Allerlei Bescherungen
lesen. And dann schließt er
den freundlichen, durchaus an-
gebrachten Wunsch an: „Ich
will aber hoffen, daß ihr nie-
mals in die Lage kommen wer-
det, den Apparat gebrauchen
zu müssen."
Da grinst Sulzfink hämisch:
„Aha, das Ding ist wohl schon
sehr alt; das geht am Ende
nicht mehr richtig."
Emma ist einfältig und
weltfremd, aber eine gute,
brave Lausgehilfin; seit fünf
Jahren dient sie Knolligs treu
und ehrlich.
Was tut also Knollig nach
Beratung mit seiner Gattin?
Er geht auf die Sparkasse, läßt
sich ein Buch für Einma aus-
stellen und zahlt ganze 1T0
Mark ein. And dieses Spar-
kassenbuch wird Emma am
Weihnachtsabend überreicht.
Emma bedankt sich, aber
nicht so, wie Knolligs es er-
wartet haben. Sie scheint so-
gar etwas bekümmert über
das doch noble Geschenk, und
in ihren blauen Augen glänzt
es wässerig. Ja, da kullern
auch schon einige Tränen.
„Aber was ist denn, Emma?"
wundert sich Frau Knollig.
Da jammert Emma: „Ach,
gnä' Frau, ich Hab' doch immer
gehört: Mädchen, die ein
Sparkassenbuch haben, werden
von Leiratsschwindlern be-
gaunert." „
„Wat? Die Berse uff die Pfefferkuchen sind Ihnen zu kurz, liebe Frau?
Iawoll — Sie möchten for drei Iroscben so'n jroßen Pfefferkuchen, det
die janze Ilocke von Schiller druff stehn kann!"
Tante Meta liegt es ge-
wöhnlich fern, bedeutende Auf-
wendungen für Weihnachts-
geschenke zu machen. Aber
diesmal kommt sie zu Güntzels
mit einer großen Vase, einem
herrlichen Erzeugnis der Ke-
ramik. Das Ding muß ein
Leidengeld gekostet haben.
Aber siehe da: die Vase
hat ja eine» Sprung, einen
zwar sehr gut gekitteten
Sprung, der aber natürlich
für den Preis der Vase be-
stimmend gewesen sein muß.
Tante Meta ist also doch spar-
sam gewesen; sie hat eine so-
genannte billige Gelegenheit
gefunden.
Tante Meta merkt, daß es
Güntzels gemerkt haben. And
freundlich lächelnd erklärt sie:
„Ja, Kinder, ich habe euch mal
was Solides schenken wollen,
woran ihr immer Freude habt.
And cs ist doch eine alte Ge-
schichte: wenn eine Sache erst
mal gekittet worden ist, dann
passiert daran so leicht nichts
mehr."
Zweierlei
„Sie reden auch von Weih-
»achtssorgen. Gnädigste; wie-
so das?"
„Natürlich — ob ich alles
kriege, was ich mir wünsche!"
„Meine Sorge ist mehr die:
ob ich alles werde kaufen kön-
nen, was meine Frau sich
wünscht."
Ätlö Von Io Lanns Röster
Es war acht Tage vor Weihnachten, als
Lennemann seine Wohnung betrat. Seine
Wirtin eilte ihm schon in der Tür entgegen.
„Das Grammophon ist geliefert worden,"
sagte sie.
„Das Grammophon? Was für ein
Grammophon?"
„Woher soll ich das wissen? Ich nehme
an. Sie haben ein Grammophon gekauft."
„Ich habe kein Grammophon gekauft!"
„Vor einer Stunde wurde das Gram-
mophon geliefert," beharrte die Wirtin.
Lennemann erschrak:
„Laben Sie etwa bezahlt?"
„Nein. Es war schon bezahlt. Lier ist
die Quittung."
And Lennemann las:
„Ein Grammophon für Lerrn Lennemann.
Betrag zweihundert Mark bezahlt."
Am nächsten Tag wartete die Wirtin be-
reits an der Tür.
„Der Papagei ist gekommen."
„Was für ein Papagei?"
„Sie werden sich eben einen Papagei
gekauft haben."
„Ich habe mir keinen Papagei gekauft!"
schrie Lennemann.
„Der Papagei ist jedenfalls geliefert
worden. Lier ist die Quittung."
And Lennemann las:
„Ein Papagei für Lerrn Lennemann.
Betrag hundert Mark bezahlt."
Lennemann hatte weder einen Papagei
noch ein Grammophon gekauft. Aber sein
Name und seine Adresse stimmte. Lennemann
dachte an alle reichen Freunde, suchte den
Namen des anonymen Spenders. Trotzdem,
wer etwas schenkt, nennt seinen Namen.
Auch zu Weihnachten. Das ist des Landes
hier der Brauch.
„Der Sekt ist gekommen," verkündete die
Wirtin am dritten Tage.
„Sekt?"
„Ja. Fünfzig Flaschen."
Lennemann verstand die Welt nicht
mehr.
„Was nicht noch alles?" stöhnte er ver-
zweifelt.
Die Wirtin stand breit und beredt:
„Noch sehr viel — eine Kiste Südfrüchte,
drei fette Gänse, eine Batterie Kölner Wasser,
zwanzig Weihnachtsstollen, zehn Pfund
Schokolade, acht Kronenhummer, ein Faß
Kaviar —"
„And alles?"
„Alles bereits bezahlt. Lier sind die
Quittungen."
And Lennemann las immer und immer
wieder.
„Für Lerrn Lennemann — Betrag be-
zahlt — Betrag bezahlt — Betrag bezahlt!"
Die Flut der anonymen Geschenke wuchs
von Tag zu Tag. Rollschinken und kalte
Braten häuften sich in Lennemanns möb-
liertem Zimmer. Ananas standen in Reih
und Glied auf der Bibliothek, vom Kron-
leuchter hingen die Salamiwürste und Speck-
seiten zu Dutzenden, in der Badewanne
schwammen Schleien und Karpfen in trägem
(Fonsetzung Seile 407»
404
lesen. And dann schließt er
den freundlichen, durchaus an-
gebrachten Wunsch an: „Ich
will aber hoffen, daß ihr nie-
mals in die Lage kommen wer-
det, den Apparat gebrauchen
zu müssen."
Da grinst Sulzfink hämisch:
„Aha, das Ding ist wohl schon
sehr alt; das geht am Ende
nicht mehr richtig."
Emma ist einfältig und
weltfremd, aber eine gute,
brave Lausgehilfin; seit fünf
Jahren dient sie Knolligs treu
und ehrlich.
Was tut also Knollig nach
Beratung mit seiner Gattin?
Er geht auf die Sparkasse, läßt
sich ein Buch für Einma aus-
stellen und zahlt ganze 1T0
Mark ein. And dieses Spar-
kassenbuch wird Emma am
Weihnachtsabend überreicht.
Emma bedankt sich, aber
nicht so, wie Knolligs es er-
wartet haben. Sie scheint so-
gar etwas bekümmert über
das doch noble Geschenk, und
in ihren blauen Augen glänzt
es wässerig. Ja, da kullern
auch schon einige Tränen.
„Aber was ist denn, Emma?"
wundert sich Frau Knollig.
Da jammert Emma: „Ach,
gnä' Frau, ich Hab' doch immer
gehört: Mädchen, die ein
Sparkassenbuch haben, werden
von Leiratsschwindlern be-
gaunert." „
„Wat? Die Berse uff die Pfefferkuchen sind Ihnen zu kurz, liebe Frau?
Iawoll — Sie möchten for drei Iroscben so'n jroßen Pfefferkuchen, det
die janze Ilocke von Schiller druff stehn kann!"
Tante Meta liegt es ge-
wöhnlich fern, bedeutende Auf-
wendungen für Weihnachts-
geschenke zu machen. Aber
diesmal kommt sie zu Güntzels
mit einer großen Vase, einem
herrlichen Erzeugnis der Ke-
ramik. Das Ding muß ein
Leidengeld gekostet haben.
Aber siehe da: die Vase
hat ja eine» Sprung, einen
zwar sehr gut gekitteten
Sprung, der aber natürlich
für den Preis der Vase be-
stimmend gewesen sein muß.
Tante Meta ist also doch spar-
sam gewesen; sie hat eine so-
genannte billige Gelegenheit
gefunden.
Tante Meta merkt, daß es
Güntzels gemerkt haben. And
freundlich lächelnd erklärt sie:
„Ja, Kinder, ich habe euch mal
was Solides schenken wollen,
woran ihr immer Freude habt.
And cs ist doch eine alte Ge-
schichte: wenn eine Sache erst
mal gekittet worden ist, dann
passiert daran so leicht nichts
mehr."
Zweierlei
„Sie reden auch von Weih-
»achtssorgen. Gnädigste; wie-
so das?"
„Natürlich — ob ich alles
kriege, was ich mir wünsche!"
„Meine Sorge ist mehr die:
ob ich alles werde kaufen kön-
nen, was meine Frau sich
wünscht."
Ätlö Von Io Lanns Röster
Es war acht Tage vor Weihnachten, als
Lennemann seine Wohnung betrat. Seine
Wirtin eilte ihm schon in der Tür entgegen.
„Das Grammophon ist geliefert worden,"
sagte sie.
„Das Grammophon? Was für ein
Grammophon?"
„Woher soll ich das wissen? Ich nehme
an. Sie haben ein Grammophon gekauft."
„Ich habe kein Grammophon gekauft!"
„Vor einer Stunde wurde das Gram-
mophon geliefert," beharrte die Wirtin.
Lennemann erschrak:
„Laben Sie etwa bezahlt?"
„Nein. Es war schon bezahlt. Lier ist
die Quittung."
And Lennemann las:
„Ein Grammophon für Lerrn Lennemann.
Betrag zweihundert Mark bezahlt."
Am nächsten Tag wartete die Wirtin be-
reits an der Tür.
„Der Papagei ist gekommen."
„Was für ein Papagei?"
„Sie werden sich eben einen Papagei
gekauft haben."
„Ich habe mir keinen Papagei gekauft!"
schrie Lennemann.
„Der Papagei ist jedenfalls geliefert
worden. Lier ist die Quittung."
And Lennemann las:
„Ein Papagei für Lerrn Lennemann.
Betrag hundert Mark bezahlt."
Lennemann hatte weder einen Papagei
noch ein Grammophon gekauft. Aber sein
Name und seine Adresse stimmte. Lennemann
dachte an alle reichen Freunde, suchte den
Namen des anonymen Spenders. Trotzdem,
wer etwas schenkt, nennt seinen Namen.
Auch zu Weihnachten. Das ist des Landes
hier der Brauch.
„Der Sekt ist gekommen," verkündete die
Wirtin am dritten Tage.
„Sekt?"
„Ja. Fünfzig Flaschen."
Lennemann verstand die Welt nicht
mehr.
„Was nicht noch alles?" stöhnte er ver-
zweifelt.
Die Wirtin stand breit und beredt:
„Noch sehr viel — eine Kiste Südfrüchte,
drei fette Gänse, eine Batterie Kölner Wasser,
zwanzig Weihnachtsstollen, zehn Pfund
Schokolade, acht Kronenhummer, ein Faß
Kaviar —"
„And alles?"
„Alles bereits bezahlt. Lier sind die
Quittungen."
And Lennemann las immer und immer
wieder.
„Für Lerrn Lennemann — Betrag be-
zahlt — Betrag bezahlt — Betrag bezahlt!"
Die Flut der anonymen Geschenke wuchs
von Tag zu Tag. Rollschinken und kalte
Braten häuften sich in Lennemanns möb-
liertem Zimmer. Ananas standen in Reih
und Glied auf der Bibliothek, vom Kron-
leuchter hingen die Salamiwürste und Speck-
seiten zu Dutzenden, in der Badewanne
schwammen Schleien und Karpfen in trägem
(Fonsetzung Seile 407»
404
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Wat? Die Verse uff die Pfefferkuchen sind Ihnen zu kurz"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1936
Entstehungsdatum (normiert)
1931 - 1941
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 185.1936, Nr. 4769, S. 404
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg