Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

DOI Artikel:
Guerrard, Charles: Der Salon von 1877, [4]
DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5785#0405

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
801

Korrespondenz.

802

Motiv, daß Bewohner der Herzegowina, in ihr heiinat-
liches Dorf zurückkehrend, dasselbe durch Baschi-Bozuks
geplündert und Kirche wie Friedhof zerstört finden, ist
nüt ergreifender Einfachheit und Kraft gestaltet; eine
stille, herzbeklcmmende Trauer herrscht in dem Bilde,
welche mächtiger wirkt, als lauter Jammer und heftige
Bewegung es vermöchten. Am gräßlichsten ist der zer-
störte Friedhof. Auf den Kreuzen sind abgchauene
Köpfc aufgepflanzt; auch auf den Grabsteinen liegen sie
herum, und die lebenden Gestalten, welche diesen Ort
des Schreckens bevölkern sind fast noch entsetzlicher als
die todten. Uebrigens findet man auch auf diesem Bilde
die bekannten schönen Figuren des Künstlers: jcne präch-
tigen Frauengestalten mit dem edlen, melancholischen
Blick in den tiefschwarzen Gluthaugen und jene stolzen,
kriegerischen Männergestalten, die selbst inmilten der
Vernichtung dcn Blick und dic Bewegung von Siegern
beibehaltcn. Die Ausführuug zeigt jenes Feuer und
jene Kraft, welche Cermak cinen Platz untcr den bestcn
Malern unserer Zeit gewonnen. Ganz verschieden von
der Malweise des berühmten böhmischen Künstlers ist
die des nicht minder berühmten ungarischen. Mun-
käcsy's Palette war sogar verrufen wegen ihrer dunklcn
Töne, die der Künstler aus Deutschland nach Paris ge-
bracht hat, und die sich jetzt in erfreulicher Weise zu
klären beginnen. Seinc „Jagdgeschichte" spielt in irgend
einem ungarischen Wirthshause, wo cin magyarischcr
Nimrod vor seiner gläubigen Tischgesellschaft mit Vir-
tuosität jene Sprache handhabt, welche, wo immer sie
gesprochen werden mag, Jägerlatein heißt. Die Schärfe
und Wahrheit der Beobachtung, welche aus den ernsthaft
und bewegt aufhorchenden Gesichtern der biederen Land-
leute spricht, ist erstaunlich; auch die Sicherheit der
Zeichnung, welche durch eine breite, energische, fast
summarische Pinselführung zur Geltung gelangt, vcrdient
hervorgehoben zu werden. Gegenwärtig hat auch, wie
erwähnt, sein Kolorit an Freundlichkeit gewonnen und
erscheint, ohnc an Tiefe und Harmonie eingebüßt zu
haben, durchsichtig und getragen. MnnkLcsy kann sich
rühmen, in Paris Erfolg und Anerkennung erlangt zu
haben, wie nicht bald ein anderer fremder Künstler; eine
Medaille nm die andere wurde ihm zuerkannt, und heuer
hat er sogar das Kreuz der Ehrenlegion davongetragen,
jene höchste Auszeichnung, auf welche jeder sranzösische
Künstler vom Anbeginn seiner Laufbahn lossteuert und
die bekanntlich sogar Goethe als des „Schweißes des
Edlen" würdig erachtete, nachdem er sie selbst erhalten
hatte.

Paris, im Juni 1877. Charles Guerrard.

korrespolidenz.

Karlsruhe, im August 1877.

Die Festlichkeitcn, die aus Anlaß des 25jährigen
Regierungsjubiläums des Großherzogs Friedrich von
Baden stattfanvcn, gaben auch der hiesigen Künstler-
schaft Gelegenheit, sich an den allgemeincn Huldigungen
zu betheiligen. Es wurde zunächst vom Künstlerverein
im Hauptbau dcr großherzoglichen Kunstschule eine Aus-
stcllung vou Wcrken hiesiger Künstler veranstaltet, welche
durch ihren Gehalt und ihre Mannigfaltigkeit lange
über die Fcsttage hinaus das Publikum anzog. Jn
dem laugen Korridor waren die Bildhauerarbeiten aus-
gcstellt, unter denen wir das preisgekrönte unv zur
AuSführung bestimmte Biodell zum Kriegerdenkmal in
Hannover von H. Volz nennen, das die besondere
Aufmerksamkeit des Kaisers nnd des Kronprinzen erregte,
welche als Gäste des Großherzogs die Ansstellung mit
ihrcm Besuche beehrten. Von demselben Künstler war
die meisterhaft durchgeführle Marmorbüste einer Dame
und das Hilfsmovell zu dem der Vollendung entgegen-
gehcnden Kriegerdenkmal für Karlsruhe ausgestellt. Von
anderen Bildhauerarbeiten haben wir noch hervorzuheben
eine graziöse Karyatide im Renaissancestil und die schöne
Marmorbüste eines englischen Diplomaten (Bailey) von
Prof. Dioest und Entwürfe für dekorative Arbeitcn von
Volke, einem aufstrebenden, tüchtigen Bildhauer. Zu-
gleich war hier eine Reihe meisterhafter Studien und
Bilder in Aquarell, meist von Prof. Krabbes, einem
Virtuosen dieses Faches, andere von Bracht, Welsch,
Kanoldt, Hänisch ausgestellt.

Der große Aktsaal, durch Gobelins mit Zwischen-
feldern versehen, behcrbergte den größten Theil der
Oelbilder, welchc fast alle hier lebenden Maler vertraten.
Wir nenncn Prof. Hildebrandt mit einem feinen
Damenporträt, cinem Rococo-Jntcrieur aus dem Bruch-
saler Schlosse und einem Genrebild, von Prof. Gude:
Norwegische Küstenlandschaft mit großer Staffage, Direk-
tor Riefstahl: li'orum Lomunum mit reicher Staf-
fage von Mönchen und römischen Landleuten, Bracht
mit zwei sehr tüchtigen Bildern, Motive aus der Lüne-
burger Haide, Welsch: die Pyramiden von Ghizeh,
von Waldenburg: zwei oberitalienische energisch und
prächtig kolorirte Villenbilder, sowie, zusammen mit
Roux: das Thal des Ober-Engadin (mit dem Vorder-
grunde zuschreitender Heerde), ein Bild, in welchem der
Sonnenschein und die klare Höhenluft frappant zum
Ausdrnck kommen; Brunner, welcher dem Makart'schen
Kolorit nachstrebt, stellte niehrere Porträts und einen
mit Stillleben auf Goldgrund überreich bemalten Ofen-
schirm von prächtiger Wirkung aus, einen ähnlichen
Fräul. von Preuschen. Wir erwähnen ferner tüch-
tige Landschaften von Kanoldt und, aus Prof. Gude's
 
Annotationen