Mathes und Kathrein.
Eine Kölner Friedhofsgeschichte.
»er Mathes hatte die Kathrein sehr lieb gehabt, und als sie starb,
war er untröstlich. Kinder hatten sie keine, aber sie hatten ein
stillzufriedenes Eheleben geführt. Er war auch Abends nicht, wie
sonst die Kölner Bürger zu thun Pflegen, in's Weinhaus gegangen,
sondern hatte sein Schöppchen daheim getrunken und dabei der
guten Kathrein auch immer ein Gläschen eingeschenkt. Am Rhein,
im gesegneten Weinlande, verschmähen auch die Frauen die Gottes-
gabe nicht.
Nun war das Alles vorbei und dem armen Matthes wollte
das Schöppchen allein gar nicht mehr schmecken. Er konnte die
Verlorene nicht vergessen. Da steckte er eines Nachmittags sein
Fläschchen in die eine Rocktasche, und zwei sauber in Papier ge-
wickelte Gläser in die andere und pilgertc hinaus nach Melaten, wo
sie begraben war.
Das Grab lag ziemlich abseits vom Hauptwege und war gut
unterhalten mit Reseda und Monatsrosen — die Lieblingsblumen der
Verstorbenen. Eine Bank stand ganz in der Nähe. Auf die setzte
sich Mathes und seufzte: „Kathrein, ich bin zu Dir hinausgekommen,
denn ich muß noch immer an Dich denken!" Dann zog er das
Fläschchen und die Gläser heraus, stellte sie auf die Bank und schenkte
ein. „Für mich eins und eins für Dich", sagte er treuherzig; — „weißt
Du noch, Kathreine, wie wir Abends immer so vergnügt im Hinter-
stübchen saßen und plauderten und unser Gläschen tranken? Ich
Hab' von dem Brauneberger mitgebxacht, den Du so gerne hattest."
Dann stieß er mit seinem vollen Glas an das andere an: „Prost
Kathrein!" trank es aus und das andere ebenfalls, denn sie konnte
ja nicht mehr mittrinken. Darauf saß er eine Weile still, füllte
die Gläser auf's neue, „Prost Kathrein!" und leerte sie auch auf's
neue. Der Brauneberger war ein so leckeres Dröppchen.
Dies trieb der Mathes den ganzen Sommer lang — zwei-, drei-
mal in der Woche. An einem schönen Septembernachmittag kam er
Mathes und Kathrein. 199
auch wieder mit seinem Fläschchen und mit den Gläsern und schenkte
ein. Aber diesmal machte er ein sehr ernstes Gesicht, schaute nach
dem Grabe hinüber und sagte: „Hör', Kathrein, heut' muß ich
Dir 'was Wichtiges verzällen.. Erschrick nicht; ich Hab' Lust, mich
wedder zu verhierathen, aber ich will Dich doch vorher um Rath
fragen.. Du kennst die Trina von dem Spezereihändler an der
Stolkgasse; sie ist das einzige Kind, und der Batter steht sich gut,
und ich Hab' ja auch zu lewen. Sie heißt beinah' wie Du und
hat auch sonst viel von Dir. Und gar so alt bin ich ja auch
noch nicht. Aber ohne Deine Einwilligung will ich es doch nicht
thun — nein, gewiß nicht, Kathrein!. . Jetzt pass' auf: Wenn Du
nix sagst, so nehm' ich an, daß es Dir recht ist. .. Du hast mich
doch verstanden? . . Prost Kathrein!" Und er stieß an und trank
die beiden Gläser aus. Dann horchte er. „Sie sagt nix", flüsterte
er vor sich hin und schenkte die Gläser wieder voll... „Kathrein",
begann er von neuem, „ich wart' noch immer auf Antwort!" —
Alles blieb still. — Da stand der Mathes auf, beugte sich über das
Grab und sagte: „Gut, jetzt weiß ich doch, daß es>Dir recht ist —
denn Du hast nix gesagt. Das lohn' Dir der liebe Gott ini
Himmel.. Prost Kathrein!" Und er stieß wieder an und leerte die
beiden Gläser. Dann ging er ganz seelenvergnügt heim und nahm
die Trina.
Ein gewissenhafter Patient.
A: „Warum wollen Sie mir keine Satisfaction geben?"
B: „Weil mir der Arzt Alles verboten, was der Gesundheit
schädlich ist!" _
Wenn ich ein Büglein war'!
«Denn ich ein Vöglein wär',
Schwäng' ich mich nun
Hoch in die Luft, wie die
Schwalben es thun.
Schlösse mich an dem
Befiederten Zug;
Lachendem Süden zu
Ginge mein Flug.
Und meinen Gläubigern
O welches Glück —
Bliebe das Nest dann,
Das leere, zurück!
Drucksehlerteufel.
„ . . . Jetzt brach die Gesellschaft auf. Plaudernd und scherzend
schritt man dem mit kostbaren Büsten reich geschmückten Corridor
entlang, dem Ausgange zu. Der Diener öffnete die Pfote. .."
23*
Eine Kölner Friedhofsgeschichte.
»er Mathes hatte die Kathrein sehr lieb gehabt, und als sie starb,
war er untröstlich. Kinder hatten sie keine, aber sie hatten ein
stillzufriedenes Eheleben geführt. Er war auch Abends nicht, wie
sonst die Kölner Bürger zu thun Pflegen, in's Weinhaus gegangen,
sondern hatte sein Schöppchen daheim getrunken und dabei der
guten Kathrein auch immer ein Gläschen eingeschenkt. Am Rhein,
im gesegneten Weinlande, verschmähen auch die Frauen die Gottes-
gabe nicht.
Nun war das Alles vorbei und dem armen Matthes wollte
das Schöppchen allein gar nicht mehr schmecken. Er konnte die
Verlorene nicht vergessen. Da steckte er eines Nachmittags sein
Fläschchen in die eine Rocktasche, und zwei sauber in Papier ge-
wickelte Gläser in die andere und pilgertc hinaus nach Melaten, wo
sie begraben war.
Das Grab lag ziemlich abseits vom Hauptwege und war gut
unterhalten mit Reseda und Monatsrosen — die Lieblingsblumen der
Verstorbenen. Eine Bank stand ganz in der Nähe. Auf die setzte
sich Mathes und seufzte: „Kathrein, ich bin zu Dir hinausgekommen,
denn ich muß noch immer an Dich denken!" Dann zog er das
Fläschchen und die Gläser heraus, stellte sie auf die Bank und schenkte
ein. „Für mich eins und eins für Dich", sagte er treuherzig; — „weißt
Du noch, Kathreine, wie wir Abends immer so vergnügt im Hinter-
stübchen saßen und plauderten und unser Gläschen tranken? Ich
Hab' von dem Brauneberger mitgebxacht, den Du so gerne hattest."
Dann stieß er mit seinem vollen Glas an das andere an: „Prost
Kathrein!" trank es aus und das andere ebenfalls, denn sie konnte
ja nicht mehr mittrinken. Darauf saß er eine Weile still, füllte
die Gläser auf's neue, „Prost Kathrein!" und leerte sie auch auf's
neue. Der Brauneberger war ein so leckeres Dröppchen.
Dies trieb der Mathes den ganzen Sommer lang — zwei-, drei-
mal in der Woche. An einem schönen Septembernachmittag kam er
Mathes und Kathrein. 199
auch wieder mit seinem Fläschchen und mit den Gläsern und schenkte
ein. Aber diesmal machte er ein sehr ernstes Gesicht, schaute nach
dem Grabe hinüber und sagte: „Hör', Kathrein, heut' muß ich
Dir 'was Wichtiges verzällen.. Erschrick nicht; ich Hab' Lust, mich
wedder zu verhierathen, aber ich will Dich doch vorher um Rath
fragen.. Du kennst die Trina von dem Spezereihändler an der
Stolkgasse; sie ist das einzige Kind, und der Batter steht sich gut,
und ich Hab' ja auch zu lewen. Sie heißt beinah' wie Du und
hat auch sonst viel von Dir. Und gar so alt bin ich ja auch
noch nicht. Aber ohne Deine Einwilligung will ich es doch nicht
thun — nein, gewiß nicht, Kathrein!. . Jetzt pass' auf: Wenn Du
nix sagst, so nehm' ich an, daß es Dir recht ist. .. Du hast mich
doch verstanden? . . Prost Kathrein!" Und er stieß an und trank
die beiden Gläser aus. Dann horchte er. „Sie sagt nix", flüsterte
er vor sich hin und schenkte die Gläser wieder voll... „Kathrein",
begann er von neuem, „ich wart' noch immer auf Antwort!" —
Alles blieb still. — Da stand der Mathes auf, beugte sich über das
Grab und sagte: „Gut, jetzt weiß ich doch, daß es>Dir recht ist —
denn Du hast nix gesagt. Das lohn' Dir der liebe Gott ini
Himmel.. Prost Kathrein!" Und er stieß wieder an und leerte die
beiden Gläser. Dann ging er ganz seelenvergnügt heim und nahm
die Trina.
Ein gewissenhafter Patient.
A: „Warum wollen Sie mir keine Satisfaction geben?"
B: „Weil mir der Arzt Alles verboten, was der Gesundheit
schädlich ist!" _
Wenn ich ein Büglein war'!
«Denn ich ein Vöglein wär',
Schwäng' ich mich nun
Hoch in die Luft, wie die
Schwalben es thun.
Schlösse mich an dem
Befiederten Zug;
Lachendem Süden zu
Ginge mein Flug.
Und meinen Gläubigern
O welches Glück —
Bliebe das Nest dann,
Das leere, zurück!
Drucksehlerteufel.
„ . . . Jetzt brach die Gesellschaft auf. Plaudernd und scherzend
schritt man dem mit kostbaren Büsten reich geschmückten Corridor
entlang, dem Ausgange zu. Der Diener öffnete die Pfote. .."
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Mathes und Kathrein"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 94.1891, Nr. 2393, S. 199
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg