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Käppen Böhnhaase bezahlt

Käppen Böhnhaase ist ein Bär von Kerl,
mit Muskeln wie Manilatrossen und einer
Stimme wie eine Wurliher-Orgel. Solche Er-
scheinung wirkt natürlich demoralisierend wie
eine geballte Eierhandgranatenladung, und
man kann sich vorstellen, daß es keiner wagt,
sich mit Böhnhaase anzulegen.

Vor einigen Tagen kommt er in sein Stamm-
lokal „Zum kühlen Leizraum", und was muß
er sehen: an seinem gewohnten Platz steht
ein halbvolles Grogglas. Also hat schon ein
anderer von diesem Platz Besitz ergriffen.

Käppen Böhnhaase nimmt ohne Wimper-
zucken das Glas und stellt es auf den Nebentisch.

Der Kellner steht es, wagt aber keinen
Einspruch zu erheben; denn Böhnhaase hat
ihn bei einer ähnlichen Gelegenheit mal so
angehaucht, daß er noch wochenlang nachher,
von Angstträumen gequält, aus dem Schlaf
aufschreckte.

Käppen Böhnhaase rührt gerade im be-
stellten Grog und pafft herausfordernd eine
dicke Rauchwolke aus seinem Brösel, da öffnet
sich die mit „0 0" bezeichnete Tür, und ein
bläßliches, mickriges Männchen betritt das
Lokal.

Er will schon auf den Tisch zu, wo Böhn-
haase so recht breitspurig sitzt; da stockt er
und blickt sich suchend um. Mit spitziger Stimme
wendet er sich an den verlegenen Kellner:

„Sie, Ober, wer hat denn mein Glas fort-
geräumt und meinen Platz besetzt?"

„Na, ich natürlich. Sie eindarmiger Schnei-
dergesellei" orgelt Böhnhaase los. „Paßt
Ihnen das vielleicht nicht? — Ich mein', sonst können Sie mich ja
an die Lust setzen." And er dreht sich halb herum, so als wartet
er nur darauf, daß der andere ihn bei Kopf und Kragen kriegt und
vor die Tür spediert.

Die übrigen Gäste fangen an zu lachen, und das spittelige
Männchen bekommt einen roten Kopf.

Jeder im Lokal ist ja nun überzeugt, daß der Fremde sich
ohne Widerspruch an den Nebentisch setzen wird; denn es gehören
schon ein paar starke Männer dazu, Käppen Böhnhaase unterzu-
kriegen.

„Sie wollen also meinen Platz nicht räumen?" spinnt das Männ-
lein die Unterhaltung weiter.

„Ich denke gar nicht daran I" entgegnet Böhnhaase gemütlich.
„Wenn es Ihnen auf einen kleinen Boxkampf nicht ankommt, können
Sie ja versuchen, mich mit Gewalt wegzudrängeln. Aber das sage
ich Ihnen gleich in aller Freundlichkeit: für Ihre Witwe und Ihre
unversorgten Kinder kann ich dann nichts tun."

„Ich brauche Sie gar nicht anzurühren, Lerr Kapitän," sagt
nun der Fremde ruhig, „und ich wette, daß Sie den Platz, ehe ich
zum dritten Male auf den Tisch klopfe, freiwillig räumen werden!"

Eine Stille bricht aus.

„Das ist gewiß ein Lypnotiseurl" flüstert endlich einer.

Käppen Böhnhaase pustet die Backen auf und kneift die Augen
zusammen. Potz Spill und Spake; sowas ist ihm doch noch nicht
vorgekommenI Dieser Spittelfix da, der aussieht wie Braunbier mit
Spucke, will ihn, Böhnhaase, hinter dem Tisch Hervorkriegen? —
ohne ihn anzurühren sogar? Da kriegt ja selbst der Klabautermann
einen Lachkrampf, den noch kein Fahrensmann je hat lachen sehen.

„Ich halte die Wette!" brüllt er. „Um sechs Grogs geht's;
Windstärke zwölf!"

„Einverstanden!" sagt das Männlein und reckt sich ein wenig,
so als ob jetzt etwas ganz Besonderes käme.

Aller Augen hängen an ihm, und Böhnhaase stemmt zur Vor-

möchte ich's so lassen — meine Braut heißt nämlich Erika."

sicht die Füße gegen die Tischleiste. — Man kann schließlich nie
wissen, mit was für Tricks solche Menschen arbeiten.

Der Fremde blickt Böhnhaase fest in die Augen und haut mit
der geballten Faust zum ersten Mal auf die Tischplatte.

Böhnhaase rührt und rüttelt sich nicht vom Platz.

„Jetzt kommt das zweite Mall" kündigt der Fremde feierlich an.

Wieder saust die Faust auf die Tischplatte.

Die Lälse der Anwesenden recken sich; ihre Augen quellen förm-
lich aus dem Kopf heraus; aber nichts ereignet sich. Käppen Böhn-
haase sitzt fest, als ob er Pech am Losenboden hätte. Grinsend
betrachtet er das dünne Männchen und schmunzelt: „Die sechs
Grogs werden mir billig schmecken. Jetzt hau zum dritten Male,
du fadenscheiniger WindhundI — Ich möchte endlich den gewonnenen
Grog trinken."

Der Fremde hebt die Land — dann aber läßt er sie sinken und
sagt: „Wo steht was davon in unserer Wette, daß ich die drei Male
dicht hinter einander auf den Tisch klopfen muß? Das fällt mir
gar nicht ein. — Nächste Woche komme ich hier wieder vorbei; dann
werde ich zum dritten mal klopfen. Wenn Sie bis dahin den Platz
nicht räumen, Hab' ich die Wette natürlich verloren."

Einen Augenblick ist alles sprachlos; dann bricht wieherndes
Gelächter los.

Käppen Böhnhaase ist baff; aber dann erhebt er sich, räumt
den Platz und donnert: „Sechs Grogs aus meine Kosten, Ober! —
Mit mir soll bloß noch mal einer wetten wollen; aus dem mach'
ich Labskaus!"

And knallend schlägt die Tür hinter ihm ins Schloß. W.G.S.

Einwand

„Man soll anderen Leuten nichts Schlechtes nachsagen."

„Leute muß ich aber einen Aufsatz über Iwan den Schrecklichen

machen, Vater."

„Eigentlich

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Eigentlich möchte ich's so lassen - meine Braut heißt nämlich Erika"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Bauer, Max
Entstehungsdatum
um 1936
Entstehungsdatum (normiert)
1931 - 1941
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 185.1936, Nr. 4766, S. 359

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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