Nachricht für einen Lerrn SiebenfeL
Lerr, der es sehr eilig zu haben scheint, springt heraus und flattert
auf den Türhüter zu. „Moment mal, Lerr Portier! Ich bin der
Doktor Schröder — Arzt! Lier bei Ihnen muß jetzt ein Lerr Sieben-
feld fltzen. Dem muß sofort was bestellt werden, der soll gleich
nach Lause."
„Ick kenn' ihn doch nich'!" weicht der Portier aus. Eine Be-
stellung während der Vorstellung ist noch nie in den „Lelios-Licht-
spielen" ausgerichtet worden, und er würde das auch glatt ablehnen,
wenn der Lerr nicht im Auto gekommen wäre. And außerdem nicht
ein Arzt wäre.
„Sie müssen ihn im Publikum aufrufenl Sie müssen ihm die
Nachricht zurufen, auch wenn Sie deshalb eine Pause eintreten
lassen müssen. Ist ja überhaupt unerhört, daß Siebenfeld nicht zu
Lause geblieben ist. Seit dem frühen Morgen hat er sich nicht mehr
sehen lassen. Nämlich-kommen Sie mal her, Lerr Portier!"
Einige Neugierige sind stehen geblieben; der eilige Lerr zieht des-
halb den Portier in den Kino-Eingang zurück und flüstert ihm seine
Nachricht zu. „Donner!" sagt der Portier. „Det is freilich 'ne Sache!
Wird sofort jemacht, Lerr Doktor-muß bloß erst mit dem
Vorführer sprechen. Also Siebenfeld ist der Name. Na, een Trinkjeld
wird er mir ja nich' vor Freude jeden."
Das Auto fährt weiter.-
Drinnen aus seinem Platz im Zentrum sitzt Siebenfeld ahnungs-
los und ist jetzt ganz gewaltig ergriffen, denn der Leidensweg hat
nunmehr seine Löhe erreicht. Der reiche, aber widerliche Kerl zeigt
„Rein, Oskar, du kommst nicht mit in die Klamm. Du warst
neulich schon so nervös, als bei uns der Wasserhahn tropfte."
„Liebling, hör Kal, wie mein Lerz klopft!
So freue ich mich über deinen Anruf."
sich nicht nur als schändlicher Gatte, sondern auch als schlechter
Vater. Ein Kindchen ist ihm von der unglücklichen Gattin geschenkt
worden, aber er verläßt gefühllos das Laus, um häßlichen Ver-
gnügungen nachzugehen. Groß ist die Empörung im Publikum; die
Frauen ballen die Lände, die Mädchen schluchzen.
Da — die Vorführung bricht ab; der Raum wird erhellt. Der
Portier erscheint, marschiert während allgemeiner Spannung den
Seitengang hinunter bis vorn an die Rampe, wendet sich der Menge
zu und brüllt: „Lerr Siebenfeld wird gewünscht! Wo ist Lerr
Stebenfeld?"
Siebenfeld zuckt zusammen, als er seinen Namen so schreien hört.
Er kann nicht einmal denken: „Was ist denn los? Was soll das
bedeuten?"-ganz automatisch erhebt er sich, als würde er an
den Laaren in die Löhe gezogen. So — da steht er, und alle Leute,
die wenigen Männer und die vielen Frauen und Mädchen, starren
ihn an. Ihm ist zu Mute, als wäre gegen ihn eine steckbriefliche
Verfolgung im Gange gewesen, die jetzt ihr erfolgreiches Ende er-
reicht habe.
„Lerr Siebenfeld, Sie sollen sofort nach Lause kommen!" brüllt
der Portier. „Ihre Frau hat Drillinge bekommen!"
Das Publikum benimmt sich würdig, es starrt ergriffen; nur
aus einer Ecke kommt ein Ruf: „Au wei!"
Am Siebenfeld dreht sich der Saal; alle ihm zugewandten Ge-
sichter scheinen ihm verzerrt. „Wer hat das angestellt?" denkt er.
„Das ist ja eine Gemeinheit!" And dann schreit er es laut heraus:
„Das ist eine Gemeinheit!"
