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Griechentum und Improvisation
von
Otto Hettner
Nichtoft wurde das Griechentum wieder lebendig.DieÜbernahme
der Motive ist etwas anderes, etwas anderes und höchst Peinliches,
wenn nicht vom Geiste belebt, die Übernahme antiker Formen.
Dieser Geist gibt Raffael in seinen glücklichsten Inspirationen die
beglückende Physiognomie, er lebt in der Poussinschen Disziplin,
ist das, was Marees von seinen Zeitgenossen scheidet. Irrtümliche
Traditionen, die Folge der Konturkupferstiche, die, wie heute die
Photographie die Reproduktionsform waren, in der in gleicher
Weise Vasenbilder, pompejanische Malereien, der Triumph des
Todes in Pisa, die Galathea, die Assunta nach dem Norden einge-
führt wurden und dort, da kein Anhalt zu formaler Betrachtung
vorhanden war, die ausschließlich literarische Anschauung er-
zeugten, haben bewirkt, daß man den sauberen, aus Blech ge-
schnittenen Umriß mit griechischer Form verwechselte. Von
dieser Manier der Carstens und Genelli hat sich auch Feuerbach
nicht ganz befreit. Nie vibriert sein Strich. Griechisch sind die
Ausmessungen seiner Figuren, nicht die Verhältnisse in seinen
Bildern. Es ist ein Unglück, daß die griechische Idee den Deut-
schen durch den Ästheten Winckelmann geschenkt wurde, oder
vielmehr, daß er sein künstlerisches Gewissen ausgerechnet bei
Mengs fand. Frankreich hatte Poussin, und eine klare Linie führt
von ihm bis zu Cezanne. Die deutschen Landschaftsmaler in
Rom, Koch und seine Genossen, hauten wohl auf ihm auf, aber
das Eigentliche, der hellenische Geist, entging ihnen, ebenso wie
er einst Dughet, dem direkten Nachfolger Poussins entglitten war,

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