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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

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Die Kunstindustrie-Ausstellung zu Amsterdam, [1]
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Xll.JalManli.

Scilräge

Üild an vr. (5. V.LÜtU'W
sWien,Theresiannmgasse
25) od. an die Verlllstsll.
sLeipzig, Königsstr. 3)
zu richten.

6. Hrptember

Nr. 48.
Inscratc

n 25 Ps. für die drei
Mal gespaltene Petitzeile
werden von jeder Bnch-

I»77.

Beiblatt znr Zcitsrhrist fnr bildende Knnst.

Dies Vlatt, jede Woche am Donnerstag erscheinend, erhalten die Abonnenten der „Zeitschrift für bildcnde Knnst" gi'atig; für sich allein bezogen
kostct der Jahrgang 9 Mark sowohl im Bnchhandel wie anch bei den deutschen und österreichischen Postanstalten.

Jnhalt: Die Knnstindnstrie-Ausstelluug in Amsterdam. l. - Die Rnine der ehemaligen Cisterzienser-Abtei Woerschweiler. — Von der kgl. Gcmäldcgalerie
im Haag. — Baum, Schloß Stern bei Prag. - Ph. v. Foltz ch. — L. Pohle. - Ansstellnng des Salzbnrger Kunstvereins. — Zeitschriften. —
Auktions-Kataloge. — Jnserate.

Die Kunstindustrie-ÄuLltellung zu Amsterdam.

I.

Holland hat eiuen ähnlichen Läutecungsprozeß auf
den Gebieten der Kunst und des Kunsthandwerks Lurch-
zumachen, wie wir in Deutschland unv Oesterreich ihn
uns in den letzten 30—40 Jahren angedeihen ließen;
wir mußten nus zuerst klare Begriffe bilden über das,
was wir sollen und wollen, wir mußtcn nber die Stil-
frage in's Reinc kommcn, wir mußten unsere Leistungen
der Kunst und des Kunsthandwerkes mil denjenigen
unsercr Nachbarvölkcr vergleichen, um zu erfahren, wie
weit wir hintenan geblieben, wie weit ihnen voraus-
geeilt waren. Jn Holland ebenso gut wie in Deutsch-
laud schloß die Kunstblüthe der Reuaissance mit einem
nüchternen Classicismus ab, dort wie bei uns fühlt
dcr moderne Großstädter, daß es der Gegenwart
au Selbständigkeit des küustlerischen Schaffens fehlt.
Währeud wir iudessen theils den antiken und den mittel-
alterlichen Baustilen uns anschlossen, theils einem un-
haltbaren Eklektieismus huldigken, um eudlich von der
Pflege der Renaissanec unser Heil zu erwartm, während
wir uns also in die Kunstweisen der Vergangenheit
vertieften, um zur Selbständigkeit im Schaffen nns
emporzuarbeiten, herrscht in Holland im Allgemeinen
eine so enlschiedene Abneigung gegen alles Alte, daß
man am liebsten auf die wohlthätige Einwirküng der
alten Kunst verzichten unv direkt einen modernen Stil
gebären möchte.

Es ist nicht leicht, sich über den eigenthümlichen
Geschmack der heutigen Holländer ein richtiges Urtheil
zu bilden; man wird selbst bei einem längeren Auf-

enthalt im Lande Mühe haben, alle Erkläruugsgründe
für denselbeu ausfindig zn machen. Versuchen wir da-
her, in knappen Zügen Lie Umwandlungcn des Ge-
schmacks der Holländer in deu lctztcu Jahrhuuderlen uns
zu vergegenwärtigen, um einen richtigen Maßstab zur
Beurtheilung dcr Amsterdamer Kunstindustrie-Ausstellung
zu gewinncn.

Vor den Freiheitskriegen im 16. Jahrhundert war
Holland rcligiös nnd politisch geeinigt, seinc Kunst und
Kultur waren niederdeulsch wie seine Sprache, das Volk
wußte sich einem großen Ganzen cng verbunden, cs siihltc
sich durchaus deutsch, trotzdem es seine nationalen Eigcn-
thümlichkeiten sich strcuge bewahrte. Hundert Jahrc später
war Holland ganz verändert; an Slelle der rcligiösen
Einheit war der Zwiespalt der Konfessionen und vie
Mannigfaltigkeit der Sekten gctreten; die 17, von
Karl V. zu einem Kreis des deutschen Reichcs ver-
einigten Provinzen waren cine selbständige Republik
geworden; die Haupterwerbsquellen des Landes, ber
Härings- und Walfischfang, die Salzgcwinnung nnd
Landwirthschaft verloren mit dem Aufbliihen desKotonial-
handels ihre hohe Bedeutung; Sprache, Kunst nnd Kultur
bilveten sich immer niehr selbständig ans uud entfernten
sich von deutschem Wesen. Von da ab blieb stets
eine große Differenz zwischen Holland und Dcutschland
bestehen. Die Parteikämpfe nnd dic konfessionelle Zer-
splitternng im Lande untergrnben allmählich die nationale
Kunst HollandS, die Selbstänvigkeit des Volksgefühls
wehrte sich gegen die französische Kuustweise, welche
wohl durch vereinzelte Künstler von Paris importirt,
aber niemals durch Fürsten dem Volke aufgezwungcn
wurde, bevor Napoleon seinen Clasfieismuö auä> hier
 
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