Aber das wird mißverstanden und von der Menge sehr Übel
ausgenommen. Man ist der Meinung, der frische Drillingsvater sei
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Lerr, der es sehr eilig zu haben scheint, springt heraus und flattert
auf den Türhüter zu. „Moment mal, Lerr Portier! Ich bin der
Doktor Schröder — Arzt! Lier bei Ihnen muß jetzt ein Lerr Sieben-
feld fltzen. Dem muß sofort was bestellt werden, der soll gleich
nach Lause."
„Ick kenn' ihn doch nich'!" weicht der Portier aus. Eine Be-
stellung während der Vorstellung ist noch nie in den „Lelios-Licht-
spielen" ausgerichtet worden, und er würde das auch glatt ablehnen,
wenn der Lerr nicht im Auto gekommen wäre. And außerdem nicht
ein Arzt wäre.
„Sie müssen ihn im Publikum aufrufenl Sie müssen ihm die
Nachricht zurufen, auch wenn Sie deshalb eine Pause eintreten
lassen müssen. Ist ja überhaupt unerhört, daß Siebenfeld nicht zu
Lause geblieben ist. Seit dem frühen Morgen hat er sich nicht mehr
sehen lassen. Nämlich-kommen Sie mal her, Lerr Portier!"
Einige Neugierige sind stehen geblieben; der eilige Lerr zieht des-
halb den Portier in den Kino-Eingang zurück und flüstert ihm seine
Nachricht zu. „Donner!" sagt der Portier. „Det is freilich 'ne Sache!
Wird sofort jemacht, Lerr Doktor-muß bloß erst mit dem
Vorführer sprechen. Also Siebenfeld ist der Name. Na, een Trinkjeld
wird er mir ja nich' vor Freude jeden."
Das Auto fährt weiter.-
Drinnen aus seinem Platz im Zentrum sitzt Siebenfeld ahnungs-
los und ist jetzt ganz gewaltig ergriffen, denn der Leidensweg hat
nunmehr seine Löhe erreicht. Der reiche, aber widerliche Kerl zeigt
„Rein, Oskar, du kommst nicht mit in die Klamm. Du warst
neulich schon so nervös, als bei uns der Wasserhahn tropfte."
„Liebling, hör Kal, wie mein Lerz klopft!
So freue ich mich über deinen Anruf."
sich nicht nur als schändlicher Gatte, sondern auch als schlechter
Vater. Ein Kindchen ist ihm von der unglücklichen Gattin geschenkt
worden, aber er verläßt gefühllos das Laus, um häßlichen Ver-
gnügungen nachzugehen. Groß ist die Empörung im Publikum; die
Frauen ballen die Lände, die Mädchen schluchzen.
Da — die Vorführung bricht ab; der Raum wird erhellt. Der
Portier erscheint, marschiert während allgemeiner Spannung den
Seitengang hinunter bis vorn an die Rampe, wendet sich der Menge
zu und brüllt: „Lerr Siebenfeld wird gewünscht! Wo ist Lerr
Stebenfeld?"
Siebenfeld zuckt zusammen, als er seinen Namen so schreien hört.
Er kann nicht einmal denken: „Was ist denn los? Was soll das
bedeuten?"-ganz automatisch erhebt er sich, als würde er an
den Laaren in die Löhe gezogen. So — da steht er, und alle Leute,
die wenigen Männer und die vielen Frauen und Mädchen, starren
ihn an. Ihm ist zu Mute, als wäre gegen ihn eine steckbriefliche
Verfolgung im Gange gewesen, die jetzt ihr erfolgreiches Ende er-
reicht habe.
„Lerr Siebenfeld, Sie sollen sofort nach Lause kommen!" brüllt
der Portier. „Ihre Frau hat Drillinge bekommen!"
Das Publikum benimmt sich würdig, es starrt ergriffen; nur
aus einer Ecke kommt ein Ruf: „Au wei!"
Am Siebenfeld dreht sich der Saal; alle ihm zugewandten Ge-
sichter scheinen ihm verzerrt. „Wer hat das angestellt?" denkt er.
„Das ist ja eine Gemeinheit!" And dann schreit er es laut heraus:
„Das ist eine Gemeinheit!"
Aber das wird mißverstanden und von der Menge sehr Übel
ausgenommen. Man ist der Meinung, der frische Drillingsvater sei
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Nein, Oskar, du kommst nicht mit in die Klamm" "Liebling, hör mal, wie mein Herz klopft!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1936
Entstehungsdatum (normiert)
1931 - 1941
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 185.1936, Nr. 4764, S. 327
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg