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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930

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Heft 10
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Die Versteigerung der Sammlung Figdor in Wien, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0459
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CURT ROTHE, WANDMALEREI IM SPORTPALAST-KASINO, BERLIN

DIE VERSTEIGERUNG DER SAMMLUNG FIGDOR IN WIEN

ERSTER TEIL

T Tnter großem Zulauf der Museumsdirektoren, Händler und
Sammler aus der ganzen Welt ist in Wien der erste
Teil der Sammlung Figdor versteigert worden. Das Ergebnis
war gut, wenn auch allzu übertriebene Erwartungen nicht
erfüllt wurden.

Den Sensationspreis der Auktion hat die Tapisserie von
Tournai mit der inhaltlich nicht restlos gedeuteten Gerichts-
szene gebracht; die 420000 (mit Aufgeld etwa 490000) Mark,
die das Museum in Kopenhagen gezahlt hat, sind ein hoher
Preis für ein sehr bedeutendes, nicht untadelig erhaltenes
Stück. Der Brüßler Bildteppich mit Ahasver und Esther war
daneben mit 150000 Mark verhältnismäßig wohlfeil. Von
den fränkischen Bildwirkereien erregte eine der frühesten
(die heiligen drei Könige Nr. 21, 72000 Mark) weniger In-
teresse als das reizvolle Fragment mit der Stifterin (Nr. 22,
52000 Mark) und der spätere Tod Maria (Nr. 34, 120000
Mark). Die kleinen Schweizer und Elsässer Bildwirkereien
fanden guten, aber nicht stürmischen Absatz (Nr. 25 und 26 je
61 000 Mark, Nr. 29 33000 Mark, Nr. 32 90000 Mark). Die
Samte und Brokate erzielten erwartungsgemäß hohe Preise,
unter den Stickereien erzielte der frühe böhmische Altarbe-
hang (175) mit 54000 Mark den Rekord, ein gestickter Bett-
behang nach Motiven des Hausbuchmeisters wurde vom Ber-

liner Schloßmuseum um 15 600 erworben, unter den Teppichen
brachte den höchsten Preis der persische Gartenteppich (202),
den das Osterreichische Museum um etwas über 80000 Mark
zur Ergänzung seiner unvergleichlichen Sammlung orientali-
scher Teppiche erwarb. Sehr hoch bewertet wurde ein Ispahan-
Teppich mit 57000 Mark, sowie der schöne Teppich des
16. Jahrhunderts (203) mit 45000 Mark und der Sefiden-
Teppich, der 39000 Mark brachte.

Unter den Zinnarbeiten wurden die Annaberger Kanne
mit 12000 Mark und der hervorragende Breslauer Krug mit
über 20000 Mark sowie der Ostdeutsche Krug mit fast
24000 Mark hoch bewertet. Weniger stark umworben waren
die Goldschmiedearbeiten aus Kupfer und Bronze, unter denen
ein deutsches Trinkhorn des 15. Jahrhunderts mit 12 000 Mark
den höchsten Preis erzielte. Auch das kirchliche Gerät aus
Metall erregte kein starkes Interesse.

Das bemerkenswerteste Stück, der kleine, der Schule von
Verdun zugewiesene Knauf eines Pastorale (381), wurde ver-
dientermaßen bis 21000 Mark gesteigert; bei den Zinn-
arbeiten überwog das regionale Interesse, Stücke, die einer
bestimmten Landschaft zugeschrieben werden konnten, wur-
den meist von den zuständigen lokalen Museen zu anstän-
digen Preisen gekauft. Unter den Möbeln erzielte der Strozzi-

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