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Entwurf von Disc
Unzufriedenheit derselben erregen könnte. Auch gegen den Pedell
hat er sich ehrfurchtsvoll und zuvorkommend zu benehmen.
§ 3. Strengste Ahndung hat ein Professor zu gewärtigen,
welcher seine Schüler zur Lüge veranlaßt. Der Professor soll daher
nie an einen Schüler eine Frage stellen, auf welche dieser voraus-
sichtlich mit einer Lüge antworten wird.
8 4. Bei'm Verkehr mit den Schülern hat sich der Professor
| des möglichsten Anstandes zu befleißigen. Ausdrücke wie: „£> Sie
Schaf! Stellen Sie sich nicht dümmer, als Sie sind!" sind in der
Schule verboten und dürfen höchstens daheim den eigenen Kindern
gegenüber gebraucht werden.
ß 5. Sobald der Pedell läutet, hat sich der Professor, an-
ständig gekleidet, in das Schulzimmer zu begeben und dort in ge-
ziemender Haltung zu warten, bis alle Schüler da sind. Andere
als die nöthigen Bücher in die Schule mitzunehmen oder gar Sachen,
die den Ernst des Unterrichts stören, wie z. B. Matjes-Häringe,
j Fromage de Brie, u. dgl., ist strengstens untersagt.
8 6. Während des Unterrichtes soll der Professor ununter-
brochen ruhig und aufmerksam sein, um jede von den Schülern
gestellte Frage sofort beantworten zu können. Fragen des Professors
an die Schüler sind, soweit solche überhaupt zulässig erscheinen,
jederzeit, so zu stellen, daß der Schüler sie ohne Schwierigkeit beant-
worten kann; z. B, in der Naturgeschichte: „Ich zeige Ihnen
hier einen Papagei! Sagen Sie mir, Müller, was für ein Vogel
ist das?"
8 7. Ist ein Professor durch Unwohlsein verhindert, Schule
zu halten, so hat er dieses rechtzeitig den Schülern, womöglich
einen Tag vorher, bekannt zu geben, damit diese nicht vergeblich
sich in die Schule zu bemühen brauchen. Uebernimmt er den Unter-
richt wieder, so hat er ein von seiner Gattin oder Haushälterin
unterzeichnetes Attest, in welchem die Art und Dauer der Krankheit
angegeben ist, seinen Schülern vorzülegen. Ob in sonstigen Fällen,
z. B. wegen Trauung, Kindstaufe, Todesfall, ein Professor vom
Unterricht befreit werden soll, darüber entscheiden die Schüler durch
Abstimmung mit einfacher Stimmenmehrheit.
8 8. Es ist den Professoren strengstens untersagt, Schulden
zu machen. Wirthe dürfen nur jenen Professoren borgen, von
welchen sie wissen, daß deren Frau die Kasse hat.
8 9. Es ist die Pflicht eines Professors, auch außer der Schule
sich fortwährend mit Studium zu beschäftigen, um jenen Grad der
Ausbildung zu erreichen, welchen seine Schüler von ihm beanspruchen
können. Müßiges Spazierengehen ist daher den Professoren unter- j
sagt. Begegnen sie einem bummelnden Schüler, so haben sie, uni !
nicht schlechtes Beispiel zu geben, in der nächsten Seitengasse zu ;
verschwinden. Ebenso ist den Professoren untersagt, Wirthshäuser j
zu besuchen, damit die Schüler nicht in die Gefahr kommen können,
dort von ihnen erwischt zu werden.
8 10. Professoren sollen nie zum Unterricht kommen, wenn
sie nach Tabak duften. Bor dem Eintritt in das Schulgebäude hat
daher der Rektor bei allen Professoren nachzuriechen und jene Pro-
fessoren zurückzuweisen, welche durch Tabakgeruch übles Beispiel
geben und die Schüler belästigen würden.
8 11. Jeder Schüler hat Verstöße eines Professors gegen die
Disciplinarordnung sofort zur Anzeige zu bringen.
8 12. Die vom Rektor gegen die Professoren anzuwendenden
Disciplinarstrafen sind:
1) Verweis unter vier Augen, 2) Verweis in Gegenwart der
Schüler, 3) Hausarrest, 4) Strafarbeiten.
iplinarsatznngen rc.
Welche von diesen Strafen in jedem einzelnen Falle anzu-
wenden ist, haben die Schüler im Einverständniß mit dem Rektor
zu bestimmen.
8 13. Professoren, welche durch zu große Strenge, übermäßige
Anforderungen, große Hausaufgaben oder gar Strafarbeiten die freie
Entwicklung ihrer Schüler beeinträchtigen oder deren Gesundheit ge-
fährden, können im Wiederholungsfälle von der Anstalt entfernt werden.
8 14. Jeder Professor, der einem Schüler seiner Klasse am
Ende des Schuljahres in irgend einem Gegenstand eine Nachprüfung
gibt, hat diesen Schüler während der Ferien täglich vier Stunden
unentgeltlich zu unterrichten und falls die Nachprüfung dennoch miß-
lingt, für denselben im nächsten Jahre das ganze Schulgeld zu bezahlen.
8 15. Ein Professor, welcher im Absolutorium in seinem Fache
einem Schüler die Note IV gibt und dadurch herbeiführt, daß der
Schüler durchfällt, hat für das fernere Fortkommen dieses Schillers
bis zur Erlangung einer sicheren Versorgung aus eigenen Mitteln
zu sorgen.
8 16. Sämmtliche vorstehende Bestimmungen können erforder-
lichen Falles auf Antrag der Schüler noch verschärft werden.
Der rücksichtsvolle Jean.
Herr Baron (unverheirathet): „Jean, ich habe heute er-
fahren, daß Du Dich mit Heirathsgedanken herumträgst!"
Bedienter: „Ich . . ich möcht' schon heirathen, gnädiger
Herr, aber ich kann ja nicht — denn was soll dann aus
Ihnen werden?" __
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Entwurf von Disc
Unzufriedenheit derselben erregen könnte. Auch gegen den Pedell
hat er sich ehrfurchtsvoll und zuvorkommend zu benehmen.
§ 3. Strengste Ahndung hat ein Professor zu gewärtigen,
welcher seine Schüler zur Lüge veranlaßt. Der Professor soll daher
nie an einen Schüler eine Frage stellen, auf welche dieser voraus-
sichtlich mit einer Lüge antworten wird.
8 4. Bei'm Verkehr mit den Schülern hat sich der Professor
| des möglichsten Anstandes zu befleißigen. Ausdrücke wie: „£> Sie
Schaf! Stellen Sie sich nicht dümmer, als Sie sind!" sind in der
Schule verboten und dürfen höchstens daheim den eigenen Kindern
gegenüber gebraucht werden.
ß 5. Sobald der Pedell läutet, hat sich der Professor, an-
ständig gekleidet, in das Schulzimmer zu begeben und dort in ge-
ziemender Haltung zu warten, bis alle Schüler da sind. Andere
als die nöthigen Bücher in die Schule mitzunehmen oder gar Sachen,
die den Ernst des Unterrichts stören, wie z. B. Matjes-Häringe,
j Fromage de Brie, u. dgl., ist strengstens untersagt.
8 6. Während des Unterrichtes soll der Professor ununter-
brochen ruhig und aufmerksam sein, um jede von den Schülern
gestellte Frage sofort beantworten zu können. Fragen des Professors
an die Schüler sind, soweit solche überhaupt zulässig erscheinen,
jederzeit, so zu stellen, daß der Schüler sie ohne Schwierigkeit beant-
worten kann; z. B, in der Naturgeschichte: „Ich zeige Ihnen
hier einen Papagei! Sagen Sie mir, Müller, was für ein Vogel
ist das?"
8 7. Ist ein Professor durch Unwohlsein verhindert, Schule
zu halten, so hat er dieses rechtzeitig den Schülern, womöglich
einen Tag vorher, bekannt zu geben, damit diese nicht vergeblich
sich in die Schule zu bemühen brauchen. Uebernimmt er den Unter-
richt wieder, so hat er ein von seiner Gattin oder Haushälterin
unterzeichnetes Attest, in welchem die Art und Dauer der Krankheit
angegeben ist, seinen Schülern vorzülegen. Ob in sonstigen Fällen,
z. B. wegen Trauung, Kindstaufe, Todesfall, ein Professor vom
Unterricht befreit werden soll, darüber entscheiden die Schüler durch
Abstimmung mit einfacher Stimmenmehrheit.
8 8. Es ist den Professoren strengstens untersagt, Schulden
zu machen. Wirthe dürfen nur jenen Professoren borgen, von
welchen sie wissen, daß deren Frau die Kasse hat.
8 9. Es ist die Pflicht eines Professors, auch außer der Schule
sich fortwährend mit Studium zu beschäftigen, um jenen Grad der
Ausbildung zu erreichen, welchen seine Schüler von ihm beanspruchen
können. Müßiges Spazierengehen ist daher den Professoren unter- j
sagt. Begegnen sie einem bummelnden Schüler, so haben sie, uni !
nicht schlechtes Beispiel zu geben, in der nächsten Seitengasse zu ;
verschwinden. Ebenso ist den Professoren untersagt, Wirthshäuser j
zu besuchen, damit die Schüler nicht in die Gefahr kommen können,
dort von ihnen erwischt zu werden.
8 10. Professoren sollen nie zum Unterricht kommen, wenn
sie nach Tabak duften. Bor dem Eintritt in das Schulgebäude hat
daher der Rektor bei allen Professoren nachzuriechen und jene Pro-
fessoren zurückzuweisen, welche durch Tabakgeruch übles Beispiel
geben und die Schüler belästigen würden.
8 11. Jeder Schüler hat Verstöße eines Professors gegen die
Disciplinarordnung sofort zur Anzeige zu bringen.
8 12. Die vom Rektor gegen die Professoren anzuwendenden
Disciplinarstrafen sind:
1) Verweis unter vier Augen, 2) Verweis in Gegenwart der
Schüler, 3) Hausarrest, 4) Strafarbeiten.
iplinarsatznngen rc.
Welche von diesen Strafen in jedem einzelnen Falle anzu-
wenden ist, haben die Schüler im Einverständniß mit dem Rektor
zu bestimmen.
8 13. Professoren, welche durch zu große Strenge, übermäßige
Anforderungen, große Hausaufgaben oder gar Strafarbeiten die freie
Entwicklung ihrer Schüler beeinträchtigen oder deren Gesundheit ge-
fährden, können im Wiederholungsfälle von der Anstalt entfernt werden.
8 14. Jeder Professor, der einem Schüler seiner Klasse am
Ende des Schuljahres in irgend einem Gegenstand eine Nachprüfung
gibt, hat diesen Schüler während der Ferien täglich vier Stunden
unentgeltlich zu unterrichten und falls die Nachprüfung dennoch miß-
lingt, für denselben im nächsten Jahre das ganze Schulgeld zu bezahlen.
8 15. Ein Professor, welcher im Absolutorium in seinem Fache
einem Schüler die Note IV gibt und dadurch herbeiführt, daß der
Schüler durchfällt, hat für das fernere Fortkommen dieses Schillers
bis zur Erlangung einer sicheren Versorgung aus eigenen Mitteln
zu sorgen.
8 16. Sämmtliche vorstehende Bestimmungen können erforder-
lichen Falles auf Antrag der Schüler noch verschärft werden.
Der rücksichtsvolle Jean.
Herr Baron (unverheirathet): „Jean, ich habe heute er-
fahren, daß Du Dich mit Heirathsgedanken herumträgst!"
Bedienter: „Ich . . ich möcht' schon heirathen, gnädiger
Herr, aber ich kann ja nicht — denn was soll dann aus
Ihnen werden?" __
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der rücksichtsvolle Jean"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 94.1891, Nr. 2376, S. 51
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg