Schiller un Herr Engemann.
ennes schienen Awcnds hin un schrciwe ü Gedicht von mindestens I wärklich nich annehmen,
zehn Seiden Länge „Gharakdcristische Scelcnnndcrschiede des
Mannes un der Frau," backe alles sorgfäldig zesammcn,
adressire's an Herrn Hofrath Friedrich Schiller in 'Weimer un
gcwe's den andern Morgen uf de Bost.
'S vergingen acht Dage, 's vergingen värzehn Dagc —
gcene Antwort. Endlich nach ä Wochener sechscn gommt ä Brief.
Ich reiße 's Siegel uf; awer was stand da? Weider nischt als:
„Dheierschder Herr Engemann!
1*
In Eile un Dankbargcit Ihr
Friedrich Schiller."
Galt nu die Eens mit'n Stcrnichen den Stiefelhelzern
oder den Gcdichdc? Oder galt se allen beedcn? Wer gonndc
das wissen. — Ich muß gestehen, ich fand dieses Benehmen
doch ä bischen gomisch.
Na, ich hnddc die Gcschichdc schone beinahe gans un
gar vergessen, da geh' ich ennes schcenen Morgens frich dorch's
Dhomasgäßchen. Wie ich awer an de Ecke von der Kloster-
gasse gommc — herre! Was steht da mit großen scddcn
Buchstawcn? —: „Heide Donncrschdag den siebzehnden Sep-
dember achzchnhnndertuncens de Jungkfran von Orlejangs,
cnnc romant'schc Tragecdie von Friedrich Schiller."
Wer nadierlich Awcnds um halb Sechsc schon in Dheader
saß, das war mei Herr Engemann.
Na, de Sache war nu wunderscheen, un 's Allerscheenste:
Schiller selwcr war anwesend!
Hoch Schiller! ging's in eener Dour, un mit jeden Akde
morde der Dceps ärger. — Gaum awer daß der Vorhangk
zum letzden Male gefallen war, da stürzt' ich ooch schone
'minder. Awer mei Erstaunen! Wie ich ins Freie trcdc, steht
alles gerabbelde voll Menschen bis 'nunder ans Ranstädtcr
Dhor, un de Studcndcn mit Fackeln un in vollen Wichs
machen Spalier. Un gaum daß ich noch Zeit hawe, mich
newen so ä Fackelmenschen ufzeflansen, da gommt ooch schon
mei Schiller de Freitrebbe 'runder mit cntbleeßdcn Haupdc,"
den Hut in der rechden Hand, an linken Arme ä großen mächt'gen
Lorbeerkrans mit cnner großen mächt'gen weiß un grienen Schlccsc.
„Hoch Friedrich Schiller!" „Schiller hooooch!" — Schiller
verneigt sich nach rechts nn links un schrcidct ruhig weider.
„Ja, Engemann," denk' ich, „dich hat er längst vergessen."
Da — plctzlich treffen sich unsre Blicke. Herre awer!
Schiller — mich sehen un ns mich losstärzen, das is eens.
„Engemann!" ruft er, un weider bringkt er fer'n Oogen-
blick gar nischt 'raus. Dann springkt er uf den Scharschirden
von den Cheruskern los, der drei Schriddc von mir steht: „Sic
erlowcn mer wohl ns ä Momang?",' reißt ihn 's Radier
aus'n Händen un — eens zwcc drei hat er seinen Lorbccr-
krans in zwcc gleiche Sticken gcschniddcn, middcn dorch de
Schlecfc dorch, un icwerreicht mir sprachlos vor Riehrungk de
eene Hälsdc. — „Schiller," sag ich, „nee, das gann ich doch
171
Sie berauwen sich da zu sehr! Ä
Baar Blättchen hädden's ooch gcdhan."
„Engemann," spricht Schiller, „sin Se gans stille. Se
wissen, 's is nich allccnc fer de Jungkfrau — 's is
ooch von wegen der Glocke! Un aproboh, das Gedicht,
was Se mer vorigdcs Jahr verehrden, das wcr'n Sc
mit wenigen kleenen Abänderungen under den Didcl „Würde
der Frauen" in der
neicn Uflagc meiner
Gcdichdc finden."
Da hammse nu vor
Korzcn den sogcnann-
dcn zwcc Dichdcr-
färschdcn ä Denk-
mal vorsch Weimersche
Dheader gesetzt. —
Hm, denk' ich manch-
mal, wenn's ^nno
1799 nach Schillern
seinen Gobbe
gegangen were, da
stinden allewcilc nich
Schiller nn Gcedhc
uf'n Bostamende,
sondern Schiller
un — Engemann.
llllllllll!
illl
Ja, wenn ich dazcmal nur gewollt häddc!
22
ennes schienen Awcnds hin un schrciwe ü Gedicht von mindestens I wärklich nich annehmen,
zehn Seiden Länge „Gharakdcristische Scelcnnndcrschiede des
Mannes un der Frau," backe alles sorgfäldig zesammcn,
adressire's an Herrn Hofrath Friedrich Schiller in 'Weimer un
gcwe's den andern Morgen uf de Bost.
'S vergingen acht Dage, 's vergingen värzehn Dagc —
gcene Antwort. Endlich nach ä Wochener sechscn gommt ä Brief.
Ich reiße 's Siegel uf; awer was stand da? Weider nischt als:
„Dheierschder Herr Engemann!
1*
In Eile un Dankbargcit Ihr
Friedrich Schiller."
Galt nu die Eens mit'n Stcrnichen den Stiefelhelzern
oder den Gcdichdc? Oder galt se allen beedcn? Wer gonndc
das wissen. — Ich muß gestehen, ich fand dieses Benehmen
doch ä bischen gomisch.
Na, ich hnddc die Gcschichdc schone beinahe gans un
gar vergessen, da geh' ich ennes schcenen Morgens frich dorch's
Dhomasgäßchen. Wie ich awer an de Ecke von der Kloster-
gasse gommc — herre! Was steht da mit großen scddcn
Buchstawcn? —: „Heide Donncrschdag den siebzehnden Sep-
dember achzchnhnndertuncens de Jungkfran von Orlejangs,
cnnc romant'schc Tragecdie von Friedrich Schiller."
Wer nadierlich Awcnds um halb Sechsc schon in Dheader
saß, das war mei Herr Engemann.
Na, de Sache war nu wunderscheen, un 's Allerscheenste:
Schiller selwcr war anwesend!
Hoch Schiller! ging's in eener Dour, un mit jeden Akde
morde der Dceps ärger. — Gaum awer daß der Vorhangk
zum letzden Male gefallen war, da stürzt' ich ooch schone
'minder. Awer mei Erstaunen! Wie ich ins Freie trcdc, steht
alles gerabbelde voll Menschen bis 'nunder ans Ranstädtcr
Dhor, un de Studcndcn mit Fackeln un in vollen Wichs
machen Spalier. Un gaum daß ich noch Zeit hawe, mich
newen so ä Fackelmenschen ufzeflansen, da gommt ooch schon
mei Schiller de Freitrebbe 'runder mit cntbleeßdcn Haupdc,"
den Hut in der rechden Hand, an linken Arme ä großen mächt'gen
Lorbeerkrans mit cnner großen mächt'gen weiß un grienen Schlccsc.
„Hoch Friedrich Schiller!" „Schiller hooooch!" — Schiller
verneigt sich nach rechts nn links un schrcidct ruhig weider.
„Ja, Engemann," denk' ich, „dich hat er längst vergessen."
Da — plctzlich treffen sich unsre Blicke. Herre awer!
Schiller — mich sehen un ns mich losstärzen, das is eens.
„Engemann!" ruft er, un weider bringkt er fer'n Oogen-
blick gar nischt 'raus. Dann springkt er uf den Scharschirden
von den Cheruskern los, der drei Schriddc von mir steht: „Sic
erlowcn mer wohl ns ä Momang?",' reißt ihn 's Radier
aus'n Händen un — eens zwcc drei hat er seinen Lorbccr-
krans in zwcc gleiche Sticken gcschniddcn, middcn dorch de
Schlecfc dorch, un icwerreicht mir sprachlos vor Riehrungk de
eene Hälsdc. — „Schiller," sag ich, „nee, das gann ich doch
171
Sie berauwen sich da zu sehr! Ä
Baar Blättchen hädden's ooch gcdhan."
„Engemann," spricht Schiller, „sin Se gans stille. Se
wissen, 's is nich allccnc fer de Jungkfrau — 's is
ooch von wegen der Glocke! Un aproboh, das Gedicht,
was Se mer vorigdcs Jahr verehrden, das wcr'n Sc
mit wenigen kleenen Abänderungen under den Didcl „Würde
der Frauen" in der
neicn Uflagc meiner
Gcdichdc finden."
Da hammse nu vor
Korzcn den sogcnann-
dcn zwcc Dichdcr-
färschdcn ä Denk-
mal vorsch Weimersche
Dheader gesetzt. —
Hm, denk' ich manch-
mal, wenn's ^nno
1799 nach Schillern
seinen Gobbe
gegangen were, da
stinden allewcilc nich
Schiller nn Gcedhc
uf'n Bostamende,
sondern Schiller
un — Engemann.
llllllllll!
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Ja, wenn ich dazcmal nur gewollt häddc!
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Schiller un Herr Engemann"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1881
Entstehungsdatum (normiert)
1876 - 1886
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 74.1881, Nr. 1870, S. 171
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg