Salz auf den Tisch
„Salz kostetja schließlich Geld,"
sagte sie spitz.
„Dein Geld oder mein Geld?"
„Das bleibt sich doch Wurscht,
Paul."
„Nichts bleibt sich Wurscht!"
rief Paul erbost, „was sind das
überhaupt für Ausdrücke? Das
ist ja reiner Jargon! Weil ich
dir Geld gebe, kannst du dir Salz
kaufen. Weil Salz da ist, kann
ich es umschütten, so oft es mir
beliebt. Wenn ich dir nicht das
Geld gegeben hätte, hättest du
kein Salz. Dies wäre manchmal
besser."
Liier hakte Pauline ein.
„Was meinst du damit?"
„Die Suppe."
„Etwa versalzen?"
„Ja. Wenn du mich fragst
— ja!"
„Das sagst du mir so offen
ins Gesicht?"
„Wo anders hinein kann ich
es dir nicht gut sagen! Ja, die
Suppe war versalzen! Nicht nur heute, sondern auch gestern, vor-
gestern und überhaupt jeden Tag."
„Schließlich hast du ja keine Köchin geheiratet!"
Paul nickte grimmig. „Das merke ich jeden Tag beim Essen!"
„Weshalb hast du mich dann geheiratet!"
Paul brüllte zornig: „Wenn ich das wüßte! Liebe macht eben
blind!"
„Das ist auch ein Aberglaube!"
fiel Pauline schnell ein.
„Steig mir doch den Buckel raus!"
Paul eilte aus dem Zimmer und
warf die Tür wütend hinter sich zu.
Pauline lächelte.
Latte sie nicht doch recht behalten?
Salz auf dem Tisch bedeutet
Streit.
Als Paul wiederkam, brummte er:
„Naja — laß gut sein! — diesmal
hast du recht behalten, Salz auf dem
Tisch bedeutet anscheinend wirklich
Streit. In einer guten Ehe kann
man sich auch einmal streiten. Das
reinigt die Lust. Auch wenn grobe
Worte fallen. Im Lerzen sind sich
Eheleute ja stets einig und nie ernst-
lich böse."
„Ist das nicht auch ein Aber-
glaube, Paul?"
Paul nahm zärtlich ihre Land.
„Nein," sagte er, „das ist mein
Glaube. Sonst hätte ich nicht
geheiratet."
Produktionsgeheimnis
Lidolar, der fleißige Schriftstel-
ler,hateineFlaschemitKognak vor
sich flehen. Sie ist bereits zur L älfte
geleert, und Adolars einfallsrei-
cher Kopf glüht entsprechend.
„Mensch, warum pumpst du
dich so voll Alkohol?" wundert
sich der Freund.
„Störe mich nicht! Ich muß
mir was einfallen lassen, etwas
ganz Merkwürdiges, nie Dage-
wesenes, höchst Fabelhaftes."
„Du willst wohl ein Märchen
schreiben?"
„Nee, ich muß morgen eine
wahre Geschichte abliefern."
Bedauern
„Vor Schlangen habe ich ein Grauen, Lerr Professor. Selbst vor
dieser ausgestopften möchte ich gleich davonlaufen." — „Schade,
Fräulein Erna, daß Sie nicht an der Stelle der Eva gewesen sind!"
Knippe übernimmt die Ab-
wicklung schwieriger Geldge-
schäfte: er besorgt Lypotheken,
treibt Forderungen ein usw. Da-
bei sind kleine Mißhelligkeiten
manchmal unvermeidbar.
Knippe hat auf drei Tage verreisen müssen. Jetzt kommt er wieder
ins Kontor. „Was los gewesen?" fragt er seinen Buchhalter.
„Vorgestern war ein Mann mit einem Rohrstock hier, Lerr Knippe;
er hat furchtbar geschimpft und wollte Sie verhauen."
„Ist ja toll! And was haben Sie dem Kerl gesagt?"
„Ich habe ihm gesagt, Sie wären leider verreist, Lerr Knippe."
