Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Patsch!

So vergnügt und freundlick er, der König,
war, so steif, erhaben, unnahbar war sie, die
Königin.

Bei des Königs Audienzen faß sie wie
gefroren da. Kaum daß es ihre Würde zu-
ließ, ihre Augendeckel hoheitsvoll ein wenig
auf- und abzuklappen. Aber ihre Hände je
einmal bewegt gefebn zu haben, desien konnte
sick bei Hof nicht einer rühmen.

Nickt «inmal der König
selber.

Es fei eine Krankheit, sagte
ihm der Leibarzt. Eine Krank-
heit, die gern solcheLeute über-
falle, welche, ohne eigne Wür-
de, in der Nähe einer solchen
leben, wie zum Beispiel Kam-
merdiener, Oberkellner, Por-
tiers und so weiter. Also lau-
ter Leute, die sich etwas zu ver-
gebenglauben,wennsie wären,
wie sie Gott erschaffen bat.

Der König seufzte. Ver-
gebens, daß er ihre Steisheit
durch vermehrte eigene Leut-
seligkeiten auszugleicke» such-
te, er selber kam aus jeden
Fall zu kurz. Nie, daß sie ihm
ein menschlich heitres Wört-
lein, eine» Patsch gegeben
oder gar den Königshals um-
schlungen hätte.

Da er ein moderner König
war, erließ er ein modernes
Preisausschreiben: Wer be-
wirken könne, daß die Königin
in einer Audienz die Hände
hebe und dazu ein „Patsch!"vernehmen ließe, der bekäme dies und
das und jenes.

Herr du meine Güte, haben sich die Preisbewerber damals in den
Audienzen das Gesicht verrenkt und ihre Münder fransig geredet —
die Königin blieb starr und steif. Nicht ein Haar aus ihren Wimpern
hatte sich gerührt.

Der König wandte sich an seinen Narren: „Alle haben sich be-
worben, wie kommt es, daß du es nicht getan hast, dessen Amt es
wäre, Menschlichkeiten aller Art an meinem Hofe zu verbreiten?"

„Eben darum, weil es meines Amtes wäre", sagte der Narr.

„Das versteht nun einer", sagte der moderne König.

„Bitte, laut Gesetzbuch hat ein Angestellter für Erfindungen inner-
halb seiner Berufspstichten keinerlei Extravergütung zu beanspruchen.
Ich hätte also nur die Plage. Und des ausgelobten Preises wegen
bliebe mir der Narrenschnabel sauber."

„Hm, das beiße ich ein vorsichtiges Narrentum."

„Bitte, nur modern wie unser ganzes Königreich."

„Gut, ich gebe es dir schriftlich, daß auch
du bepreist wirst, wenn es dir gelänge, -
jaja, ich komme, Norbert - ist es denn schon
Zeit für Audienzen?"

„Der Ministerpräsident steht vor dem
leeren Thron", belehrte ihn der Kammer-
diener, „und auf dem andren sitzt die Königin
und - und — "

„ — starrt vereist, ich kann mir'ö denken
- Narr,willst du's diesmal schonprobieren?"

,Einen Augenblick", sagte
der Narr, wandte sich und
machte ein paar weitausholen-
de Bewegungen über den Tep-
pichen aufBodenundWänden.

Die Audienz verlief, wie
alle vorher. Vielleicht noch
einen Schatten steifer, weil
der Narr noch langweiliger
dastand, als die Königin da-
saß.

Schon verbeugte sich der
Präsident zum Abschied, als
der König sagte: „Wenn das
deine ganzeKunstist,Narr — "
„IaU", sagte der Narr
und gähnte. Dabei bob er
schicklich seineHandzumMund
Die Hand war geballt. Da
sie so den Mund nur halb ver-
deckte, mußte er sie öffnen.

Etwas flimmerte heraus,
flog und schaukelte vor der
Königin aus und ab, auf und
ab. Erst erstarrte die Königin
noch mehr. Dann hoben sich
ihre Augenbrauen, dann die
starren Arme, dann die herb-
geschloff'nen Königinnenlip-
pe»: „Eine Schabe! Eine Schabe!" Und zwei Frauenbünde schlugen
ineinander: „Patsch — patsch — patsch!"

Aber immer wieder war die Schabe fortgeflattert. Nach dem
sechsten „Patsch!" hatte sie sich auf des Königs Wange angesetzt
und erlitt beim siebten „Patsch!" aus dieser hoben Stelle die Er-
füllung ihres Schicksals. Den» älter als der Königinnen Würde ist
der Frauen Stellung zu den Schaben. Und älter als der Patsch
auf eines Königs Wange ist das Zärtlichkeitsbedürsnis derMänner,
die eines Weibes leichten Klaps als Auftakt zur ersehnten Liebe
deuten. — Sodaß der Narr als Sieger aus dem Wettbewerb her-

VOkgtNA. Fritz Müller-Partenkirchen

Die Gerichtsstrafe

„Heute habe ich für ein vor Monaten geführtes Ferngespräch
fünfzig Mark bezahlen müssen!"

„Das muß ein langes Gespräch gewesen sein!" - „Ach wo, ich
habe nur das Fräulein vom Amt eine dumme Gans a«nnnn»>"

SEHNSUCHT

Einsam unter wandelnden Gestirnen.
Träume irren in die Nacht hinaus,
ln den Wäldern unter Silberfirnen
Klingt ein Singen aus.

Tausche, Seele, die in seltsam leisen,
Wundervollen Melodien schwingt,

Ob nicht deines Sehne ns stillen Weisen
Eine Antwort klingt.

V. A.

A m or u n d Pa y ch e

50
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Amor und Psyche"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Geis, Josef
Entstehungsdatum
um 1928
Entstehungsdatum (normiert)
1923 - 1933
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 168.1928, Nr. 4304, S. 50

Beziehungen

Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
 
Annotationen