Kladderadatsch: Humoristisch-satirisches Wochenblatt (38.1885)

Chor der Schwarzen.

*och immer in üppiger ßlütlje licht im Reich der Ädressen-
schwindel,

' Schweifwedelnd drängt sich zum Kanzler heran verdäch-
tiges Mischmasch-Gesindel.

Min Schuster, kein Schneider, kein Lneipwrrth, der
nicht als Vaterlandsretter sich brüstet,

Von Pommern zeigt bis zum schwäbischen' Meer sich
jeder Philister „entrüstet".

pfui über den Mann, der, erschreckt durch Len Lärm,
in Hedrängniß sich schaut und in Roth um
Und zwischen der zweiten Abstimmung noch und der
dritten ändert sein Votum!

Lhr Herren vom Freisinn, nicht sollt ihr hinfort mit
Prinzipieutreue mehr prahlen:

Wie gleicht ihr doch jenen, die stets ihr verhöhnt, den
Rational-Liberalen!

Gottlob, wir Frommen wissen uns frei von dieser er-
bärmlichen Schwäche,

Glaubt nicht, Last ein einziger Centrumsmann so
schmachvoll sich widerspreche.

Wir können — ganz im Vertrauen gesagt — uns solchen
Mannesmuth leisten,

Lein Wähler wird in Posen darum und am Rhein sich
zu murren erdreisten.

Wer hat in Len Reihen des Centruins je ein Schwanken
gefehn, eine Spaltung?

Wie vor zehn Fahren stehen wir heut in unerschütterter
Haltung.

Wir sagen es taut vor versaimneltem Volk: wir trauen
dem Kanzler mit Nichten;

Cr hat im Ressort des Aeußern auch verübt gar arge
Geschichten.

Wir leugnen es nichts für sein Vaterland viel Hoch-
bedeutendes that er,

Doch hat er die Lirche verfolgt und gedrückt und ge-
ärgert dm heiligen Vater.

Die Hand, die er fcheinbar zum Frieden uns bot, längst
hat er zurück sie gingen —

Hat jüngst doch der Lchlözer den Staatsfccretär um
die Weihnächte-Visite betrogen.

Drum stehen wir fest in geschlossener Schar und harren
mit truhigem Limie,

Daß fröhlich im eben begoimenen Lahr der Lampf
^ . flugs wieder beginne.

Rick ob auch dräuend-der Kanzler zieht

Die gewaltigen üraun und den Schlachtruf schickt

Aus mächtiger ürust, wir fürchten uns nicht,

Denn es führt uns im Streit, so tapfer als klug,

Der gewiegte Vertreter von Meppen.

MiddcrLd-üsch.