Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5785#0010

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
11

Vermischte Nachrichten.

12

holm. Daranf beschäftigten ihn ausschließlich die Bor-
studien einem kolossalen Bilde, „Die Gründung
Christiania's durch König Christian IV.", die er schon seit
zwei Jahren begonnen hatte und auf seincr Reise in diesem
Sommer zum Abschluß zu bringen gedachte, um im
nächstcn Winter das Werk selbst anzufangen. Der Kvnig
von Schweden und Norwegen hatte ihm den Auftrag
zu diescm großartigen Monumcntalbilde gcgeben und, nach
den bereits vollendetcn Entwürfen zu schließcn, wäre
dassclbe gcwiß eines der hervorradendsten sciner Gemälde
geworden. Das Schicksal hat es anders gewollt. Jn
der letzten Zeit häufig leidend, war er von einer
schweren Krankheit scheinbar kauni genesen. Da raffte
ihn ein sanfter Tod nach erneuertcm Leiden hinweg. —
Tidemand war ein überaus liebenswürdiger Mensch, cin
wahrhaft frommer, edler und hochherziger Charakter,
freundlich und hülfsbereit gegen Jeden, und deshalb
mit Recht allgemein beliebt und verehrt. An äußerer
Anerkcnnung hat es ihm nicht gefehlt. Er war Ritter
des prcußischen Rothen Adler-Ordens, des norwegischen
St. Olaf-Ordens und der französischen Ehrenlegion,
Mitglied der Akademien von Christiania, Stockholm,
Kopcnhagen, Berlin, Dresden, Wien, Amsterdam und
Rotterdam und auf verschiedenen großen Ausstcllungen
mit der Medaille ausgezeichnet: in Paris 1855, in
Berlin, in Wien 1873 u. s. w. — Sein Andenken
wird in gesegneter Erinnerung bleiben.

Moriß Blanckarts.

Vrimischte Nachrichten.

II. Der Bildhaner Ludwig von Hofcr in Ttuttgart. be-
kanntlich noch ein Schüler Thorwaldsen's, hat ein großes
Werk vollendet, das in mehr als einer Hinsicht allgemeine
Beachtung verdient. Es ist das Modell eines Reiterstand-
bildes des verstorbenen Königs Wilhelm von Württemberg,
welches der hochherzige Künstler seiner Vaterstadt Ludwigs-
burg zum Geschenk machen will, in dankbarer Anerkennung
der vielen Beweise huldvoller Gunst, die er von jenem
Monarchen empfangen. Dasselbe soll nach Hofer's Tode auf
seine Kosten in Erz gegossen und auf einem vom Baurath
von Egle entworfenen Postament von Granit auf dem Wil-
helmsplatz in Ludwigsburg aufgestellt werden. Der König
ist in sprechender Porträtä'hnlichkeit im rüstigen Mannesalter
dargestellt. Das Haupt ist unbedeckt, die linke Hand hält
den Zügel, während die rechte leicht auf's Bein gestemmt ist.
Er trägt die Generalsuniform, doch charakterisirt der umge-
worfene Hermelinmantel seine Herrscherwürde. Das Pferd
ist ein aräbischer Vollbluthengst von den edelsten Formen.
Es schreitet in ruhigem Schritt vorwärts und unterscheidet
sich von allen bisher vorhandenen modsllirten und wohl auch
gemalten Pferden wesentlich dadurch, daß es zum ersten Male
den wirklichen Schritt richtig dargestellt zeigt, wie ihn die
langjährige Beobachtung und Erfahrung des verstorbenen
berühmten württembergischen Stallmeisters, Generals von
Hamel, ermittelt und festgestellt hat. Die Bewegung der
Pferdebeine erfolgt nämlich im Schritt nicht wie 'im 'Trab
mit den beiden entgegengesetzten zugleich (rechter Vorderfuß
und linker Hinterfuß u. s. w.), sondern der Hinterfuß tritt
stets in die Spuren des gleichseitigen Vorderfußes (oder je
nach dem Bau des Pferdes auch über dieselben hinaus), so
daß immer drei Hufen aufstehen und die Bewegung nicht
über's Kreuz geschieht. Wer etwa an der Richtigkeit dieser
Wahrnehmung zweifelt, der wird durch die überraschende
Naturwahrheit der Bewegung des Hofer'schen Pferdes gewiß
überzeugt werden und nicht begreifen können, daß man nicht
eher zu dieser Einsicht gelangt ist, die der künstlerischen
Darstellung weit günstiger erscheint, als die bisherige An-
schauung, ivelche vom Standbild des Marc Aurel bis'in die
neueste Zeit unangefochten war. Die Uniform des Königs,
die Wafsen und das Sattelzeug sind ganz so wiedergegeben,

wie der Monarch sie getragen, ebenso ist das Roß durchaus
naturalistisch aufgefaßit, doch verhütet der künstlerische Geist,
der aus der ganzen Schöpfung spricht, jede Ileberschreitung
der Grenzen, die bei einein monumentalen Skulpturiverk
geboten sind, so daß der Eindruck ebenso lebensvoll wie
wirkungsreich ist. Die Statue übertrisft ein früheres Werk
Hofer's, das Standbild Eberhard's des Rnuschebarts, in jeder
Beziehung, und die Stadt Ludwigsburg darf sich wahrlich
glücklich schützen, durch die beispiellose Großmuth des Meisters
ein so bedeutsames Denkmal zu erhalten.

L.. 0. Ein neues Bild von Prof. v. Gcbhardt, das ist
jedesmal ein Ereigniß für unsere Künstlerwelt, ein Erisapfel
für das Publikum. Jeder will es sehen, Jeder es besprechen
Es ist als wenn man einen Stein in's Wasser wirft: er
bildet Kreise, weitere und immer weitere um sich her, die
Bewegung theilt sich in die Ferne mit, und es dauert lange,
bis wieder Beruhigung eintritt. Die Freunde des Schöncn
in der Kunst bejammern es, daß ein so großes Talent wie
Gebhardt die edle Form für unvereinbar mit der Charak-
teristik zu halten scheint, die Naturalisten nber meinen, wolle
er die Natur abschreiben, so solle er in biblischen Gegen-
ständen Juden darstellen und nicht norddeutsche Bauern und
Handwerker, solle orientalischesKöstüm, anstatt des altdeutsche"
anbringen, alle aber stimmen darin überein, daß Gebhardt's
Bilder höchst interesfant sind. Wir gedachten vor seinc"
„Jüngern von Emaus", welche jetzt in der AusstellunA
von Bismeper L Kraus in Düsseldorf einen großen KrsiS vo"
Bewunderern anziehen, des Wortes eines genialen Mannes:
„Die Hauptsache in einem Kunstwerk ist das Leben". U"d
yier athmet in der That Leben in Fülle. Die Auffassunb
des Gegenstandes ist, wie bei Gebhardt nicht anders zu er-
warten steht, grundverschieden von der bis jetzt üblichen, ebe"
so auch Format und Eintheilung des Bildes. Dasfelbe h"s
Aehnlichkeit mit einem Altarschrein und besteht aus ciiier
großen Bildfläche unten und einer kleineren darüber, vo"
einem architektonisch gegliederten Rahmen eingefaßt. Di"
schmalen Pilaster und die Einfassungen sind wie grauer """
bräunlicher Marmor gefärbt, an diese schließen sich dupiH
Holzarabesken, deren höchste Spitze ein goldenes Kreuz träg"
Der Gedanke einer solchen eigenthümlichen Umrahmung gls
dem Gegenstande angemessen, und es würde die andächtul»
Stimmung durch die würdige Umgebung erhöht wervc",
wenn eben hier nicht auch wieder dem Prinzip des Schöiu'"
so geradezu in's Gesicht geschlagen worden wäre. Die
fchmacklosen Verzierungen, die dünnsn Pilaster, das duuku
Braun der Arabesken mit dem hartgelben Kreuz zusaininetz'
alles das stört den Eindruck, anstatt ihn zu erhöhen.
untere Fläche wird von der Hauptkomposition eii!geno"l"ie>i,'
auf welcher aber der Mittelpunkt nnd Kern des Gegenstaiidfs
fehlt, das ist der Heiland. Wir sehen ihn nicht mehr, ""
sehen nur die Wirkung, welche er auf die Jünger ausge""
hat. Der Stuhl ist leer, wo er gesessen hat, ihn selbst i""PV
wir oben in dem kleinen Halbrund suchen. Die Figur "s
weitein unter der Größe der Jünger, behilft sich demnach .
kümmerlich iin engbegrenzten Raum, und dies ersche"
widersinnig, wenn wir dabei die um das Hauptbild hcr>""-
laufende Schrift lesen: „Mußte nicht Christus dies
leiden, um zu seiner Herrlichkeit einzugehen." Welche >?>" (
lichkeit ist aber dies? Ein Christus im Zustand
Erniedrigung, ausgeblutet, abgezehrt, Hochschultrig, den B"
in sonderbare Locken oder Striemen getheilt, im dünnen Ao
fast keine Glieder; zwei große Hände, deren Bewegung ,
dings ausdrucksvoll ist, stehen ganz nußer Verhältniß
schmächtigen Körper. Das Gesicht spricht liebevolles Ai"" .
aus, zarte Wehmuth, wie das eines Menschen, chelcher l
Andere und für sich leidet, nicht eines zur Herrlichkeit >-
gegangenen. Da Christus durch einen verhältnißi""" -
iveiten Raum und feste architektonische Linien von den^uii..^,

uns des

lange von ich'°y

stehenden Figuren getrennt ist, können
drucks nicht erwehren, als fei er schon
geschieden, und dies harmonirt nicht niit der Bewegung
dem Ausdruck der Jünger. Der einc, ein brauner, der
Mann ist eben aufgestanden, um mit dem Herrn das -pr
zu theilen; er hält das abgebrochene Stück noch in ,der Y"'
und blickt in's Leere, auf die Stelle, wo der Meister " ,
schwunden; der andere, ältere, sitzt in ruhigerer Ha»> ch
jenem gegenüber, ebenfalls voll Staunen den Blick ^
oben gerichtet. Bewegung und Miene der Beiden ko""
 
Annotationen