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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

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https://doi.org/10.11588/diglit.5785#0177

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Nl. TMcMtz.

Le'^r'äa.e

^nnvr.C.V.LiU^ow

iMien.Thevesvmnnvgaiie

^ vd. ^ndve Beeiolisi).
iL-eipi^. Kövützsstt-
zn vvchten.

''. Miir;

lNr.'22.

Änscratc

it 25 Pf. für die drei
Mal gespaltenc Petitzeile
werden von jeder Buch-
und Kunsthandlung an-
genommeu.

1877.

Beivllitt znr Zritschrist sür bildende Kunst.

Blatt, jedc Wvchc am Doimerstag -isch-iilcnd, -rhatt-n dic Abomlentcn d-r „Zcitschrift fiir btld-ndc Kunft" grntis: siir sich all-in bczogcn
k°st-t der Jahrgang s Mark sowohl inr Bnchhandel wt- auch b-> d-n deutschcn »nd öst-rr-ichisch-n Postanstalten.

K°rrespond-nz: B-rlin. — Eamcsina, Wiens örtliche Entwickeluna; Burckhardt's Enltur d-r R-naissancc; Liibk-, L-itfad-n fiir d-n Iliiicr-
Ncht >n d-r Knnstgkschichtc; O-tk-r, dclgischc Sindien. — Di- Schll-mann'schen Ansgrabnngcn in Mr,kcna. — Historische Ansft-llung d-r Wi-ncr
Akadcmic; Stntigart; Düss-Idors; Schwciin; Ausft-llnng von Arbcltc» der vcrvi-lsä,tig-nd-n Kiinstc zn Riirnbcrg. — Ansslihrnng des Bismalck-


KorrrspoilSriis.

Berlin, im Februar 1877.

^eit dcm Schlusse dcr akademischen Ausstellung hat
nichr wachsenden Kunstintercsse der Ber-
^isil »» Stoff und Anregung gefehlt. Die poli-
äcitungen haben in jüngstcr Zcit häufiger und
dj^, ^iicklicher, als cs früher geschehen, dazu beigetragen,
»ig ^»s">erksamkcit dcs grvßen Publikums auf die per-
„^i^'ücn und provisorischen Kunstausstellungcn zu lenken,
sttl sängt die bildende Kunst auch bei uns allmählich
c>ne ebcnbürtige Nolle nebcn dem Theater nnd der
spielen. Freilich haben einige sensationelle
sti^^^^ke däs Mciste gethan, um das Publikum aus
kgac ^ ^^hargie zu wccken. Zuerst forderte der Christus-
»»>' Gabriel Max zu lebhaften Diskussionen heraus.
^ ^etrachtete diescs wunderliche Kunststück natürlich
Augcn als in kätholischen Ländern.

^cr ^.

"Ut kälteren

»ex .

äils ^ desto weniger fand das Bild denselben großen
^ >» Wien. Zu gleicher Zeit war cine Scene
^jsir von Böcklin ausgestcllt, welche zu den

ilvrs Schöpfungen des hochbegabten Künstlers ge-

Böcklin ergeht sich bekanntlich seit einiger Zeit



^chäologjschen Spielereien. Wie Gebhardt in die
»„^läinischen Meister, sucht er sich in die Anschau-

"l'en

zui^^'s^ der alten Florentiner des Quattrocento hinein-
dey Statt aber ihre Anschauungsweise auf Grund
"d'm"^°N'ischen Kenntnisse der Neuzeit zu beleben und
Tesj-^altei,, ahmt er ihre forniale Beschränktheit, ihre
k»s^ ^keiten, die sich aus der voraufgegangenen Kunst-
erklären, ihre Naivetäten und sonstigen Gc-
" Nach. Aber er wciß dicses Gemisch von Naive-.

tät und Unznlänglichkeit mit dcm Zauber einer wunder-
bar poetischen Farbcnstimmung zu umgeben, und so
fühlt man sich unwillkürlich immer wieder angezogcn,
so oft man auch durch seine Geschmacklosigkeiten choquirl
wird. Auch die Scenc auf Golgatha wirkt zuerst durch
ihre feine, poetische Stimuiung. Der Abend hat sich
anf den Kreuzeshügel herabgcsenkt. Zm Hiiitergrunde
blinken wciße Maucrn aus dem Halbdunkel, tief unten
sieht man die Stadt im Nebel liegen, und rechts vom
Beschauer recken die drei Kreuze ihre Arme empor. Die
beiden Schächer hängen noch am Marterholz, der cine
in konvulsivischen Verrenkungen, der andere ruhig und
gcfaßt, wie er gestorben ist, also getreu nach dcr legcn-
darischen Ueberlieferung. Der Leichnam Christi licgt
auf dem Boden, über den man cin wcißcs Linncntuch
gebreitet hat, von Joseph von Arimathia unterstützt.
Der todte Hciland ist von Böcklin in einer Weise be-
handelt worden, daß neben dem religiösen Gefühl auch
das ästhetische auf das Gröblichste verletzt wird. Ein
rothhaariger häßlicher Kopf sitzt auf cinem grlln angc-
laufenen Zwergenkörper, dem unterwärts zwci formlosc
Schläuche angefügt sind, der eine halb so lang wic dcr
andere. Es gehört ein außergewöhnliches Maß von
Arroganz, um nicht mehr zu sagen, dazu, um eine
solckie Mißgestalt unter der Maske dcs Heiligcn auf die
Leinwand zu werfen. Daß dcr Künstler die Jungfrau
Maria, die klagend an der Seite des Leichnams steht,
als altc, runzelige Frau gebildet hat, entspricht der
Wahrheit, und vor ihr muß die Tradition vcrstummcn.
Um die Größe des Schmerzes uoch durch einen Gestus
zu betonen, läßt er sie mit beidcu Händen ihr Gesicht zu-
sammenpresscn. Man kann sich ungcfähr denken, was
 
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