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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 31.1932

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Heft 1 und 2
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Heft 3
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E. G.: Versteigerung der Sammlung Yorck von Wartenburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.7616#0123
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Versteigerung der Sammlung Yorck von Wartenburg

Wer in diesen Tagen die Mappen der Kunsthandlung C. G. Boerner durchsah, erhielt
einen interessanten Einblick in Geist und Art eines deutschen Graphiksammlers unserer
Großvätergeneration. Die Mappen enthalten in ungefähr chronologischer Ordnung die
Blätter der Sammlung Yorck von Wartenburg auf Klein-Oelz, die Anfang Mai durch die
Firma C. G. Boerner in Leipzig versteigert werden.

Graf Yorck ist es gelungen, eine Sammlung deutscher Graphik des fünfzehnten und des
sechzehnten Jahrhunderts zu schaffen, die bis zu den Anfängen zurückreicht. Die Seltenheit
einiger Blätter des E. S., Schongauers und anderer früher Meister hat den Namen der
Sammlung den Fachleuten vertraut gemacht — wenn auch mehr im Sinne eines Rari-
tätenkabinetts. Nun aber gliedern sich diese Stücke dem klaren Aufbau der Sammlung
zwanglos ein. Man erlebt die Entstehung des deutschen Kupferstiches in einem Blatt
des Spielkartenmeisters aus der feinen Gravierung der Goldschmiede mit. In mehreren
Darstellungen des Meisters E. S. — Gott und das erste Menschenpaar, Anbetung der
heiligen drei Könige, Geburt Christi, St. Sebastian — wird sein Erzählertalent wie seine
große künstlerische Fähigkeit deutlich. Martin Schongauer, der auf dem Werk des Mei-
sters E. S. weiterbauende große Stecher des ausgehenden fünfzehnten Jahrhunderts, ist
in einer Fülle vertreten, wie man sie sonst nur in alten öffentlichen Sammlungen findet.
Einige Drucke — die Olbergszene, eine der törichten Jungfrauen (B. 86) — sind so
wundervoll tief und klar gedruckt, daß man glaubt, eine spätgotische Plastik in ihnen
abgebildet zu sehen. Israel von Meckenem hat man seit langem nicht mehr in einer
Versteigerung so reich vertreten gesehen. Seine Genreblätter, der Orgelspieler und sein
Weib oder das Paar am Bett, zeigen seine eigene Erfindungsgabe. Sie stellen ihn über
den Mair von Landshut, von dem die Sammlung eine Reihe charakteristischer Blätter
enthält; Arbeiten von Zasinger, Glockendon und dem seltenen „Meister W mit dem
Schlüssel" runden das Bild des fünfzehnten Jahrhunderts. Umfängliche Mappen bergen
das Werk der deutschen „Kleinmeister". Ungewöhnlich reich ist Aldegrever vertreten,
die beiden Behams mit vielen — und manchen seltenen — Blättern, Altdorfer mit
großen Raritäten und sein Bruder — Erhard Altdorfer — mit einer geistvoll radierten
Landschaft.

Vor einer solchen systematischen Sammlung der deutschen Kleinmeister erstaunt man
über die Fülle der Motive, den Reichtum der neuen renaissancemäßigen Erfindungen.
Vor diesen Kleinmeisterwerken wächst das Verständnis für die Kunst Albrecht Dürers,
die die Sammlung Yorck reich vergegenwärtigt. Einige Blätter liegen in so schönen
klaren Drucken vor, wie sie in der Sammlung Hagens und vereinzelt in der Hausmann-
scheu Dürersammlung vorkamen.

Mit einem reichen, vollen Eindruck deutscher Kunst steht man von diesen Mappen auf
und begreift, daß dem neunzehnten Jahrhundert zuerst aus den Werken des Kupferstiches
wieder eine bildhafte Vorstellung alter deutscher Kunst erwuchs.

Aus Rußland brachte die versteigernde Firma französische Handzeichnungen mit, die
ähnlich wie im vorigen Frühjahr nach einem gesonderten Katalog versteigert werden. Auf-
fällig eine ausgeführte Theaterszene „Armide" von Gabriel de St. Aubin, dem großen
Zeichner, weiteres von Greuze (Abschied der Amme, Stehender Mann), Moreau (Park-
szenen), Pernet, Hubert Robert (Schloß von Blois). Einige frühe Zeichnungen kommen
hinzu. Endlich steht auch die Versteigerung von Remhrandtradierungen der Sammlung
Massaloff aus Sowjetbesitz für das Frühjahr mit mancherlei Kostbarkeiten in Aussicht.

E. G.

lop
 
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