Organisiertes Jägerpech
Nur zu begreiflich
Der Metzger Brandeiser gibt zur allgemeinen Aeberraschung
sein Geschäft auf und zieht von hier fort. Warum? Weil er diese
unaufhörlichen Länseleien, Witze und Anzüglichkeiten einfach nicht
länger ertragen kann. Und gewitzelt wird auf feine Kosten seit jenem
Anglückstag, wo er den dichtgedrängt in seinem Laden stehenden
Lausfrauen und Kundinnen die Vorzüge feines Ochfenfleisches wahr-
haft enthusiastisch rühmte und feierlich erklärte, daß er einen solchen
Prachtochsen in feinem ganzen Leben noch nicht geschlachtet habe.
In dem Laden stand aber auch ein Mann, der soeben einer der
Frauen erzählte, daß das gepriesene Fleisch aus seinem Stall
stamme, und er deshalb doch auch davon kosten wolle. Die Frau
fragte, ob es ihm denn gar nicht leid getan habe, ein so herrliches
Stück zum Schlachten zu verkaufen, und treuherzig antwortete der
Mann: „Ja mei, was willst da machen,
wenn 's Luder schon bald ein volles
Vierteljahr im Stall steht und keinen
Tropfen Milch mehr gibt!"
Keine Schwierigkeit
Direktor Saffran führt — hinten in
der Provinz — das gewaltige Trauer-
spiel „Ariel Acosta" auf. Run, warum
nickt? Es sind in der Neuzeit viel
schlechtere Stücke aufgeführt worden.
And außerdem ist „Ariel Acosta" recht
zeitgemäß, denn es wird darin Pleite
gemacht.
Fünf Minuten vor Beginn der
Vorstellung wird Direktor Saffran
gemeldet, daß Frau Bleise plötzlich
erkrankt ist und nicht auftreten kann.
Frau Bleise aber sollte die Mutter
des Ariel Acosta spielen. Das Laus
ist gut besucht-unter allen Am-
ständen muß Ersatz her!
Frau Direktor Saffran, die an der
Kasse sitzt, soll dieser Ersatz sein. „An-
möglich I" erklärt sie dem Gatten und
Direktor. „Ich weiß kein Wort von
der Rolle."
„Macht nichts. Wir erklären die
Sache, und du liest die Rolle."
„Ich habe mich doch wieder entlobt, Lerr Aufseher."
„Du bist ja blödsinnig! Lesen! Die Mutter des Acosta ist doch
blind I"
„Macht auch nichts. Da fährst du mit den Fingern über das
Buch, als wenn du Blindenschrift liest."
„Also das ist Ihr Neffe, der Student? Der hat aber viel von Ihnen!"
„So? Lat er Ihnen erzählt, was ich ihm jeden Monat als
Zuschuß zum Wechsel schicke?"
Grünspan kommt zum Essen nach Lause. „Der Briefträger war
da mit 'nem Einschreibebrief," erzählt ihm die Gattin. „An dich
Persönlich. Er hat ihn mir dann aber doch gegeben."
„Ra, und du hast ihn natürlich ausgemacht, nicht wahr?"
"Aber Oskar!" „Also-zeig' ihn her!" Grün-
span beschnüffelt den Brief. Aha, be-
hutsam aufgemacht und wieder zuge-
klebt! denkt er. Aber das sagt er nicht.
Er legt den Brief fort. „Seh ich mir
später an — — sonst Verderb' ich mir
vielleicht den Appetit."
„Nein, nein, Oskar-es steht
nichts Schlimmes drin."
Lieber Kleidung
Einem, der sich gut kleidet, merkt
man's auch nackt an.
Sich gut zu kleiden ist ein Können,
nicht ein Wissen.
Der Mensch gestaltet seine Kleidung,
wie er sie verunstaltet.
Wer „angezogen" wirkt, ist nicht (gut)
gekleidet.
Rich. v. Schaukal
Tie beiden Reisegenoffen hatten
einander ihre Namen genannt. „Mül-
ler" hatte der eine gesagt, der andere
aber: „Sauerschnabel."
„Sauerschnabel?" wiederholte Mül-
ler. „Eigenartig — Hab' ich noch nie ge-
hört. Muß ein ganz seltener Name sein."
„Keineswegs — ich habe noch elf
Brüder."
255
Nur zu begreiflich
Der Metzger Brandeiser gibt zur allgemeinen Aeberraschung
sein Geschäft auf und zieht von hier fort. Warum? Weil er diese
unaufhörlichen Länseleien, Witze und Anzüglichkeiten einfach nicht
länger ertragen kann. Und gewitzelt wird auf feine Kosten seit jenem
Anglückstag, wo er den dichtgedrängt in seinem Laden stehenden
Lausfrauen und Kundinnen die Vorzüge feines Ochfenfleisches wahr-
haft enthusiastisch rühmte und feierlich erklärte, daß er einen solchen
Prachtochsen in feinem ganzen Leben noch nicht geschlachtet habe.
In dem Laden stand aber auch ein Mann, der soeben einer der
Frauen erzählte, daß das gepriesene Fleisch aus seinem Stall
stamme, und er deshalb doch auch davon kosten wolle. Die Frau
fragte, ob es ihm denn gar nicht leid getan habe, ein so herrliches
Stück zum Schlachten zu verkaufen, und treuherzig antwortete der
Mann: „Ja mei, was willst da machen,
wenn 's Luder schon bald ein volles
Vierteljahr im Stall steht und keinen
Tropfen Milch mehr gibt!"
Keine Schwierigkeit
Direktor Saffran führt — hinten in
der Provinz — das gewaltige Trauer-
spiel „Ariel Acosta" auf. Run, warum
nickt? Es sind in der Neuzeit viel
schlechtere Stücke aufgeführt worden.
And außerdem ist „Ariel Acosta" recht
zeitgemäß, denn es wird darin Pleite
gemacht.
Fünf Minuten vor Beginn der
Vorstellung wird Direktor Saffran
gemeldet, daß Frau Bleise plötzlich
erkrankt ist und nicht auftreten kann.
Frau Bleise aber sollte die Mutter
des Ariel Acosta spielen. Das Laus
ist gut besucht-unter allen Am-
ständen muß Ersatz her!
Frau Direktor Saffran, die an der
Kasse sitzt, soll dieser Ersatz sein. „An-
möglich I" erklärt sie dem Gatten und
Direktor. „Ich weiß kein Wort von
der Rolle."
„Macht nichts. Wir erklären die
Sache, und du liest die Rolle."
„Ich habe mich doch wieder entlobt, Lerr Aufseher."
„Du bist ja blödsinnig! Lesen! Die Mutter des Acosta ist doch
blind I"
„Macht auch nichts. Da fährst du mit den Fingern über das
Buch, als wenn du Blindenschrift liest."
„Also das ist Ihr Neffe, der Student? Der hat aber viel von Ihnen!"
„So? Lat er Ihnen erzählt, was ich ihm jeden Monat als
Zuschuß zum Wechsel schicke?"
Grünspan kommt zum Essen nach Lause. „Der Briefträger war
da mit 'nem Einschreibebrief," erzählt ihm die Gattin. „An dich
Persönlich. Er hat ihn mir dann aber doch gegeben."
„Ra, und du hast ihn natürlich ausgemacht, nicht wahr?"
"Aber Oskar!" „Also-zeig' ihn her!" Grün-
span beschnüffelt den Brief. Aha, be-
hutsam aufgemacht und wieder zuge-
klebt! denkt er. Aber das sagt er nicht.
Er legt den Brief fort. „Seh ich mir
später an — — sonst Verderb' ich mir
vielleicht den Appetit."
„Nein, nein, Oskar-es steht
nichts Schlimmes drin."
Lieber Kleidung
Einem, der sich gut kleidet, merkt
man's auch nackt an.
Sich gut zu kleiden ist ein Können,
nicht ein Wissen.
Der Mensch gestaltet seine Kleidung,
wie er sie verunstaltet.
Wer „angezogen" wirkt, ist nicht (gut)
gekleidet.
Rich. v. Schaukal
Tie beiden Reisegenoffen hatten
einander ihre Namen genannt. „Mül-
ler" hatte der eine gesagt, der andere
aber: „Sauerschnabel."
„Sauerschnabel?" wiederholte Mül-
ler. „Eigenartig — Hab' ich noch nie ge-
hört. Muß ein ganz seltener Name sein."
„Keineswegs — ich habe noch elf
Brüder."
255
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Organisiertes Jägerpech" "Ich habe mich doch wieder entlobt, Herr Aufseher"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Kommentar
Bauer
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1934
Entstehungsdatum (normiert)
1929 - 1939
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 180.1934, Nr. 4629, S. 255
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg