbau möglich. Nachdem
diese mit Mühe und Not an ihrem Vorhaben
gehindert waren, erhoben andere ihre Stimme
und sagten, man dürfe nur mit Fichtennadeln
den Aufbau vornehmen, wohingegen andere
mit Nachdruck äußerten, man könne auch an-
deres Baumaterial nehmen. Ferner prallten
die Meinungen über die Form des neuen
Haufens scharf aufeinander. Die einen wünschten ihn flacher und die
anderen höher. Und während hierüber ein heißer Kampf entbrannte,
kam ein heftiger Platzregen und
schwemmte mit den Resten des Hau-
fens das törichte Ameisenvolk fort.
W.
Wen» ich nicht immer träumen wollte.
Was war’ ich dann!
Vielleicht ein sehr gelehrter Mann.
Den jeder Bürger grüßen sollte
Und säße gar im Magistrat.
Stolzierte würdig durch die Stadt,
Daß der und jener heimlich grollte. -
Was aber bin ich so!
Der Alles-aus den Wolken-Träumer,
Nichtshaber und die Zeit-Versäumer,
Und dennoch heimlich Eigentümer
Ganz unschätzbarer Heiligtümer!
Bin immer auf romantischer Fahrt
Durch nie vorhandene Gegenwart
Nach Nirgend wann und Nirgendwo.
Ich bin der Bruder Immerfroh;
Der reist in seinem Träumehaus
Und lacht tief unten die Menschlein aus.
H. v. >>.
Richtigstellung
„DeinMann hat im Cafe erzählt,
er läßt sich von dir scheiden; denn
ihr paßt nicht zusammen."
„So ein Trottel — wir pasien
doch ganz gut zusammen."
Zeit genug
Ein Herr wartet am bereits zur
Abfahrt fertigftehenden Zuge auf
seinen Gepäckträger: „Mensch, wa-
rum kommen Sie denn eine halbe
Minute vor Abfahrt des Zuges?"
„Wat heeßt,halbe Minute^, in der
Zeit trinke ich noch drei Kognacks!"
Bezeichnend
Pfarrer: „Die Teilnahme, die
Ihnen beim Ableben Ihrer Frau
von allen Seiten erwiesen wurde,
muß Ihnen doch ein rechter Trost
gewesen sein."
Bauer: „Ah, Hochwürden, die
gönnen mir 's doch alle mitein-
ander nit."
Das Phänomen. Nu fähnfe! Unser klucher Jumbo kriecht dachdächlich so viele Rächenaufgaben
vorgelegt, daß er sich einbildet, er wär 'n Kondohr!
Der Gipfel
Geschäftsreisender: „.. Mit die-
sem Rasierapparat kann sich wirklich
jedes kleine Kind selbst rasieren."
184
Liner sagt:
Fragment
Gestern hatte sie nun ihren fünften Ge-
burtstag, die kleine Brigitte. Die Eltern
batten ihr einen Tisch zurecht gemacht. Die
ersten Frühlingsblumen standen darauf und
fünf Kerzen, die nur so funkelten vor lauter
Festlichkeit. Der Vater hatte ihr einen luftigen
Brief geschrieben, den derPostbote eigenhändig
ihr übergeben mußte. Und dann waren noch
ein Bilderbuch da, ei» großer, bunter, hölzerner
Vogel, ei» großes Ei und Schokolade.
Sie stand und sah so glücklich in das goldene
Flackern der Lichter. Draußen, vorm Fenster,
zwitscherte ein Vogel. Und plötzlich geht die
kleine Brigitte zu ihrem Vater, greift zärtlich
seine Hand und sagt: „Ach, ich möchte dir so
gerne meinen Geburtstag schenken." — —
Und wie sie das sagt, da ist'e dem Vater,
als ob er mit der kleinen Brigitte auf einer
Himmelsleiter steht; und am Ende der Him-
melsleiter steht Gott und nickt der kleinen Brigitte und dem Vater
zu. — Und draußen, vorm Fenster, wird der Frühling immer schöner.
Mar Iunqnickel
Was die Frauen am häufigsten unglücklich
macht: ein Stückchen zuviel Herz — ein bis-
chen zu wenig Mut. «.
Der Ame isenbaufen
Ein großer Ameisenhaufen war fast voll-
ständig zerstört. Da kamen die Ameisen zu-
sammen und berieten wie der allgemeinen
Not gesteuert werden könnte. Eine große An-
zahl vertrat die Ansicht, daß man nunmehr
erst ganzen Bau vernichten müffe, sonst
wäre kein Wiederaufbau möglich. Nachdem
diese mit Mühe und Not an ihrem Vorhaben
gehindert waren, erhoben andere ihre Stimme
und sagten, man dürfe nur mit Fichtennadeln
den Aufbau vornehmen, wohingegen andere
mit Nachdruck äußerten, man könne auch an-
deres Baumaterial nehmen. Ferner prallten
die Meinungen über die Form des neuen
Haufens scharf aufeinander. Die einen wünschten ihn flacher und die
anderen höher. Und während hierüber ein heißer Kampf entbrannte,
kam ein heftiger Platzregen und
schwemmte mit den Resten des Hau-
fens das törichte Ameisenvolk fort.
W.
Wen» ich nicht immer träumen wollte.
Was war’ ich dann!
Vielleicht ein sehr gelehrter Mann.
Den jeder Bürger grüßen sollte
Und säße gar im Magistrat.
Stolzierte würdig durch die Stadt,
Daß der und jener heimlich grollte. -
Was aber bin ich so!
Der Alles-aus den Wolken-Träumer,
Nichtshaber und die Zeit-Versäumer,
Und dennoch heimlich Eigentümer
Ganz unschätzbarer Heiligtümer!
Bin immer auf romantischer Fahrt
Durch nie vorhandene Gegenwart
Nach Nirgend wann und Nirgendwo.
Ich bin der Bruder Immerfroh;
Der reist in seinem Träumehaus
Und lacht tief unten die Menschlein aus.
H. v. >>.
Richtigstellung
„DeinMann hat im Cafe erzählt,
er läßt sich von dir scheiden; denn
ihr paßt nicht zusammen."
„So ein Trottel — wir pasien
doch ganz gut zusammen."
Zeit genug
Ein Herr wartet am bereits zur
Abfahrt fertigftehenden Zuge auf
seinen Gepäckträger: „Mensch, wa-
rum kommen Sie denn eine halbe
Minute vor Abfahrt des Zuges?"
„Wat heeßt,halbe Minute^, in der
Zeit trinke ich noch drei Kognacks!"
Bezeichnend
Pfarrer: „Die Teilnahme, die
Ihnen beim Ableben Ihrer Frau
von allen Seiten erwiesen wurde,
muß Ihnen doch ein rechter Trost
gewesen sein."
Bauer: „Ah, Hochwürden, die
gönnen mir 's doch alle mitein-
ander nit."
Das Phänomen. Nu fähnfe! Unser klucher Jumbo kriecht dachdächlich so viele Rächenaufgaben
vorgelegt, daß er sich einbildet, er wär 'n Kondohr!
Der Gipfel
Geschäftsreisender: „.. Mit die-
sem Rasierapparat kann sich wirklich
jedes kleine Kind selbst rasieren."
184
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Das Phänomen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1927
Entstehungsdatum (normiert)
1922 - 1932
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 166.1927, Nr. 4263, S. 184
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg