13 i e d o p p e i t e K u r v e.
Die moderne Anschauung von der Kunst wird von dem Irrtum
beschattet, der unserer ganzen Gesittung wie eine Krankheit an-
haftet. Die Zeit begnügt sich, von der Kunst das zu nehmen
und ihr das zu gehen, was der ihr eigentümlichen Zivilisation
behagt. Ihr Bedürfnis, ihr Verständnis wird von Luxus diktiert.
Daher die gemeine Nähe der Kunst, daher ihre nebelhafte Ferne.
Das Wort Sensation bezeichnet ihre gewohnte Wirkung. Keiner
bedarf ihrer ernstlich. Jeder hat sie. Wie einen Schlips, eine
Uhrkette, einen Nachmittag. Uber das persönliche Talent des
einzelnen, über persönliches Gefallen, Nichtgefallen hinaus be-
deutet sie nichts. Allenfalls eine hübsche Frau, von der man sich
streicheln und ein wenig mißhandeln läßt. Mit dem Geschäft des
Tages hat Kunst nichts zu tun. Womöglich glaubt man sie zu
ehren, indem man sie absperrt. Auch mit dem Krieg hat sie
nichts zu tun. Auch nichts mit der Erschütterung, die dem Erd-
ball, auf dem wir leben, ein anderes Gesicht gibt.
Dem der gelitten hat, braucht man nicht den Unterschied
zwischen dieser so gefräßigen, so bescheidenen Zivilisation und
der Kultur zu nennen. Dieser und jener hat gelitten, viele von
uns haben in irgendeiner Gefangenschaft gelernt, ohne den
Komfort der Zivilisation fertig zu werden. Dafür rückten uns
andere Güter näher. Was uns der geistigen Existenz erhielt,
unser Traum, was uns von dem Krieg hinweg in ein ganz anderes
Dasein trieb, in einen Frieden, den kein Getöse erreichte, in einen
Krieg über allen Schlachten, was den Auserwählten unter uns
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Die moderne Anschauung von der Kunst wird von dem Irrtum
beschattet, der unserer ganzen Gesittung wie eine Krankheit an-
haftet. Die Zeit begnügt sich, von der Kunst das zu nehmen
und ihr das zu gehen, was der ihr eigentümlichen Zivilisation
behagt. Ihr Bedürfnis, ihr Verständnis wird von Luxus diktiert.
Daher die gemeine Nähe der Kunst, daher ihre nebelhafte Ferne.
Das Wort Sensation bezeichnet ihre gewohnte Wirkung. Keiner
bedarf ihrer ernstlich. Jeder hat sie. Wie einen Schlips, eine
Uhrkette, einen Nachmittag. Uber das persönliche Talent des
einzelnen, über persönliches Gefallen, Nichtgefallen hinaus be-
deutet sie nichts. Allenfalls eine hübsche Frau, von der man sich
streicheln und ein wenig mißhandeln läßt. Mit dem Geschäft des
Tages hat Kunst nichts zu tun. Womöglich glaubt man sie zu
ehren, indem man sie absperrt. Auch mit dem Krieg hat sie
nichts zu tun. Auch nichts mit der Erschütterung, die dem Erd-
ball, auf dem wir leben, ein anderes Gesicht gibt.
Dem der gelitten hat, braucht man nicht den Unterschied
zwischen dieser so gefräßigen, so bescheidenen Zivilisation und
der Kultur zu nennen. Dieser und jener hat gelitten, viele von
uns haben in irgendeiner Gefangenschaft gelernt, ohne den
Komfort der Zivilisation fertig zu werden. Dafür rückten uns
andere Güter näher. Was uns der geistigen Existenz erhielt,
unser Traum, was uns von dem Krieg hinweg in ein ganz anderes
Dasein trieb, in einen Frieden, den kein Getöse erreichte, in einen
Krieg über allen Schlachten, was den Auserwählten unter uns
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