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Der Ochsenschwoaf

Der Schedlbauer von Bracklbach batte einen Ochsen und
der Plenagl von Wazling hatte auch einen Ochsen. Das waren
die zwei größten Ochsen in weitem Umkreis, zwei Prachterem-
plare. Sie glichen einander vom Maul bis zur Schwanzspitze
wie ein Ei dem anderen und batten ein ideales Gespann ab-
gegeben. Der Schedlbauer hätte zu gern den Ochsen des Ple-
nagl gehabt; denn er setzte seinen Stolz darein die schönsten
Zugtiere zu besitzen. Aber der Plenagl, der alte Schlauberger,
kannte diese noble Passion seines Freundes und verlangte einen
geradezu unverschämten Preis. Der Schmuser, der Vichdröckl,
gab sich umsonst alle Mühe die zwei Ochsen zusammenzubringrn.

Der Vichdröckl hieß nebenbei bemerkt mit seinem richtigen
Namen Vitus Röckl. Er zeichnete seine Verträge immer mit
Vit Röckl und seine Zeitgenoffen nannten ihn, zwar in voll-
ständiger Verkennung der Etymologie dieser Schreibweise,
aber doch nicht unzutreffend, den Vichdröckl.

Eines Sonntags waren die zwei Ochsenbauern im Wirts-
haus. Der Vichdröckl machte sich draußen an den Schedlbauer
heran. „Schedlbauer," sagte er, „der Plenagl Kat schon an
kloan Dampus, beut könnt 's was werdn mit 'm Kaf." Der
Schedlbauer blinzelte und drückte dem Schmuser einen Zehn-
markschein in die Hand. Bald darauf kam der Plenagl an den

Zeichensprache

„Hat denn der fremde Herr, der nach mir fragt«, gar nicht gesagt,
was er wollte?"

„Gfagt hat ers nicht, er bat mich bloß so — in' Arm zwickt."


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O diese Fremdwörter!

„Denken S' Ihn«, Frau Steindlmüller, vierz'g Mark! muß i' zahln
für zwoa Zimmert im vierten Stock; i' wollt nir sag'n, wenn'» mitten
in der Stadt wär, aber da berauhen an der Perfiderie!"

Tisch des Vichdröckl und flüsterte ihm zu: „Vichdröckl, der
Schedlbauer is schon a weng lusti, heut könnt 's gehn mit 'm
Kaf." Und er drückte dem Vichdröckl einen Zwanzigmarkschein
in die Hand. Das gab dem Vichdröckl die Richtlinien. Er
machte sich ans Werk und durch seine bezwingende Beredsam-
keit, unterstützt durch einige Glasl Schnaps, die er dem Schedl-
bauer ins Bier schüttete, so oft dieser hinausging, erreichte er,
daß sich die Bauern auf einen Preis von 2000 Mark einigten.

In später Stunde wankte der Schedlbauer heimwärts. Der
Vichdröckl begleitete ihn. Die frische Nachtluft wirkte sofort er-
nüchternd auf den glücklichen Preisochsenbesitzer.

„Ieffas, Icffas," jammerte er, „zwoatausend Mark für an
Ochsen; 's Wei wenn 's hört, die derschlagt mi ja. Vichdröckl,
dös gebt net, dös muaß rückläufi g'macht werd'n." — „Dös
geht nimm«" sagt« der Vichdröckl, „g'handelt is g'handelt."-
„Döe muaß geh," wimmerte der Schedlbauer. Und er griff in
die Tasche. Der Schmuser überzeugte sich beim Schein eines
Schwefelhölzels, daß er einen weiteren Zehnmarkschein aus der
Hand hatte. „Also guat," quittierte er, „aber mach deine Augn
af, wenn der Plenagl den Ochsen bringt!"

Am nächsten Tag kam der Plenagl mit seinem Ochsen. Der
Schedlbauer schaute genau hin und entdeckte sofort, daß der Ochs
einen Schönheitsfehler hatte, der tagsvorher noch nicht vor-
handen gewesen war. Es fehlte ihm die Schwanzquaste. Wo die
Haare lieblich flattern sollten, da baumelte traurig ein kahler
Stummel. „I yab den Ochsen kaft mit der Bedingnis, daß er
genau so ausschaut wia der mei. Der Ochs is jetzt verschandelt.
Der paßt nima zum meinigen zun und i nimm 'n net," rief der
Schedlbauer. „Dös geht mi nir o," schrie der Plenagl, „kaft is
kaft, und überhaupt 's, i Hab die Haar net abg'schnittn und dem
OchS feit nir, der is z'wegn dem genau so a ganzer wia du a

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"O diese Fremdwörter!" "Zeichensprache"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stockmann, Hermann
Hesse, Rudolf
Entstehungsdatum
um 1928
Entstehungsdatum (normiert)
1923 - 1933
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 168.1928, Nr. 4323, S. 284

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