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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 13.1917

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Kempf, Friedrich: Heimsuchungen und Schicksale des Freiburger Münsters in Kriegsnot, durch Menschenhand und Feuersgefahr: II. Durch Menschenhand
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18 Kempf, Heimsuchungen und Schicksale des Freiburger Münsters in Kriegsnot, durch Menschenhand und Feuersgefahr

gerettet werden können. Der Ölberg, mitten im
hastenden Getriebe des Verkehrs, einst im stillen
Gottesacker gestanden, diente unseren Vorfahren,
zumal in sorgenvollen Tagen, als Stätte der Ruhe
zur seelischen Erhebung und Erbauung. Wir er-
innern uns aus den im letzten Hefte geschilderten

und die nachherige Anzeige der Eigentümer des Hundes
unterlassen ; d) der Eigentümer eines solchen Hundes
wäre mit einer bestimmten Geldstrafe beim mehr-
maligen Erscheinen seines Hundes unnachlässlich zu
belangen und wenn dieses nicht hilft, der Hund dem
Nachrichter preiszugeben; e) es wäre hierüber beson-
dere Polizeiverfügung zu verfassen, dieselbe im offen t-

Schicksalen des Münsters in Kriegszeiten des jener liehen Blatte und auch von den Kanzeln unter geeig-

neter Belehrung des Predigers über die erforderliche
Ehrfurcht bei dem Gottesdienste bekannt zu machen
und über die Befolgung dessen, was angeordnet ist,
strenge zu wachen.

So mannigfaltig die Gründe für die Vernichtung
gewesen sein mögen, sie lassen sich doch meistens
auf die Einflüsse menschlicher Kräfte zurückführen.
Von diesen Schicksalsschlägen wurden vor allem die
aus der Hauptbauzeit des Münsters stammenden
Altäre heimgesucht. Zahlreich waren solche an den
Bündelpfeilern des Langschiffes und im Querschiff,
in letzterem allein 12, vorhanden. Im Jahre 1482
standen nach dem Subsidium caritativum im Münster
folgende Altäre: S. Stephani, S. Johannis, Trium
regum, S. Nicolai, S. Petri et Pauli in choro, S. Petri
et Pauli in corpore ecclesie, S. Margarete, S. Mag-
dalene, Corporis Christi, S. Georgii, S. Martini, S.
Oswaldi, S. Crucis, S. Sebastiani, S. Afre, S. Marie
virginis, S.Catharine in novo choro, S. Catharine in
corpore ecclesie, S. Bartholomei, S.Anne, S.Michaelis,
S. Andree in coemiterio, S. Leonhardi, S. Thome.
Alle diese Altäre sind spurlos verschwunden, nicht
einer ist uns überliefert. Wie sie ausgesehen haben,
entzieht sich natürlich unserer Kenntnis.

Nachdem in den Zeiten der langen Kriege das
Münster als Magazin für Proviant, als Quartier und
Der Stadtrat war vom Stadtamt infolge eines als Stapelplatz für alle möglichen weltlichen Gegen-
Ansuchens des Stadtdekanats zum Bericht darüber stände zu dienen hatte, kann es, zumal bei dem Un-
aufgefordert worden, wie dem herrschenden Miss- vermögen der Fabrik zu Erhaltungsmaßnahmen irgend
brauch, Hunde mit in die Kirche zu nehmen, wo- welcher Art, nicht wundernehmen, wenn durch Schä-
durch die Andacht der Anwesenden gestört werde, digungen und Verschleuderungen bewegliche Kunst-
abzuhelfen sei. Zur Abhaltung und Vertreibung der schätze der Gotik verloren gegangen sind. Und was
Hunde aus der Kirche, so berichtet hierauf der damals nicht zugrunde gerichtet wurde, fiel zu Ende
Stadtrat unterm 26. Januar 1816, dürften wohl, nach des 17. und im 18. Jahrhundert unter dem Einfluss
der Erfahrung und wie es andern Orten üblich ist, der wechselnden Kultur, als die Richtung des Barock

Bürgersfrau widerfahrenen tragischen Geschickes,
die am 30. Oktober 1744 in dem Augenblick von
abgeschossenen Steinstücken tötlich getroffen wurde,
als sie mit ihren Kindern vor dem Ölberg im Gebet
versunken war. Wenn auch die beständige, mutwillige
Zerstörung und andauernde Vernachlässigung des
Ölbergs sein Schicksal besiegelte, so haben dazu
ohne Frage noch weitere Gründe beigetragen. Die
breite Masse des Volkes scheint sich die Entfernung
nicht sonderlich zu Herzen genommen zu haben,
sonst würde ein ernstlicher Versuch gemacht worden
sein, um seinen Fortbestand zu sichern.

Von einer Zeit aber, die es, um nur eines her-
vorzuheben, für schicklich hielt, in Begleitung von
Hunden zur Kirche zu gehen, lässt sich kein ver-
ständnisvolles Pflegen und Erhalten kirchlicher Kunst-
werke erwarten. Diese Tatsache, die als der Aus-
druck der Denk- und Gesinnungsart aufzufassen ist,
und die religiösen und kirchlichen Zustände jener
Tage auf das schlagendste dartut, steht mit den da-
maligen politischen und geistigen Strömungen im
Zusammenhang. Gegen den besagten Unfug musste
amtlicherseits eingeschritten werden und es dürfte
nicht unangebracht sein, die zur Steuerung dieser
Unsitte in Vorschlag gebrachten Maßnahmen zu er-
fahren.

folgende Mittel entsprechend sein: a) des öftern Er-
innern der Christenlehrer und Prediger über den Unfug,
die Hunde in Gottesdienst mitzuschleppen; b) wenn
den Kirchendienern von ihren Vorstehern aufgetragen
wird, sich der Hundspeitsche und des Nachsuchens und
Hinausjagens der Hunde nicht zu schämen und bei
öfterem Erscheinen eines Hundes dessen Eigentümer

und des Rokoko ihr ausgelassenes Spiel trieb, zum
Opfer. Man hatte das Mittelalter nicht mehr ver-
standen und war deshalb von keiner wahren Emp-
findung für seine Kunst beseelt. Die Folge war,
dass man, soweit es die Mittel erlaubten, den Alt-
bestand, insbesondere die überlieferten Werke der

bei der Polizeibehörde anzuzeigen; c) wenn den Polizei- gotischen Plastik, entfernte oder wenigstens nicht

dienern durch ihren nächsten Vorstand persönlicher
bestimmter Tagesbefehl gegeben wird, daß sie in den
Hauptkirchen und bei dem sonntäglichen Hauptgottes-
dienst Untersuchung über diesen Unfug halten und da-
für persönlich verantwortlich gemacht werden, wenn sie
ihr Amt nicht halten und das augenblickliche Vertreiben

mehr mit gebührender Sorgfalt und Liebe bewahrte
und eigene Leistungen, im Geiste der Zeit, an deren
Stelle setzte. Diese neue Richtung fand durch Jo-
hann Christoph Rieher, der im wesentlichen Auto-
didakt, kein Architekt, jedoch viel Verständnis und
 
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