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WotljenlinCenhetr.

Montag, den 2. Aovemöcr.

Beim Eremiten im Sochseuwald
Ersdieiiil Besuch beut maimichsalt:

Viel Hobe Herrn von fcm und nah,
Herr Bötticher ist auch schon da,

Iicustag, den 3. November.

Was bringt, >vaS will die Excclienz, .
Entsandt auS Deutschlands Residenz?
Sic srrichl: Ich such' der Zukunft Pfad
Für unser Thun. Gib Du uns Rath.

Mittwoch, den 4. November.

ES kamen, als Puttkamcr ging.

Bald andre vom Ministerring:

Mit Maybach, Sriedberg, LucinS
Der Eremit sich quitlen muß.

Mochenliakcnder,

Donnerstag, den 5. November.

Der Brite fragt In FriedrichSmh:

Herr Eremit, how do you do ?

Der Gallier: Ltos-vous contont
Mit GrbvyS Politik? commout?

Jircitag, den 6. November.

Der Nuss' und Wiener: Wie gestisit
E»d>, ivie'S am Balkan seht bestellt?

Doch wenn waS SdilimmcS dort geschieht, —
Was lhun wir dann, Herr Eremit?

Sonnabend, den 7. November.

Was thun? so Ivndlt mit ernstem Sinn
Der Klausner. — Warten bringt Gewinn.
Noch beut kommt ja vor Woche,ischlusi
De? heil'gen Baters Nuntius.

Kladderadatsch.

hlimonstisch-satirisches Tüodjenöfatf.

Diese« Blatt erscheint täglich mit Ausnahme der Wochentage.
Man abonnirt bei den Postanstaltcn des In- und Auslandes,
sowie in den Buchhandlungen.

Der vierteljährliche Abonnements - Preis auf dieses Blatt mit
sämmtliche» Beilagen beträgt für In- und Ausland 2 M. 25 Pf.
Einzelne Nummern 25 Pf.

von den Guten ersehnt nach den Wochen des lärmenden Streites,
Endlich gekommen der Tag, da die Männer sich sammeln zur Urwahl,
® Siehe, da trat in der Früh' vor die Gattin der treffliche Müller,
Deichte der Theuren die Hand und sprach die gewichtigen Worte:

„Herr bleibt heute mein plaiz, wenn die duslciidcn Werke der Köchin
Faden zum Wahl. Auch mögen dir nicht mit schwärzlichen Schwingen
Sorgen umflattern das Haupt, wenn in sinkenden Schalten der Dämmrung
Schwindet der freundliche Tag, und du stets noch harrest des Gatten.
Heute gehör' ich nicht mir noch dir; in den Dienst des Gemeinwohls
Stell' ich mich ganz, nicht will das Vertrauen ich täuschen der Freunde,
Die klug wägenden Sinns mich zum Amte beriefen des Wahlmanns.

Gst währt lange die Wahl, und ist sie beendet, so bleibt noch
Viel zu bcratyrn im engeren Kreis einsichtiger Männer."

Sprach cs und ging. Ihm schaute mit heimlichem Stolze die Gattin
Fange vom Erker noch nach, wie gehobenen Hauptes er hinschritt. —
Freudiges Wurmcin erscholl, als ernst und würdig der Edle
Trat in das Wahlloral. Gar mancher reichte zu bicdcrm
Drucke die Kechlc ihm dar, und es brachte der hurtige Kellner
Flugs dem geachteten Cast die hochaufschkuincnde Meiste;

War seit Jahren doch schon als der erste zu sehn und der letzte
Immer der treffliche Müller am kräftig gezimmerten Stammtisch,

So ln der Frühe des Tags wie in traulicher Stunde des Abends.

Als das erste Verlangen nach Trank und Speise gestillt war,

Schritt zum Werke u?an ernst. In Scharen traten die besten
Männer heran an den Tisch und erwählten den trefflichen Müller.
Halb schon zeigt' es sich klar, dast ihm keiner der tückischen Gegner
Würde cntrcisten den Sieg und die herrlichen Ehren des Tages.

Selbst nun trat er hervor, und mit wcithinschaUcndcr Stimme
Wählt er sich selbst: da tönte ringsum beifälliges Murmeln,

Freudig nickten dem Trefflichen zu die Genoffcn, cs freute
Sir der verlästliche Sinn und die ruhige Würde des Mannes. —

Feer ward bald das Fora!; zu den kleinen Geschästcn des Amtes

Eilten die meisten davon, doch ein Häuflein reiferer Männer
Dlieb mit dein Sieger zurück, um in friedlichem Tausch der Gedanken
Ganz zu versenken den Geist in des herrlichen Tages Dedeutung.

Fange noch saßen in ernstem Gespräch die Männer beisammen,

Trinkend auf's Wohl der Partei, auf bessere Tage der Zukunst.

Gst auch sprach der befeuchtete Mund ein vcrivegene» Scherzwort,
Welches den Hörer erschreckt, daß dieser und jener am Tische
Doshast murmelt den Namen des stirfelcrzeugcndcn Kal au.

Doch als draußen die Schatten der Uachl sich senkten hernieder
And im Korale der tröstliche Schein ausflainintc des Gaslichts,

Sprach mit gewichtigem Ton zu den Freunden der treffliche Müller:
„Wichtiges haben wir heute vollbracht. Dach den Mühen des Tages
Ist es dem Menschen vergönnt, unschuld'gcn Freuden am Abend
Sich zu weihen: wie wür's mit einem gemlllhlichen Srat jetzt?"

Seifall zollten die andern dem Wort des erfahrenen Mannes,

Dem als dem Weisesten längst sie sich beugten in schweigender Ehrfurcht, —
Spät schon war's in der Macht, als heim der treffliche Müller
Kehrte; noch ivarlclc sein die still ansharrende Gattin.

„Wie du schwankst!" so rief sie erschreckt, als ins Dimmer er rintrat.
„„Wer sich am Tage nicht Muhe gegönnt, wohl darf er am Abend
Müde erscheinen."" Er sprach'-, und wollte der trauten Genossin
Nah,, mit versöhnendem Kuß, doch sic streckte die kräftigen Arme
Angstvoll gegen ihn aus und sprach die geflügelten Worte:
„Schändlicher, nahe mir nicht! Dich umschwebt rin verräth'rischcrDunstkrcis,
Der das Verlangen erstickt nach Kuß und trauter Nmarmung."

Zornig flammte das Auge des Manns, und er sagte mit Nachdruck:
„„Schweig! Stets üppiger werdet ihr Weiber. In Wännergefchäste
Mischt ihr euch ein und sprecht vor versammeltem Dolke voll Thorhcit.
Aber im Dause noch bin ich der Herr! Jlidjl sollst du mir wehren,

Daß nach den Mühen des Tags ich des stärkenden Trankes mich freue!""
Sprach es und wandte zur Kammer sich flugs, auf dem schwellenden Kager
Wonnig zu ruhn in erquickendem Schlaf nach den Plagen des Wahltags.

Kladderadatsch.
 
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