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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

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https://doi.org/10.11588/diglit.5785#0009

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Nekrologe.

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^vährend die „Mutterfreude" (1857) — „Frauen in
e»ier Kirche in Dalekarlien" (1857), „Die Hausandacht"
(l858) und „Die Bcsuche bci den Großeltern" unv
,,Bei der Großmutter" (beide 1859) wieder ganz den
stillen Frieden eines ruhigen Lebens schildern. Bedeut-
sainer erscheinen drei in der Galerie Raveno in Berlin
befindliche Bilder, „Die Waise" (1859), „Der Wolfs-
läger in der Sennhütte seine Abenteuer erzählend" und
„Die Begräbnißfeier in Norwegen", die reich an charak-
^ristischen Zügcn sind. — „Die cinsamen Eltcrn"(1859),
„Bcsuch hxr atteii Nachbarin" (1860) und „Altes
-bstütterchen" erinnerten an frühere Schöpfungen Tide-
>Nand's, scinc „Brautschmückung" aber (1860) fcsselte
burch liebenswürdigc Anmuth und die künstlerische Auf-
mssung einer alten Volkssitte in höherem Grade, und
„Die Brillc der Großmutter" (1861) erfreute durch einen
^uigcsuchten Humor. Tief ergreifend in dcr Komposition
^ud ineisterhaft in dcr Ausführung war dann „Die
"luslheilung des h. Abendmahls in einer Hütte" (1860),
b'r zu Tidemand's besten Bildcrn zählt. Einigcn Wieder-
bvlungcn älterer Bilder folgte dcr „Zwcikampf beim
Hvchzeitsmahl" (1864, im Museum in Leipzig), ein
Ai'oßes historisches Bild aus der alt-norwcgischen Sage,
^vn ^ gewaltiger Kraft und Leidenschaftlichkeit, wie
^idcniaiid wohl kein zweites geschaffen hat. Hier athmet
.v Figur, die sich ncben dem erschlagenen Kämpfer
^igt, dramatisches Leben und volle Antheilnahme, von
Zv entfachten Wuth bis zum starren Entsctzen, von der
O'iircht, dem tiefsten Schmerz und dem mitfühlenden Bei-
nd bis zum drohenden Racheschwur und dem auflodern-
Zorn. Viclen wollte Gegenstand und Darstellung
°^ses packenden Werkes fast zu grausig erscheincn, doch
Hußten sich alle Stimmen in der Anerkennung der be-
ihtenden künstlerischen Vorzüge desselben vereinigen.
^inen lieblichen Gegensatz bot die folgende größere
/)istvpfung des Meistcrs: „Die Brautkrone der Groß-
i n^er" (1865, in der Galerie in Karlsruhe), die uns
vewunderungswürdiger Anmuth eine Greisin im Kreise
> ^ ^nkel vorführt, denen sie den Hvchzcitsschmnck zeigt,
^Zcher dcm Volksgebrauch gemäß, stets vererbt.
^oldx Erj^rung und ahnungsvolle Hoffnung gicbt den
^ vsichtern erhöhtcn Rciz. Eine gute Lithographie des
^ U'Nen Bildcs befindet sich im „Deutschen Künstler-
„i 'uin" 2. Jahrgang (Verlag von Breidenbach L Bau-
gi iiu)- „DieFanatiker" (1866) waren einwürdiges, wenn
! etwas abstoßendes Gegenstück zu den „Haugianern",
^ i'elchem Tidemand mit ungeschminkter Wahrheit den
sw^ubenseifer in seincn Verirrungen und Ausschreitungen
ze. ^ni'l, während er in allen übrigen Werken die wahre
f^^ istivsilät und reine Gottesverchrung verhcrrlicht. Diese
sie ^ stiilen Baucrn machen es nus völlig glaublich, daß
ulle mißverstandencn Christenthum fähig sind,

ste di
hat.

wicd'(^uibvicitung zur Hochzeit" (1868) bewegten sich
Und ^./u dcm gewohnten friedlichen Geleise. Eine große
Alta,./,?iuiuc Aufgabe aber bewältigte Tidcmand in dem
^vlchc« Taufe Christi durch Johaunes" (1869),

Uiulei, ^ Dreifaltigkeitskirche in Christiania zu

dusseld? - b- Ed^ und würdevoll aufgefaßt, macht
die ,, ^iuen ersten und wohlthuenden Eindruck. Wenn
halten Gestalt Christi vielleicht idealer ge-

stiu könnte, so erscheint der Täufer um so

^bcken des Religionskrieges heraufzubeschwören, wie
n ^eschichtc in nur zu viclen Beispielen verzeichnet
„Die Wittwe nnd ihr Söhnchen" (1867) und

mehr zu loben. Naturwüchsige Kraft und hingebende
Frömmigkcit vereinigen sich harmonisch in seiner Er-
scheinung. — Eine Bestellung des« schwedischen Königs
rief vann wieder vier chklische Bilder aus dem Volks-
lcbcn hervor (1870), die in erprobtcr Meistcrschaft
die erstc Begeguung der Liebcnden, die Brautschmückung,
den Braulzug und dcn Besuch der Eltcrn in der jungeu
HLuslichkeit darstellten. Sie waren zum Hochzeitsgeschenk
für einc schwedische Prinzessin bestimmt. — Abermals
wurde Tidemand darauf von einer heimathlichen Ge-
meinde mit dem Auftrag zn einem Altarbilde beehrt,
wclches in lcbensgroßen Figuren die Auferstehung des
Heilands zur Anschauung brachte (1871). Ernste Wurde
und warme Empfindung sind auch diesem wirkungsvolleu
Gemälde nachzurühmen. — Den kleinern Genrebildern
„Lcsendes Mädchen" (1871), „Besuch der Großeltern"
(1871), „BetendesMütterchen" (1872) unddemergreifen-
den „Abschied eines Sterbenden von seiner Familie"
(1872) folgte dann eines seiner größten und bedeut-
samsten norwegischen Volksbilder: „Der Hochzeitszug,
dcr eincn Waldbach durchschreiten muß" (1873, Eigen-
thuni des Herrn Forbes in London), von dem sich eine
klcinere Wiederholung (1874) im Besitz des Herrn Ed.
Schulte in Düsseldorf befindet. Das schön komponirle
und trefflich ausgeführte Bild ist reich an den ver-
schiedensten Motiven, die in den inannigfachen Gruppen
des Künstlers tüchtige Beobachtungsgabe auf's Neue be-
währen. Es fand auf dcr Wiener Weltausstellung 1873
gerechten Beifall, der indcssen eineni andcrn intcressanten
Werke Tidemand's, den „Lappländern auf dcr Nennthier-
jagd", in noch erhöhtercm Maßc zu Theil ward. Sophus
Jakobsen, der hochbegabte Landsmann des Meisters, hatte
dazu die landschaftliche Umgebung vorzüglich gemalt. —
„Ein Fischfang" (1875) beschloß die ansehnliche Zahl
tüchtigcr Genrebilder, welche Tidemand in uncr müd-
lichem Fleiß geschaffen. — Von der Historienmalerci
ausgehend, sollten seine letzten Arbeiten ihn wieder zu
derselben zurückführen. Die glücklichc Ausführung der
erwähnten Kirchenbilder veranlaßte die Bestellung cines
neuen großen Altarblattes für eine Dorfkirche in Nor-
wegen, welche eine reiche Dame zum Andenkcn ihres
Gatten hatte erbauen lassen. Dic Einzelsigur des
Heilandes wurde zur Darstellung gewählt, wie er mit
ausgebreiteten Arnicn einladend dasteht, als wolle er die
Worte sprcchen: „Kommt her zu mir Alle, dtd Jhr müh-
selig und beladen seid: Jch will Euch erquicken!" Tide-
mand löstc seine Aufgabe in höchst anerkennenswerther
Weise nnd veclieh dcm fein gestimmtcn Bilde durch dic
edle Einfachheit der Auffassung eine weihevolle Wirkung.
Wir halten dasselbe für die beste seiner Leistungen auf
diesem Gebiet. — Ganz im Gcgensatz zu viesem erhebenv
feierlichen Kirchenbild schildert dann „Die Landung des
Oberstcn Sinclair, der ein schottisches Hilfskorps den
Schweden zuführt, in Romsdaclen 1612" cine Episodc
der norwegischen Kriegsgeschichtc in drastigen Zügen (l 876).
Die Angst und Berzweiflung der Weiber unv Kinder,
die Wuth der mißhandelten Fraucn und der frcvelnde
Ucbermuth beutegieriger Solvatcu sind hicr anschaulich
und künstlcrisch wiedergegeben. Wie Gude und Jakob-
sen früher sich mit dem Meistcr zu auziehcndenSchöpfungen
vereinigt hatten, so malte zu diesem großcn Bilde Mortcn
Müller die Landschaft und thcilte sich mit ihm verdienter-
maßen in die Ehrcn des Erfolgs. Das schöne Werk
ist im Besitz eines norwegischen Kunstfreundes in Stock-
 
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