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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

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547

Kunstliteratur, — Nekrolog, — Sammlungen und Ausstellungen,

548

Knnstliteratnr.

Die siebente Auflage von Lübke's Grundriß der Knnst-
geschichte (Verlng von Ebner L Seubert in Stuttgart) wird
gegenwärtig in Amerika in's Englische übersetzts nachdem
von dsm Werke schon früher in London, Kopenhagen und
Stockholm Uebersetzungen erschienen sinv, Die deutsche Aus-
gabe ist in mehr als 20,tU)i) Exemplaren verbreitet,

Bon Vosmaer's „Idsiiikrs.ri.l1b, ss vis sb sss osnvrss"
kündiqt die Verlagshandlung von Nijhoff.im Haag eine zweite
verbesserte und vermehrte Äuflage an.

- Von Köhler's Polychromen Mcistcrwcrken, diesem
wiederholt von uns mit gebührender Anerkennung besprochenen
Prachtwerke, ist die vierts Lieferung erschienen, Dieselbe
enthält Jnnenansichten der Loggien des Raffael und der
Kirche S. Miniato al Monte bei Florenz,

Nekrolog.

IV, Der Kupserstecher Robert Neyher fand am 8, Mai
in den Wellen der Havel seinen Tod, Die Künst betrauert
in ihm einen großen Verlust, denn der Künstler stand in
der Blüthe seiner Jahre und hätte noch manches werthvolls
Blatt vollenden können, Geboren zu Berlin am 18, Februar
1838, besuchte er daselbst die Akademie, u»d nachdcm er sich
für den Küpserstich entschieden hatte, das Atelier von E, Man-
del, zu deffen talentvollsten Schülern er-gehörte, Bis in die
letzte Zeit hat er größtentheils Porträts berühmter Persön-
lichleiten gestochen, Wir crwähnen nur: Blücher in ganzer
Figur, mit der Pfeife im Munde; ein kleines Brustbild des
Raffael; Bildnisse des Asrikareisenden Barth nnd des Social-
ökonomen Carey; Brustbilder vonSchiller, Goethe, Beethoven,
Liszt, Chopin, Die Mancini nach Mignard's Bild im Ber-
liner Museum machte den Künstler in weiteren Kreisen be-
kannt, Es folgte darauf ein früher in der Kunst-Chronik
besprochener Stich nach dem im Berliner Kupferstichkabinet be-
sindlichen Pastellbild dersogenannten PotocknlgemaltvonTonci
in Rom), Darauf erhielt er den Auftrag, G, Reni's berühm-
ten Tanz der Horen im Palazzo Rospigliosi zu Rom zu.stechen,
zu welchem Behufe er fich vor zwei Jahren längere Zeit in
Rom aufhielt, um nach dem Original eine genaue Zeichnung
aufzunehmen, Zurückgekehrt, siedelte er nach Potsdam übsr,
wo er fleißig an der Platte arbeitete, Leider war es ihm
nicht gegönnt, dieselbe zu vollenden, Am 8. Mai machte
Reyher in Gemeinschaft mit drei Offizieren eine Wasserpartie
auf einem Segelboot nach Sakrow, Bei der späten Rück-
kchr von da warf das Boot um, und auf das Hilferufen
kam wohl vom Ufer ein Kahn, aber nur einer der Offiziere
konnte noch gerettet werden, die anderen drei Theilnehmer
an der Fahrt fanden in der Havel den Tod. Die Leichname
wurden erst nach drei Tagen rastlosen Suchens gefunden, —
Hoffentlich ist die Platte Reyher's so weit vollendet, daß sie
von einem Freunde die letzten Retouchen erhalten kann, denn
man versprach sich von derselben ein in jeder Hinsicht vor-
zügliches Kunstwerk,

Lammliliigril u»d Äusftrllilngcn.

I!, Die Kunstausstellung der Münchener Kunstgenoffen-
schast ist seit dem 6. Mai 'am Königsplatz geöffnet, Die
Erösfnung erfolgte heuer um einige Wochen früher als in
den Vorj'ahren Gleichwohl stellt sich die Beschickung dies-
mal als eine numerisch stärkere dar, Jn Bezug auf die
Qualitnt erwies sich auch heuer die Thätigkeit der Zulassungs-
jury als eine höchst ersprießliche, Am Tage der Eröffnung
waren nahezu 250 Oelbilder ausgestellt, Daß sie gewisser-
maßsn den Kern der Ausstellung bilden, liegt in der Natur
der Sache, Bei einem vorläufigen ersten Gang durch die
Ausstellungsräume gewann ich die Ueberzeugung, daß die
Landschaft das Uebergewicht über alle anderen Kunstzweige
hat, Jhr schließt sich Las vielgestaltige Genrefach an, Das
Porträtfach ist kauni zu erwähnen, die Historienmalerei
wenigstens jetzt noch aar nicht vertreten, Glasgemälds sind
in Aussicht gestellt. Auch Zeichnungen und Aquarelle fand
ich. Eine namhafte Vertretung ward der Plastik zu Theil,

Der Besuch der Ausstellung darf als ein befriedigender be-
zeichnet werden. Auch wurden bereits Verkäufe abge-
schlossen.

R, Münchener Kunstverein. Jnnerhalb vier Wochen drei
Historienbilder! Das ist immerhin ein Ereigniß, Jch hu"
mir nie erlaubt, an W, Trübner's Talent zu zweifeln, 1
wenig wie an dem Thoma's, Wohl aber konnte ich uM
kann ich mir nicht verhehlen, daß beide mit ihrer ausge-
sprochenen Vorliebe für das Häßliche auf Abwege geratheu
sind, auf denen sie wohl Absonderliches, vielleicht sochU
Geistvolles, gewiß aber niemals wirklich Schönes leistei
können, Es fehlt Beiden nicht an Phantasie und eigeU'
artiger Gestaltungskraft, aber fie haben dieselbe — man ver-
zeihe mir den Ausdruck — förmlich auf das Abstotzend
dressirt, Das zeigt sich auch in Trübner's neuestem Bilde-
der Gigantenschlacht, Sie ist von einer nicht zu unteu
schätzenden Energie der Komposition, zugleich aber voll vo>
haarsträubenden Zeichnungsverstößen, die dasür Zeugniß hü
legen, daß man in München gegenwartig auf Zeichnung >ua>
das mindeste Gewicht legt, Angesichts der ganz unglaub^
lichen, an ein frisch umgebrochenes fettes Ackerfeld crinnerw
den Muskulatur der Giganten, darf man den Künstler wvh
auf des Pros, Christian Roth berühmte plastisch-anatomiM
Figur behufs unumgänglichen Studiums hinweisen, Fes^
Becker, ein junger Schüler Steinle's, hat sich die schwierlßs
Aufgabe gestellt/in fünf Aquarellbildcrn üas Märchen vo>
den drei Rolandsknappen zu erzählen, Becker hat ein reqst
schönes Talent und ein Streben, das alle Anerkennung vstü
dient, aber gerade die Cyklusform sollte er jetzt noch >uA
wählen, Jedes seiner Bilder ist gut komponirt, aber es fehl'
das geistige Band, das sie verbindet und das allein eins
Anzahl von Kompositionen zu einem Cyklus macht, Zeiw'
nung und Ausführung sind tadellos, letztere für den Gegest'
stand vielleicht im Realismus zu weit gehend, Jmmerhw
darf man von dem jungen Künstler das Beste hoffen, destU
er meint ss ernst mit der Kunst. F, Schauß brachte ei»
lebensgroße Dryade, d, h, ein junges, fast nacktes Mädcheu
von reizenden Formsn, in durchweg idealer Weise dargestelU'
dabei van trefflichem lebenswarmen Kolorit, Auf dcn ersteu
Blick fällt der schmerzliche Ausdruck des lieblichen Gesich^
auf, indeß: müsfen denn Dryaden ewig heitsr sein? — Jev^
neue Bild Louis Braun's bekundet neue Fortschritte ves
rastlos strebenden Künstlers, So führt uns sein neuests"
Werk, ,,Die Deutschen auf der klaos ckürmos in Versailles '
mitten in die glorreichen Tage des Jahres 1870 zurück »u
zeigt uns die 'Vorgänge derselben in überzeugender M
seffelnder Weise. Wozu nicht wenig beiträgt, dah wir new
unserem Kaiser und dem eisernen Kanzler dort und
manchem bekannten Gesichte begegnen. Die ungesuchte, gleich'
wohl aber nirgends unruhige Komposition, die tadellv
Zeichnung der Ärchitektur wie der Figuren und das energisust
und harnionische Kolorit sind nicht weniger hervorzuheben, ch,
der gefällige und in allen Theilen charakteristische, theilwvv
selbst pikante Vortrag. Als eine durchweg gediegene Arbe^
muß Lindenschmit's „Fahrender Spielmann" gerüh"'
werden, Der arme Teufel hat sich mitten in den SchU'
vor die Thüre eines Klosters hingepflanzt und die Mönch '
den Abt an der Spitzs, durch Lautenspiel und Gesang he»a -
gelockt, während nebenan sein Weib und seine Kinver d
klingenden Lohnes harren. Der Handkarren, um den l^
versammelt sind, nimmt die Kleinen auf und nach uwu-
Minuten wird sich der Sänger den Zugriemen über die Br> >,
legen und seinen Marsch Fortsetzen, Jul Noerr^brgch,
einen packenden „Nächtlichen Hinterhalt" und Alf, Seifr ,
das Leben und Treiben auf einem „Münchener Bierkelle .
Es hat sich hier ein höchst bedeutendes Talent einen an l ,
nichts weniger als ästhetischen Stoff gewählt. Aber dariw
darf der nicht rechten, der die eminente Bedeutung der nied ^
ländischen Bauernmaler des siebzehnten Jahrhunderts s
schätzen weiß. Die Vertheilung der zahlreichen Grupp ^
und die Jndividualisirung der einzelnen Figuren läßt nich
zu wünschen übrig, doch würde das Bild durch etwas weing,,
trockenen Vortrag wesentlich gewinnen, Don harmonischer .
sammtwirkung ist die „GuteBeute" vonK S chulth eiß, ,,
die in dem mit einem mächtigen Hirfche beladenen Kahn > ^
schilfreichen Seeufer abstoßen, Wbniger energisch aber,
Gegenstand entsprechend, delikater hat F, Ortlieb f
 
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