Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Fergusson, James
Das Erechtheion und der Tempel der Athene Polias in Athen — Leipzig, 1880

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.813#0025
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
17

II

■ ' • ' .....v- . • \~ ■•■'.--

,'■ • 4 i

Nachdem ich die Aushängebogen der Verhandlungen des Royal Institute of British Ar-
chitects, in welchen mein Vortrag abgedruckt war, erhalten hatte, sandte ich ein Exemplar
an Herrn Professor Michaelis in Strassburg, welcher, wie schon erwähnt, gleichzeitig mit mir,
jedoch durchaus unabhängig, zu dem Schlüsse gelangt war, dass der Oelbaum nicht innerhalb
des Gebäudes, das wir heute sehen, sondern im Freien, in einem Hofraum westlich von dem-
selben, gestanden habe: eine Thatsache, die mir, damals wie jetzt, als der Schlüssel erschien,
der das Geheimniss des ganzen Gebäudes aufschloss. Am 8. April 1876 antwortete Herr Pro-
fessor Michaelis; trotz allem was ich geltend machte, hielt er an seiner ursprünglichen Meinung
fest, dass der östliche Theil des Tempels der der Athene Polias und der westliche das eigent-
liche sogenannte Erechtheion sei. Gleichzeitig setzte er auseinander, was er für wichtiger als
dies ansah, dass nämlich meine Restauration dadurch verdorben worden sei, dass ich das Vor-
handensein von sechs Lichtöffnungen im Gemäuer, die er als ursprüngliche Theile des Baues
festhielt, übersehen hätte. In meiner Entgegnung darauf erklärte ich, dass mir aus einer Pho-
tographie die Existenz wenigstens einer dieser Oeffnungen bekannt sei, dass ich mich jedoch
an Herrn Penrose gewandt und dieser mich versichert hätte, es seien Schiessscharten, welche
die Griechen oder Türken für ihre Musketiere durchgebrochen hätten, als der Platz in ein Fort
verwandelt wurde: wie wir denn unglücklicherweise nur allzu gut wissen, dass dies zur Zeit,
da diese beiden Parteien sich den Besitz der Akropolis streitig machten, geschehen ist.

Am 6. December desselben Jahres erhielt ich einen kurzen Brief von Herrn Professor
Michaelis, worin er noch immer an seinem Standpunkt festhielt, jedoch mittheilte, er hätte
seine Ansichten in einer Abhandlung niedergelegt, die er mit den erforderlichen Zeich-
nungen und Grundrissen zur Veröffentlichung in den „Mittheilungen des Deutschen Archäolo-
gischen Institutes in Athen" abgesandt hätte. Diese Abhandlung wurde gedruckt und kam
mir zu Händen; indessen war damals meine Aufmerksamkeit so völlig durch die Vorbereitung
meines Werks über die ,,Temples of the Jews" in Anspruch genommen, dass ich erst im
April 1878 im Stande war, den Gegenstand wieder aufzunehmen und sein Schreiben zu beant-
worten. Am 18. April schrieb ich ihm einen sehr langen Brief, worin ich darlegte, weshalb
seine Restauration mir unhaltbar schiene. Erstens, weil ich mir nicht denken könnte, dass
ein so künstlerisches Volk wie die Griechen das Innere eines ihrer schönsten Tempel mit hölzer-
nen Fussböden und unsymmetrisch angeordneten hölzernen Treppen und zugleich mit weniger
Würde und Anmuth erfüllt haben sollten, als in neun Zehnteln der Wohnhäuser zweiter Klasse
in London und andern modernen Städten zu finden wäre. Zweitens setzte ich auseinander, dass
die Oeffnungen, wie er sie benutzte, den Zwecken, für die sie bestimmt waren, nicht dienten
und nicht dienen konnten. In einigen Beziehungen waren sie nutzlos und in allen ungenügend,
wenn sie den Zweck hatten, das Innere der Gemächer, in welchen er ihnen ihre Stelle an-
wies, zu beleuchten. Drittens betonte ich, dass der Weg, den er den Pausanias bei seiner
Besichtigung des Tempels nehmen Hess, nicht allein fast bis zur Unmöglichkeit unwahrscheinlich
wäre, sondern dass überdies die Worte seines Textes demselben derart widersprächen, dass er
völlig unzulässig wäre. Ausserdem machte ich noch gegen Einzelheiten kleinere Einwürfe,
welche ich hier übergehen kann. Weitere Correspondenz darüber fand nicht statt.

Feegusson. 3
 
Annotationen