Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 4.1906

DOI Artikel:
Lithographien von P. Bonnard
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4390#0218
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext


"~jt i<:



-;/*



ȊW*





\>; '





^*#ä



LITHOGRAPHIEN VON

R BONNARD

Maurice Denis hatte mir einen der entzückend-
sten Eindrücke sofort gemacht, als ich etwas von
ihm kennen lernte: im Jahre 1893, als mir „le
voyage d'Urien" in die Hände fiel, ein Buch von
Andre Gide, das er mit sehr einseitigen, sehr per-
sönlichen und doch zum Inhalt des Buchs vollständig
passenden Zeichnungen geziert hatte. Als ich ihn
in Wien im Februar 1903 auch als Maler kennen
lernte, mit kleinen Bildern, welche Linie und Farbe,
taufrischen Charme und Freskenhaftes zusammen-
banden, wuchs nur meine Freude. In Wien be-
merkte ich auch zuerst die Malerei von Roussel.
Er erschien mir als ein Träumer, in dem die Grund-
form von Poussin zittert, die er durch einen Schleier
hellgrünlicher und violetter Töne erblickt. Gleich-
falls auf dieser Impressionistenausstellung in Wien
trat mir zuerst Vuillard entgegen und leuchtete
mir ein, dieser Maler, der reizendes Scheinen von
Lampen vor abendlichen Gärten darstellt, und zart
flimmernde Interieurs, aus einem kleinen Glase

trinkend, das aber zweifellos das ihm gehörende
Glas ist, aus einem andern fände er nichts zu trinken.
Bonnard war der einzige unter den vier Freunden,
der mir in Wien nicht nahe kam.

Ich hatte den Eindruck: er ist ein Künstler,
der nichts eigentliches mit sich und seinen Talenten
anzufangen weiss, ein Kennernaturell eher als ein
echtes gewachsenes Talent. Als ich nach Berlin zu-
rückkam, fand ich auch hier eine Ausstellung
Bonnard; sie bestätigte den wiener Eindruck.
Ein witziges, bis zum Parodieren gehendes Ver-
wenden von Formeln der modernen Anschauung
fiel mir auf. Auch als ich in Dresden 1904 einen
Bonnard — tollerweise neben einen Manet ge-
hängt! — sah, behielt ich die Empfindung: ein
witziger Akademiker, und blieb kalt.

Man kann ja als ein akademisches Naturell
auch innerhalb der modernen Richtungen und
Neigungen sich dokumentieren.

Jetzt habe ich nun eine Reihe von Litho-

211
 
Annotationen