Sonderspesen
Professor: „Hier steht am Schlüsse
der Rechnung „Nachtrag — 5 Mark“
was soll das bedeuten?“
Oberkellner: „Das ist für die ver-
gessenen Sachen,-die Ihnen der Aus-
geher immer hat nachtragen müssen!“
D i e Ähr
In Dimmelsdors war die Gemeindevertretung — als konservativ
bekannt - abhold jeder Neuerung. Es mußte schon etwas ganz be-
sonderes sein, wenn es Gnade finden sollte. Solch ein Ausnahmssall
stand nach der Sachlage bei der nächsten Gemeindesitzung in Aus-
sicht; denn aus der Tagesordnung stand als Programmpunkt das
Anerbieten der nabe begüterten Herrschaft Sondersbausen, für das
Gemeindehaus eine noch fehlende Uhr zu spenden. Ein Mitglied der
Gemeindevertretung, ein Lehrer, batte die Einbringung des Antrages
übernommen, hoffend, daß solch Verdienst ibm hoch angerechnet und
in den Annalen der Ortschronik zum Ausdruck kommen würde. So
'Hub er denn in der denkwürdigen Sitzung an, daß es ihm zur be-
sonderen Ehre gereiche, von der Herrschaft ermächtigt zn sein, einer
hohen Gemeindevertretung das hochherzige Anerbieten bekannt zu
geben, eine Turmuhr für das Gemeinde-
haus spenden zu wolle», vorausgesetzt, daß
man sich-wie ja nicht zu bezweifeln sei—
lediglich der Formalität Kälber damit ein-
verstanden erkläre. Er schlage vor, daß eine
Deputation, die er gerne führen wolle, der
Herrschaft spontan Freude und Dank zum
Ausdruck bringe, und daß die hochherzig«
Spende stets Anhänglichkeit und Loyalität
auslösen werde. Mir seinen Ausführungen
kaum zu Ende, stand er erschrocken da, als
er sab, daß seine Worte statt freudiger Zu-
stimmung nur Widerspruch und Unmut
ausgelöst hatte», die sich gegen Ende seiner
Rede schon wie ein heranziehendes Un-
wetter bemerkbar machten.
„Nein," fuhr einer plötzlich drein, „so dumm sind wir nicht, daß
wir die Uhr annehmen! Wir wolle» nicht der Herrschaft verpflichtet
werden. Übrigens, wer wird die Kosten für die Anbringung und
künftige Reparaturen tragen?" Der Lehrer erbot sich, bei der Herr-
schaft vorstellig zu werden, daß sie diese Kosten auf sich nehme. „Schon
gut," meinte ein andrer. „Wer aber wird das Ausziehen der Uhr
übernehmen und sorgen, daß sie immer recht geht?" Der Lehrer,
besorgt, mit seinem Antrag zu unterliegen, erklärte sich bereit, even-
tuell das Aufziehen selbst zu übernehmen und hoffte nun die Oppo-
sition zum Schweigen gebracht zu haben, als überlegen einer heraus-
platzte: „Recht schön, Herr Lehrer, solange Sie leben. Aber wer
wird die Uhr nach Ihrem Tode aufziehen?"
Der Antrag mußte solchermaßen in Anbetracht so wichtiger Argu-
mente abgelebnt werden.
Kindergemüt
Vati ist ausgegangen und kommt noch
nicht nach Hause, trotzdem es schon spät
geworden ist. Der kleine Heinz-Georg wacht
auf und merkt, daß seine Mutti deshalb
besorgt ist. Da tröstet er sie mit den Wor-
ten : „Sei nur ruhig, Muttchen," wenn
unserm Vati etwas passiert ist, dann lesen
wir es ja morgen früh in der Zeitung."
Zu viel verlangt
Er (verliebt): „Wunschlos glücklich bin
ich! Du auch?"
Sie (schmollend): „Aber Schatz, so kurz
vor meinem Geburtstag?"
Drei Geschwister
Was ist der Witz ? Ein plötzlich leuchtend Funkeln,
Ein Feuerwerk, das rasch verlöscht im Dunkeln!
Was ist Satire? Grelles, kaltes Licht!
Tut weh dem Auge, doch es leuchtet nicht,
Man schlicht die Wimpern, blinzelt scheu hinein
Und birgt die Blöhe vor dem harten Schein.
Was ist Humor? Wenn eine Lampe strahlt
Und warmes Leuchten auf die Wände malt.
Die ganze Stube wird so traulich hold,
Die Messingkanne glänzt wie eitel Gold,
Der kahle Winkel scheint dir rund und weich,
Der arme Hausrat beinah' fürstlich reich,
Der dürre Gram, der deinen Frohsinn brach,
Eilt hurtig der entfloh'nen Sorge nach. E. S».
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Professor: „Hier steht am Schlüsse
der Rechnung „Nachtrag — 5 Mark“
was soll das bedeuten?“
Oberkellner: „Das ist für die ver-
gessenen Sachen,-die Ihnen der Aus-
geher immer hat nachtragen müssen!“
D i e Ähr
In Dimmelsdors war die Gemeindevertretung — als konservativ
bekannt - abhold jeder Neuerung. Es mußte schon etwas ganz be-
sonderes sein, wenn es Gnade finden sollte. Solch ein Ausnahmssall
stand nach der Sachlage bei der nächsten Gemeindesitzung in Aus-
sicht; denn aus der Tagesordnung stand als Programmpunkt das
Anerbieten der nabe begüterten Herrschaft Sondersbausen, für das
Gemeindehaus eine noch fehlende Uhr zu spenden. Ein Mitglied der
Gemeindevertretung, ein Lehrer, batte die Einbringung des Antrages
übernommen, hoffend, daß solch Verdienst ibm hoch angerechnet und
in den Annalen der Ortschronik zum Ausdruck kommen würde. So
'Hub er denn in der denkwürdigen Sitzung an, daß es ihm zur be-
sonderen Ehre gereiche, von der Herrschaft ermächtigt zn sein, einer
hohen Gemeindevertretung das hochherzige Anerbieten bekannt zu
geben, eine Turmuhr für das Gemeinde-
haus spenden zu wolle», vorausgesetzt, daß
man sich-wie ja nicht zu bezweifeln sei—
lediglich der Formalität Kälber damit ein-
verstanden erkläre. Er schlage vor, daß eine
Deputation, die er gerne führen wolle, der
Herrschaft spontan Freude und Dank zum
Ausdruck bringe, und daß die hochherzig«
Spende stets Anhänglichkeit und Loyalität
auslösen werde. Mir seinen Ausführungen
kaum zu Ende, stand er erschrocken da, als
er sab, daß seine Worte statt freudiger Zu-
stimmung nur Widerspruch und Unmut
ausgelöst hatte», die sich gegen Ende seiner
Rede schon wie ein heranziehendes Un-
wetter bemerkbar machten.
„Nein," fuhr einer plötzlich drein, „so dumm sind wir nicht, daß
wir die Uhr annehmen! Wir wolle» nicht der Herrschaft verpflichtet
werden. Übrigens, wer wird die Kosten für die Anbringung und
künftige Reparaturen tragen?" Der Lehrer erbot sich, bei der Herr-
schaft vorstellig zu werden, daß sie diese Kosten auf sich nehme. „Schon
gut," meinte ein andrer. „Wer aber wird das Ausziehen der Uhr
übernehmen und sorgen, daß sie immer recht geht?" Der Lehrer,
besorgt, mit seinem Antrag zu unterliegen, erklärte sich bereit, even-
tuell das Aufziehen selbst zu übernehmen und hoffte nun die Oppo-
sition zum Schweigen gebracht zu haben, als überlegen einer heraus-
platzte: „Recht schön, Herr Lehrer, solange Sie leben. Aber wer
wird die Uhr nach Ihrem Tode aufziehen?"
Der Antrag mußte solchermaßen in Anbetracht so wichtiger Argu-
mente abgelebnt werden.
Kindergemüt
Vati ist ausgegangen und kommt noch
nicht nach Hause, trotzdem es schon spät
geworden ist. Der kleine Heinz-Georg wacht
auf und merkt, daß seine Mutti deshalb
besorgt ist. Da tröstet er sie mit den Wor-
ten : „Sei nur ruhig, Muttchen," wenn
unserm Vati etwas passiert ist, dann lesen
wir es ja morgen früh in der Zeitung."
Zu viel verlangt
Er (verliebt): „Wunschlos glücklich bin
ich! Du auch?"
Sie (schmollend): „Aber Schatz, so kurz
vor meinem Geburtstag?"
Drei Geschwister
Was ist der Witz ? Ein plötzlich leuchtend Funkeln,
Ein Feuerwerk, das rasch verlöscht im Dunkeln!
Was ist Satire? Grelles, kaltes Licht!
Tut weh dem Auge, doch es leuchtet nicht,
Man schlicht die Wimpern, blinzelt scheu hinein
Und birgt die Blöhe vor dem harten Schein.
Was ist Humor? Wenn eine Lampe strahlt
Und warmes Leuchten auf die Wände malt.
Die ganze Stube wird so traulich hold,
Die Messingkanne glänzt wie eitel Gold,
Der kahle Winkel scheint dir rund und weich,
Der arme Hausrat beinah' fürstlich reich,
Der dürre Gram, der deinen Frohsinn brach,
Eilt hurtig der entfloh'nen Sorge nach. E. S».
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Sonderspesen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1928
Entstehungsdatum (normiert)
1923 - 1933
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 168.1928, Nr. 4308, S. 103
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg