Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Erlebnis des Sekretärs Kufahl

zu wandern. „Ach Kufahlchen — — oder heißt es Kufählchen?
Wie sagt Ihre verehrte Frau Gemahlin, wenn sie einer kosenden
Verkleinerungsform des Ihnen geburtsurkundlich zustehenden
Nachnamens sich bedient? Aber nein — - ich will nicht indiskret
nach Geheimniffen trauten Familienlebens fragen. Selber über-
legen! Der Pfahl— das Pfählchen; der Skandal — das Skan'
dälchen; das Tribunal — das Tribunälchen — — na also:
Kufählchen heißt es. Kufählchen, Mensch und Sekretär — da
schimmert ein freundlich lockendes Licht. Der ,Schwarze Walfisch'
zu Askalon ladet uns ein, noch einen Baktrerschnaps zu trinken.
Los, Kufählchen — auf diese Begegnung müssen wir überhaupt
trinken!"

Es handelte sich aber nicht um einen Walfisch, sondern nur
um eine Flunder, und auch nur um die Filiale einer solchen,
nämlich um eine über die ganze Stadt verstreuten Ausschank-
stellen der altberühmten Schnapsfabrik „Zur Flunder". Der Re-
gierungsrat, wie neu gestärkt von diesem Anblick, steuerte sicher
darauf zu und zog den Sekretär mit. Kufahl stieß innerlich ein
Jammergeschrei aus. Entsetzlich war das! Was sollte denn da-
raus werden? Wie würde sich diese Sache morgen ansehen, im
nüchternen Tageslicht? Der Äerr Regierungsrat Dr. von Brenn-
eysen war ein sehr netter Vorgesetzter, nur oft ironisch und geneigt,
um eines guten Witzes willen über irgend einen seiner Sekretäre
die andern lachen zu lassen, aber im Grunde jedenfalls gut. Und

doch: daß du ihn schwach gesehn-. Würde nicht gerade

diese furchtbare Betrunkenheit des Regierungsrats ihren Zeugen,
ihn, den Sekretär Kufahl, in Schwierigkeiten bringen? Es war
doch klar: wenn er, der Sekretär, so betrunken mit dem Büro,
diener Äering zusammen geraten würde — wahrhaftig, er würde
den Bürodiener nie mehr sehen mögen!

Das Lokal war ziemlich leer, nur am Ausschank standen noch
ein paar Gäste. Der Regierungsrat wählte das erste Tischchen
neben der Tür und ries nach Baktrerschnaps, worauf der Auf-
Wärter ohne weitere Frage Cherry Brandy, Goldwasser und
Allasch zur beliebigen Bedienung hinstellte. Dr. von Brenneysen
schenkte — dafür waren seine Äände sehr sicher! — Cherry
Brandy ein. „Prost Kufahlchen — — oder nein: Kufählchen!
Los doch, 'runter damit:

Es rostet die Schiene,

Wenn das Rad nicht läuft.

Dumpf wird des Mannes Miene,

Wenn er nicht ab und zu säuft."

Kufahl schluckte gehorsam; er hatte zwar noch nie — wie wäre
er dazu gekommen! — Galle getrunken, aber der Schnaps schmeckte
ihm wie Galle. Der Regierungsrat goß gleich wieder ein. „Prost,
Kufählchen! Das braucht der Mensch gegen das Leben, denn das
menschliche Leben, Kufählchen, ist eines der schwierigsten und zu-
dem überaus zeitraubend. Kufählchen, Lebensgenosse — daß wir
uns so finden müssen! Darauf müssen wir Schmollis trinken!"

Fachmännisches Urteil

"Man hat mir diesen Gaul zum Kauf angeboren!

Sind Sie Pserdekenner?"

„Jawohl! Das ist ein Schimmel!"

Gedanken eines ehemaligen
„Möblierten Herrn"

„Hier ist ein Zimmer zu vermieten
3m zweiten Stock, bei Witwe Staucht."
— G selig, selig, wer hienieden
Auf so was nicht zu achten braucht!

Da klafft so manche alte Wunde,
Erneut sich manche alte Pein:

Das schlimmste auf dem Erdenrunde
2 st doch, möblierter Herr zu sein!

Wer kennt sie nicht, die Schandkaraffe
Aus Preßglas. 15 Pfennig wert?
Wer trank ihn nie. den Morgenkaffee,
Der einen Vormittag zerstört?

Denk an das Sofa mit den Jranzen,
Denk an den gipsernen Neptun,
Denk an das Bett mit seinen Wanzen,
Die selbst schon gegen Flit immun!

Erinnre dich der weichen Eier,
Erinnre dich des Äohlenschwunds,
Erinnre dich der Witwe Meier
Und des verruchten Hündchens Münz!

Vergiß den Brandfleck im Parkett nicht.
Um den sie jeden Erster, weint'.
Vergiß des Seligen Porträt nicht.
Das dir noch heut im Traum erscheint.

D selig, selig, wer hienieden
An sowas kühl vorbeigehn kann!
„Hier ist ein Zimmer zu vermieten
Parterre links, bei Biedermann."

Purzel Baum

70
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Fachmännisches Urteil"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Claus, Martin
Entstehungsdatum
um 1931
Entstehungsdatum (normiert)
1926 - 1936
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 174.1931, Nr. 4461, S. 70

Beziehungen

Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
 
Annotationen