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Kluger Ausweg.

Einige Stunden von einem Wallfahrtsort entfernt, dem
jährlich tausende von Pilgern Zuströmen, ist ein ziemlich steiler,
mit Wald bewachsener Berg, über den ein großer Theil der
Wallfahrer dem Gnadenorte entgegemvandelt. Der Knecht
des Ochsenwirths aus dem benachbarten Ort sollte mehrere
Klafter Holz von dem Berg in das Thal führen und war
mit einem Blick des Bedauerns auf seine Pferde an die Ar-
beit gegangen. Plötzlich kommt ihm ein Gedanke, er bringt
die' Pferde wieder in den Stall, zieht seine besten Kleider an
und macht sich mit Bündel und Stock auf nach der Stelle,
wo das Holz liegt. Bald kommt ein Wallfahrertrupp des
Wegs; da nimmt der Knecht ein schweres Holzscheit auf
die Schulter und geht damit den Berg hinab. Sogleich be-
greifen die Pilger, daß auch er ein Wallfahrer sei und das
Holz zur Buße für seine Sünden auf sich nehme und sie
folgen eifrig seinem Beispiel. Als der Abend hereinbrach,
lag sämmtliches Holz am Fuß des Berges und der Knecht
saß hinter einem tüchtigen Mahl mit Wein, das ihm sein
Herr zur Belohnung seiner Pfiffigkeit aufstellen ließ.

Der todtc Schimmel.

Zn Anfang dieses Jahrhunderts, als in der alten See-
und Handelsstadt Danzig, die im Jahre 1793 sich der Herr-
schaft Preußens unterworfen hatte, Handel und Gewerbe
wieder emporblühtcn, lebte daselbst ein reicher Handelsherr
Namens Frantz. Man hätte ihn wohl einen Handclsfürstc»
nennen mögen, denn er führte einen großartigen Haushalt,

Der todte Schimmel.

sowohl in der Stadt, wie auf seinem Landsitze, hatte zahl- j
reiche Dienerschaft, hielt eine eigene Capelle und fuhr nicht
anders, als vierspännig. Seine Pferde waren sein Stolz, !
und unter seinen Reitpferden war ein Schimmel, der von
Jedermann in der Stadt für das schönste Pferd gehal- :
tcn wurde. Dieser Schimmel nun wurde in einer Nacht
krank, man that zwar alles Mögliche, ihn am Leben zu er- ;
halten, er war jedoch nicht zu retten, und am andern Mor- j
gen mußte der Stallknecht dem Herrn die Unglücksbotschaft
bringen, daß der Schimmel todt sei. Das war für Herrn
Frantz eine recht betrübende Nachricht, und es war deßhalb
auch erklärlich, daß der Barbier, welcher bald darauf kam,
ihn in sehr verdrießlicher Stimmung fand. Der Barbier,
welcher Herrn Frantz schon seit vielen Jahren bediente,
stand bei diesem seines munteren Wesens halber in Gunst,
und schon manchmal war es ihm gelungen, den alten Herrn
zu erheitern; heute jedoch waren alle seine Versuche vergeb- 1
lich, und als er von Herrn Frantz erfuhr, daß der Schimmel
todt sei, da gab er solche Versuche auf und beklagte mit, den
Verlust, den Herr Frantz, ja, den die Stadt erlitten habe,
da sie ein zweites Prachtpferd, wie der Schimmel, nicht besitze.

Als der Barbier sein Geschäft beendet hatte, und sich
entfernen wollte, kam ihm der Gedanke, ob er nicht vielleicht
das todte Pferd von dem alten Herrn geschenkt erhalten könne.

Er brachte in guter Art und Weise seine Bitte vor, und sie
wurde ihm nicht abgeschlagen. Auf seinen Wunsch erhielt er
auch eine schriftliche Anweisung an den Stallknecht zur Her-
ausgabe des Schimmels. Die Anweisung lautete: „Ich habe
dem Barbier Schopf den Schimmel geschenkt, der ihm zu ver-
abfolgen ist." Datum und Unterschrift fehlten nicht.

Dankend und voller Freude entfernte sich der Barbier,
um seinem Geschäfte weiter nachzugehen, das ihn zunächst in
ein Gasthaus führte. Nachdem er dort die Fremden, welche
seiner bedurften, bedient hatte, begab er sich in die Gaststube,
wo ein reger Verkehr war, denn cs war gerade Markttag
und das Gasthaus lag in der Nähe des Hauptplatzes. Fröh-
lich und guter Dinge ließ er sich eine Flasche Wein bringen,
lud auch mehrere Bekannte ein, mit ihm ein Gläschen zu
trinken. Die Freunde des Barbiers, welche diesen bisher
niemals im Gasthausc Wein trinken sahen, staunten und
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Kluger Ausweg" "Der todte Schimmel"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Barth, Ferdinand
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Gebirge <Motiv>
Wallfahrer
Herr <Motiv>
Wallfahrt <Motiv>
Dorf <Motiv>
List
Kummer
Traurigkeit
Barbier <Motiv>
Wallfahrerin
Wallfahrtsweg
Schläue
Karikatur
Holz <Motiv>
Satirische Zeitschrift
Thema/Bildinhalt (normiert)
Aufmunterung

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 49.1868, Nr. 1206, S. 62
 
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