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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 13.1917

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Kempf, Friedrich: Heimsuchungen und Schicksale des Freiburger Münsters in Kriegsnot, durch Menschenhand und Feuersgefahr: II. Durch Menschenhand
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https://doi.org/10.11588/diglit.2399#0015

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Kempf, Heimsuchungen und Schicksale des Freiburger Münsters in Kriegsnot, durch Menschenhand und Feuersgefahr 11

ob sie früher ein Gefäß (Salbgefäß) in der Hand gefunden haben? Der Sternenkranz um das Haupt
hielt. Möglicherweise könnte die Gestalt einer hei- der Mutter, ihre Metallkrone sowie der Strahlen-
ligen Magdalena in Frage kommen (Abbild. 6). nimbus vom Kinde erweisen sich als die nämlichen
Eine Plastik von gleichen stilistischen Eigen- Arbeiten wie die der Heiligenscheine der beiden
schaffen ist die in dem Baldachin über der Sakristei Standbilder von St. Lambert und St. Alexander auf den
befindliche Figur, wo sie ursprünglich nicht gestanden beiden andern Säulen. Es ist-sonach anzunehmen,
haben kann, weil sie aus früherer Zeit stammt als dass die Schmuckteile der Madonna in der gleichen
diese. Es ist wiederum eine anmutsvolle weib- Zeit, also auch im Jahre 1719, gefertigt wurden.
liehe Gestalt, mit erhobener Rechten und ausge- Die uns hier beschäftigenden fünf Bildwerke
strecktem Zeigefinger, während die Linke ein Spruch- zeigen in bezug auf Material, Größe, stilistische und

band hält (Abbild.8). Nur
zeigt ihre Plinthe eine
von den der andern in
Frage stehenden Figuren
abweichende Behand-
lung. In denselben Fi-
gurenkreis mag endlich
ein Standbild der Ma-
donna mit demjesu-
kind auf dem Arme, das
einen Vogel1 in der Hand
hält, gehören. Es be-
krönt heute die mittlere
der drei Säulen vor dem
Hauptportal (Abbild. 7).
Schuster2, der den drei
Säulen vor dem Münster
eine verdienstliche Un-
tersuchunggewidmet hat,
sagt von der Madonna-
figur, sie sei „eine Kopie
einer altgotischen Statue,
deren Original nicht be-
kannt ist, vermutlich nur
ein Ersatz einer frühe-
ren, im Barockstil aus-
geführten, die vielleicht
durch die Beschießung
im Jahre 1744 zerstört
worden war." Die An-
nahme, als ob es sich um
eineNachbildung handle,

Abbild. 4. Abbild. 5.

Überarbeitete leuchtertragende Engel.

künstlerische Behand-
lung und insbesondere
die Mannigfaltigkeit und
Art des Faltenwurfes,
auffallende Verwandt-
schaft. Demzufolge wird
nicht von der Hand zu
weisen sein, dass man
es mit Figuren zu tun
hat, die in irgend einer
Beziehung zu einander
gestanden haben und
für einen gemeinsamen
Zweck bestimmt waren.
Die beiden Engel lassen
außerdem die gleiche
biegsame, graziöse Hal-
tung, Formsicherheitund
lebensvolle Charakteri-
stik erkennen, wenn auch
infolge ihrer späteren
unerfreulichen Behand-
lung, in erheblich ver-
mindertem Maße, wie die
beiden Leuchterengel
hinten am Eingang. Sämt-
liche Figuren, die früher
bemalt waren, haben lei-
der in späterer Zeit eine
Überarbeitung erfahren,
eine Behandlungsweise,
von der nachher noch zu

ist, wie wir auf Grund näherer Besichtigung feststellen sprechen sein wird. Damit werden nun auch die
konnten, nicht richtig. Möglich wäre es, daß die go- Worte „neu gehauene Engel" der vorhin erwähnten

tische Madonna als Ersatz einer ursprünglichen, schad-
haft gewordenen Barockfigur auf die Säule gekommen
ist, allein zwingend ist diese Annahme auch nicht,
denn das Madonnenbild war vorhanden und hatte
keinen besonderen Zweck mehr zu erfüllen. Warum

Chroniknotiz vom Jahre 1792 ohne weiteres verständ-
lich. Nur die jetzt im Pfeilerbaldachin über der
Sakristei stehende Figur blieb unberührt, weil sie
viel früher wie die übrigen, in einer Zeit, in der
man noch Sinn und Verständnis für das von der

sollte es deshalb nicht gleich bei Errichtung der Vorzeit Geschaffene hatte, aus dem Münster nach
Säule im Jahre 1719 für ihre Bekrönung Verwendung ihrem neuen Bestimmungsort versetzt wurde.

Es bliebe noch zu sagen übrig, an welcher Stelle

1 Vgl. F. X. Kraus, Geschichte der christlichen Kunst. .

Herausgegeben von J. Sauer. II, 2, 474. lm alten Chor dle beiden weiblichen Gestalten und

2 Münsterblätter 5, i. die Gottesmutter mit dem Kinde ihren Standort ein-
 
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