Nicht betroffen
„Lachen Sie vielleicht über mich,
mein Lerr?"
„Unsinn; Sie erinnern mich an
einen Kollegen, über den ich immer
lache!"
Der Germanist „Aber woher wissen Sie denn,
Lerr Referendar, daß Malchen heute Geburtstag hat?"
„Da müssen Sie den Lerrn Gemahl fragen, gnädige Frau."
„Richtig! Ich war ja so ungeschickt. Ihnen zu erzählen, daß
meine Tochter am gleichen Tag wie Goethe Geburtstag hat."
Zwei knappe Dreier
Dr. Knoppe und Dr. Schwinger-
ling sind Altphilologen. Beide kön-
nen einander nicht ausstehen, aber
das lassen sie sich natürlich nicht
merken.
Dr. Knoppe gibt von Sexta bis
Quarta lateinischen Unterricht. Dr.
Schwingerling hat in dieser Linsicht
die beiden Tertien zu betreuen. Ein
Sohn des Dr. Schwingerling sitzt in
der Quarta, ein Sohn des Dr. Knoppe
in der Untertertia; die beiden Jungen
haben im lateinischen Unterricht man-
ches zu erdulden. Sie sind aber auch
keine fleißigen Schüler.
Nun teilt Dr. Schwingerling dem
Dr. Knoppe mit: „Ich habe heute die
Noten für die Untertertia erteilt.
Leider, Lerr Kollege, habe ich Ihrem
Sohne nur eine knappe Drei geben
können." Er scheint das sehr zu
bedauern, denn sein Antlitz zeigt
Kummer.
„Nun ja!" sagt Dr. Knoppe nur.
Aber am nächsten Tage tritt er mit
strahlender Miene an Dr. Schwinger-
ling heran. „Leute bin ich mit den
Noten für die Quarta fertig. Es
freut mich aufrichtig, Lerr Kollege,
daß ich Ihrem Sohne doch noch eine
knappe Drei habe geben können."
—on.
165
„Salz kostetja schließlich Geld,"
sagte sie spitz.
„Dein Geld oder mein Geld?"
„Das bleibt sich doch Wurscht,
Paul."
„Nichts bleibt sich Wurscht!"
rief Paul erbost, „was sind das
überhaupt für Ausdrücke? Das
ist ja reiner Jargon! Weil ich
dir Geld gebe, kannst du dir Salz
kaufen. Weil Salz da ist, kann
ich es umschütten, so oft es mir
beliebt. Wenn ich dir nicht das
Geld gegeben hätte, hättest du
kein Salz. Dies wäre manchmal
besser."
Liier hakte Pauline ein.
„Was meinst du damit?"
„Die Suppe."
„Etwa versalzen?"
„Ja. Wenn du mich fragst
— ja!"
„Das sagst du mir so offen
ins Gesicht?"
„Wo anders hinein kann ich
es dir nicht gut sagen! Ja, die
Suppe war versalzen! Nicht nur heute, sondern auch gestern, vor-
gestern und überhaupt jeden Tag."
„Schließlich hast du ja keine Köchin geheiratet!"
Paul nickte grimmig. „Das merke ich jeden Tag beim Essen!"
„Weshalb hast du mich dann geheiratet!"
Paul brüllte zornig: „Wenn ich das wüßte! Liebe macht eben
blind!"
„Das ist auch ein Aberglaube!"
fiel Pauline schnell ein.
„Steig mir doch den Buckel raus!"
Paul eilte aus dem Zimmer und
warf die Tür wütend hinter sich zu.
Pauline lächelte.
Latte sie nicht doch recht behalten?
Salz auf dem Tisch bedeutet
Streit.
Als Paul wiederkam, brummte er:
„Naja — laß gut sein! — diesmal
hast du recht behalten, Salz auf dem
Tisch bedeutet anscheinend wirklich
Streit. In einer guten Ehe kann
man sich auch einmal streiten. Das
reinigt die Lust. Auch wenn grobe
Worte fallen. Im Lerzen sind sich
Eheleute ja stets einig und nie ernst-
lich böse."
