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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

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Rundgang durch die Berliner Museen, [1]
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Römische Kunstausstellung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5785#0202

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395

Römische Kunstausstellung.

heiten, über welche die bei den einzelnen ausgestellten
Kunstwerken angebrachten Zettel keine nähere Auskunft
geben. Wir nennen als Hauptblätter ein Urtheil des
Paris von Marc-Anton sowie zwei andere Blätter des-
selben Meisters, einen Probedruck von Edelink's Porträt
des Mansart, einen unbeschriebenen altdeutschen Kupfer-
stich, signirt ik. 8. 1490 (die Messe des heiligen Gregor
darstellend), sowie ein höchst mcrkwürdiges großes Schrot-
blatt, Maria mit dem Kinde, dessen Erwerb noch durch
Herrn Professor Weiß eingeleitet sein soll. Das Haupt-
blatt ist die äußerst seltene unvollendete Madonna in
der Grotte von Mantegna. Von besonderem Jnteresse
bei dem jetzt gerade lebhaft geführten Streite über den
Urheber ist eine Madonna vom Meister W. — Auch
eine Anzahl Zeichnungen verdienen genannt zu werden,
weil sie Meister zweiten Ranges in besonders guten
Blättern vorführen, wie Doomer, L. van Koogen, Gol-
zius, G. Honthorst u. A. Jm zweiten Saale des
Kabinets wird uns jetzt auch zum ersten Male eine
Auswahl von etwa 60 Zeichnungen der Sammlung Hauß-
mann vorgeführt/ welche bereils vor 2 Jahren erworben
wurde, aber dcm Publikum bisher nicht zugänglich war.

In einigen der Näunie, welche früher die Kunst-
kammer bildeten, ist bekanntlich die von Herrn vr. Jagor
in Indien zusammengebrachte und musterhaft geordnete
ethnographische Sammlung ausgestellt. Was wohl
aus denjenigen Bestandtheilen der Kunstkammer ge-
worden sein mag, welche nicht an das Gewerbemuseum
abgegeben sind: aus den Holz- und Elfenbeinschnitzercien,
den Bronzen, kirchlichen Geräthen u. s. w.? Einige
wcnige jener köstlichen Holzmedaillons aus der ersten
Hälfte des sechzehnten Iahrhunderts sind seit einiger
Zeit in den leiver sehr knapp bemessenen Schaukästcn
des Münz- und Medaillenkabinets zur Ausstellung
gekommen, während die eigentlich preußisch-historischen
Denkmale der Kunstkammer im Schloß Monbijou passend
untergebracht sind. Hoffentlich folgen den letzteren bald
die Modelle alter Bauwerke Preußens, sei es nun, daß
die Bauakademie oder die Akademie der Künste dieselben
aufnimmt. Denn jetzt nehmen sie sich neben der Aus-
wahl trefflicher griechischer und etruskischer Terrakotten,
welche in fünf Schränken im gleichen Raume unter-
gebracht sind, sehr sonderbar aus. Diese Terrakotten,
insbesondere die bemalten griechischen Thonsigürchen,
bilden jetzt nach verschiedenenen bedeutenden Ankäufen im
vorigen Jahre wohl Lie hervorragendste Sammlung ihrer
Art. Der Hauptstock besteht bekanntlich in den Figuren
aus Tanagra; doch besindet sich gerade unter den neuen
Erwerbungen auch eine Reihe attischer Werke. Eine
Anzahl von allerliebsten Amoretten und jene cigenthüm-
lichen Lekhthen mit Reliefdarstellungen aus dem aphro-
disischen Krcise lehren uns die griechische Kleinkunst der
besten Zeit wiedcr von ganz neuen Seiten kenucn.

396

Hoffentlich währt der Zustand nicht lange,
welchem man diese Näume der alten Kunstkammer thei^
als unzugängliche Polterkammern für die Ueberreste dec-
selben, theils als freies Versuchsfeld für die verschicdened
Sammlungen der Museen benutzt, welche aus ihred
sinsteren Grabkammern dem Lichte zustreben, wie dn'
ethnographische Sammlung und vas Antiquarium, de»e»
sich vielleicht über ein Kurzes auch noch die in gleiche^
Lage befindliche Bibliothek und das Münzkabinet a>n
schließen, ein zweiter Juliusthurm, in dessen beschränkteN'
düsteren Räumen seit drei Jahren Münzschätze st^
etwa eine Million Mark aufgespeichert wnrden. Freilich
ist das Kabinet dadurch wohl die in ihrer Art bedcn'
tendste Sammlung unserer Museen geworden. Um st
dringender ist aber auch das Bedürfniß, diese AbtheilnNö
in anderen Näumen zugänglicher zu machen; und »^
so mehr stellt sich die Aufstellung der indischen Altc'"
thümer in dem mittelsten Raume der Kunstkammcr i>n
Augenblicke, wo derBau eines besonderen ethnographisch^
Museums in Angriff genommen wird, als eine ungl>>^
liche Anordnung heraus, welche die endgiltige Lösu»S'
ob man das Antiquarium in diesen Räumen ausstc^'
wie es aus Rücksicht auf den Kunstwerth wohl »>"
nächsten liegt, oder das Münzkabinet und die Biblioth^'
wofür uns die Räume als solche geeigneter erschei»^
und wodurch die Bibliothek in die drinzcnd wünsche»^
werthe Verbindung mit dem Kupferstichkabinet u»d ^
Photographiesammlung, einer neuen, schon sehr unifa»^
reichen Schöpfung des jetzigen Generaldirektors, gebraöst
wurde, vermuthlich noch lange hinausschiebt.

Nömische Äunstausstellung.

(Schluß.)

Zum Schlusse muß ich noch der Büste ei>»''
„Modestia" erwähnen, die mit über das Gesicht
zogenem.Schleier dargestellt ist, unter dem die For»'^
des ersteren durchscheinen. Man sieht, die inode'^
Skulptur Jtaliens ist auf dem besten Wege, die g>'^^
Errungenschaft Canova's aus ihrer Entwickelung
streichen und ihren weiteren Fortschritt (wenn died I
heißen kann?) an die Vorbilder der ärgsten Zeit
Barocco, an die Werke eines San Martino, Corradi»^'
Queirolo (in der Capella di San Severo zu Neap"
zu knüpfen!

Nicht ganz so trostlos, wie das im Vorhergche»d>
Geschilderte, ist der Eindruck, der dem Beschauer »»
dem Durchmustern cher an 200 Gemälde enthalte»^'
Abtheilung der Ausstellung für Werke der Malerei blei
Auch hier sind vorzugsweise römische, neapolitanis
sicilische und einige venezianische Maler vertreten; ^
Schule von Mailand fehlt ganz, ebenso von den
ländern (mit je einer Ausnahme) Deutsche und Franzost'
 
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