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5. »La peinture travaillant au portrait du roi«
Charles Le Brun in Montmorency

Die Eigenarten, die Montmorency unter den französischen
Landhäusern des 17. Jahrhunderts auszeichnen, sind seit lan-
gem bekannt. Bereits im 18. Jahrhundert widmeten die Guiden
der Domäne recht ausführliche Notizen, die sich wohl mit der
Fülle an Gartenattraktionen begründeten.1 Es waren dagegen
die ungewöhnliche Form des Gebäudes und die Prominenz
seiner Bewohner, des Malers Charles Le Brun und des Philo-
sophen Jean-Jacques Rousseau, die Hans Junecke dazu bewo-
gen, Montmorency eine monographische Studie zu widmen.2
Es war Juneckes Ziel, an diesem Beispiel zu untersuchen, wie
der preziöse Topos der »Ile enchantee« im Zusammenspiel
von Architektur, Wasser und Bepflanzung Gestalt annahm
und bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts weiterlebte. Junecke
waren indes aus dem 17. Jahrhundert nur zwei Veduten Israel
Silvestres bekannt, die das heute völlig zerstörte Bauwerk
abbilden.3 So mußte er seine Rekonstruktion auf den Garten-
plan und die Risse stützen, die Jean Mariette in den 30er Jah-
ren des 18. Jahrhunderts in seiner >Architecture francoise<
publizierte. Sie bilden, wie die Legenden erläutern, einen
»wiederhergestellten« Zustand des Hauses ab.4 Ein Plan, den
Nikodemus Tessin 1687 anfertigte,5 Zeichnungen Silvestres,
wohl für eine umfassende Stichedition,6 und eine ausführliche
Beschreibung durch die Bauexperten der Pariser Zünfte vom
September 16927 geben Anlaß, Juneckes Bild von Mont-
morency zu revidieren und die von ihm vorgelegte Bauge-
schichte zu überdenken.

Als Charles Le Brun, Premier Peintre du Roi, am 12.
Februar 1690 starb, hinterließ er einen stattlichen Landsitz, der
sich am Abhang südlich der kleinen Stadt Montmorency
erstreckte. (Abb. 13/192/193) Er umfaßte ein zur Schlucht ver-
engtes Tal sowie den flacheren, der Stadt gegenüberliegenden
Hang, bestand aus mindestens zwei Wohnhäusern mit
Nebengebäuden, einem großen Ziergarten mit Statuen und
Wasserkünsten, dem Obst- und Gemüsegarten sowie einem
Weinberg.8

Von der Landstraße aus Richtung Paris oder Saint-Denis, die
seit 1675 mit ihrem Anstieg zur Stadt den Besitz nicht mehr
teilte, sondern umrundete,9 erreichte man einen kleinen halb-
runden Platz, der bereits zu Le Bruns Besitz gehörte. Ein Tor
dorischer Ordnung öffnete sich zum Hauptgebäude, dem die
übliche Abfolge von Avant-Cour und Cour, wenn auch in
Miniaturformat, vorgeschaltet war. Beide Höfe waren halbrund
geschlossen, der Vorhof mit Ulmen ausgepflanzt. Das zweite
Wohnhaus, das Le Brun 1673 gekauft hatte, und die Nebenge-
bäude, die die Lagerräume, Küchen, Dienstbotenzimmer und
den Hühnerstall enthielten, lagen zur linken Hand. Zur Berg-

192. Montmorency: Plan (Mariette)

seite war der Ehrenhof von einer rustizierten Mauer eingefaßt.
Sie war von abwechselnd rundbogigen und eckigen Öffnungen
durchbrochen. Zum Tal hin bestand die Begrenzung nur aus
einer niedrigen Balustrade, so daß die Aussicht auf den Zier-
garten nicht versperrt war. (Abb. 194)

Die Hauptfassade des zweigeschossigen Wohngebäudes ist
nicht durch Abbildungen überliefert. Aus der Beschreibung der
Experten wird deutlich, daß diese Seite des Hauses durch die
eingeschossigen Terrassenflügel, die auf Silvestres Veduten zu
sehen sind, kurze Flügel mit Giebeln und einen »avant-corps en
quart de cercle« gegliedert war. »Tables de reliefs, frontons,
vazes et admortissemens d'architecture et sculpture« bildeten
den Schmuck.

Zum Tal, nach Westen hin, (Abb. 194) unterteilten zwei
Risalite, »pavillons en demy-exagone et avantcorps« die Fas-
sade und bildeten vor der Mitteltür einen kleinen Hof aus. Ent-
 
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