„Ist das nicht auch ein Aber-
glaube, Paul?"
Paul nahm zärtlich ihre Land.
„Nein," sagte er, „das ist mein
Glaube. Sonst hätte ich nicht
geheiratet."
Produktionsgeheimnis
Lidolar, der fleißige Schriftstel-
ler,hateineFlaschemitKognak vor
sich flehen. Sie ist bereits zur L älfte
geleert, und Adolars einfallsrei-
cher Kopf glüht entsprechend.
„Mensch, warum pumpst du
dich so voll Alkohol?" wundert
sich der Freund.
„Störe mich nicht! Ich muß
mir was einfallen lassen, etwas
ganz Merkwürdiges, nie Dage-
wesenes, höchst Fabelhaftes."
„Du willst wohl ein Märchen
schreiben?"
„Nee, ich muß morgen eine
wahre Geschichte abliefern."
Bedauern
„Vor Schlangen habe ich ein Grauen, Lerr Professor. Selbst vor
dieser ausgestopften möchte ich gleich davonlaufen." — „Schade,
Fräulein Erna, daß Sie nicht an der Stelle der Eva gewesen sind!"
Knippe übernimmt die Ab-
wicklung schwieriger Geldge-
schäfte: er besorgt Lypotheken,
treibt Forderungen ein usw. Da-
bei sind kleine Mißhelligkeiten
manchmal unvermeidbar.
Knippe hat auf drei Tage verreisen müssen. Jetzt kommt er wieder
ins Kontor. „Was los gewesen?" fragt er seinen Buchhalter.
„Vorgestern war ein Mann mit einem Rohrstock hier, Lerr Knippe;
er hat furchtbar geschimpft und wollte Sie verhauen."
„Ist ja toll! And was haben Sie dem Kerl gesagt?"
„Ich habe ihm gesagt, Sie wären leider verreist, Lerr Knippe."
Nicht betroffen
„Lachen Sie vielleicht über mich,
mein Lerr?"
„Unsinn; Sie erinnern mich an
einen Kollegen, über den ich immer
lache!"
Der Germanist „Aber woher wissen Sie denn,
Lerr Referendar, daß Malchen heute Geburtstag hat?"
„Da müssen Sie den Lerrn Gemahl fragen, gnädige Frau."
„Richtig! Ich war ja so ungeschickt. Ihnen zu erzählen, daß
meine Tochter am gleichen Tag wie Goethe Geburtstag hat."
Zwei knappe Dreier
Dr. Knoppe und Dr. Schwinger-
ling sind Altphilologen. Beide kön-
nen einander nicht ausstehen, aber
das lassen sie sich natürlich nicht
merken.
Dr. Knoppe gibt von Sexta bis
Quarta lateinischen Unterricht. Dr.
Schwingerling hat in dieser Linsicht
die beiden Tertien zu betreuen. Ein
Sohn des Dr. Schwingerling sitzt in
der Quarta, ein Sohn des Dr. Knoppe
in der Untertertia; die beiden Jungen
haben im lateinischen Unterricht man-
ches zu erdulden. Sie sind aber auch
keine fleißigen Schüler.
Nun teilt Dr. Schwingerling dem
Dr. Knoppe mit: „Ich habe heute die
Noten für die Untertertia erteilt.
Leider, Lerr Kollege, habe ich Ihrem
Sohne nur eine knappe Drei geben
können." Er scheint das sehr zu
bedauern, denn sein Antlitz zeigt
Kummer.
„Nun ja!" sagt Dr. Knoppe nur.
Aber am nächsten Tage tritt er mit
strahlender Miene an Dr. Schwinger-
ling heran. „Leute bin ich mit den
Noten für die Quarta fertig. Es
freut mich aufrichtig, Lerr Kollege,
daß ich Ihrem Sohne doch noch eine
knappe Drei habe geben können."
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Vor Schlangen habe ich ein Grauen, Herr Professor" "Der Germanist"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1939
Entstehungsdatum (normiert)
1934 - 1944
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 191.1939, Nr. 4911, S. 165
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg